Wie Marco Reus: Diese ,,Fußballer des Jahres” wurden nie Deutscher Meister
Gar keine Frage, diese Auszeichnung ist verdient. Marco Reus (30) von Borussia Dortmund ist ,,Fußballer des Jahres” 2019 in Deutschland. Der Kapitän des BVB sichert sich diesen individuellen Titel zum 2. Mal nach 2012. Er ist in allerbester Gesellschaft, doch auch mit dem Makel, in seiner großen Karriere (noch) nie Deutscher Meister geworden zu sein, steht Reus in einem exklusiven Kreis.
Die seit 1960 vom Kicker-Sportmagazin durchgeführte Wahl zum ,,Fußballer des Jahres” sieht Marco Reus bei Bekanntgabe des Ergebnisses mit 158 Stimmen und klarem Vorsprung vor Kai Havertz (20) von Bayer Leverkusen. Der Mittelfeldspieler erhält 121, Joshua Kimmich (24) von Double-Gewinner FC Bayern München nur 35 Stimmen. Das ist eindeutig.
,,Es ist eine große Anerkennung, von den Sportjournalisten gewählt zu werden”, sagt Reus am Sonntag bei Kicker.TV, ,,es ist ein extrem schönes Gefühl.” Jörg Jakob vom Kicker dazu: ,,Man hat gesehen, dass die starke Saison der Dortmunder wesentlich auch auf den Leistungen des Marco Reus basierte. Er ist als Kapitän auch zu einer Führungsfigur gereift, das haben viele ihm nicht zugetraut.”
Erstmals wird Reus 2012 ,,Fußballer des Jahres”, damals noch in Diensten von Borussia Mönchengladbach, aber mit seinem damaligen wie aktuellen Trainer, Lucien Favre. Der 61-jährige Schweizer hat Reus in Dortmund das nötige Vertrauen gegeben und ihn zum Kapitän und Leder des BVB gemacht.Wie der FC Bayern München als Serien-Meister seit 2012 die Bundesliga dominiert, so bestimmen auch seine Profis die Wahl zum ,,Fußballer des Jahres”.
Der letzte Spieler vor Reus, der zwar ,,Fußballer des Jahres”, aber eben nie deutscher Meister wird, ist der Belgier Kevin de Bruyne vom VfL Wolfsburg. Der offensive Mittelfeldspieler wird mit den ,,Wölfen” Pokalsieger und – weit abgeschlagen hinter Bayern – Vizemeister und wechselt schließlich für die damalige Rekordsumme von 76 Mio. Euro zu Manchester City.
Weltmeister, ,,Fußballer des Jahres” und doch nie mit der Meisterschale in der Hand sieht man gleich 4 Spieler, die zu Idolen im deutschen Fußball gehören: Andreas Köpke (Weltmeister 1990 und 2014 als Torwart-Trainer), Oliver Bierhoff (Europameister 1996 und Weltmeister als Team-Manager 2014) und Thomas Häßler (Welt- und Europameister 1990 und 1996) haben in der Bundesliga kein Glück. Köpke muss mit dem 1. FC Nürnberg und Eintracht Frankfurt mehrfach absteigen, ist aber dennoch 1993 aus Sicht der deutschen Sportjournalisten der herausragende Spieler des Jahres. Bierhoff verdient sich diesen Titel 1998 als Torschützenkönig der italienischen Serie A beim AC Mailand und vorbildlicher Auslandsprofi. Thomas Häßler muss im gleichen Jahr mit dem KSC aus der Bundesliga absteigen. Seine Freistoß-Tore bei der EURO und sein ,,goldener Treffer” zur WM-Teilnahme machen den Ex-Kölner 1992 und 1989 zum ,,Fußballer des Jahres”. Der deutsche Meistertitel bleibt ihm aber verwehrt – 2-mal nur Vize mit den 1. FC Köln (1989, 1990).
Noch kurioser kommt es für einen anderen Weltmeister von 1990. Er wird 3-mal Vizemeister in der Bundesliga und kann auch im Ausland, in Italien bei der AS Rom und in Frankreich bei Olympique Marseille nie eine Meistertrophäe gewinnen. Es ist Rudolf Völler, den alle nur Rudi nennen und der 1983 Torschützenkönig und ,,Fußballer des Jahres” wird. 1993 holt ,,Tante Käthe” mit ,,OM” in München gegen Milan (1:0) auch die Champions League. Viel Silber, aber eben nie die Meisterschale, die Paul Breitner, ,,Fußballer des Jahres” 1981, mal despektierlich als ,,Salatschüssel” bezeichnet hat!Hans-Peter Briegel, FCK-Idol aus der Pfalz, wechselt 1984 über die Alpen und zu Hellas Verona ins Fußball-Märchenland Italien.
Der Europameister von 1980 wird 1985 erster Auslandsprofi, der die Wahl zum ,,Fußballer des Jahres” in Deutschland für sich entscheiden kann. Die Meisterschale holen 1991 aber erst Briegels Erben nach Kaiserslautern. Ebenfalls mit zahlreichen Titeln, aber ohne Deutsche Meisterschaft bleibt BVB-Torhüterlegende Hans ,,Til” Tilkowski, ,,Fußballer des Jahres” von 1965, bei Karriere-Ende.
Und dann gibt es da noch den ,,Fußballer des Jahres”, den selbst die findigsten Experten bei der Auflistung der Preisträger leicht vergessen. Es ist der Mönchengladbacher Stürmer Uwe Rahn, der 1987 Bundesliga-Torschützenkönig und ,,Fußballer des Jahres” wird. Die PSV Eindhoven will ihn im Sommer als Nachfolger von ,,Weltfußballer” Ruud Gullit holen. Daraus wird nichts. Rahn ist zwar Bundesliga-Sternchen, aber nicht zum Weltstar geschaffen. Er geht zu Eintracht Frankfurt, verpasst dort 1993 seine letzte Meisterschafts-Chance und ist nach einem 2-jährigen Gastspiel in der japanischen J-League bei den Urawa Red Diamonds gänzlich vom Radar verschwunden.
DIE WELT löst das Rätsel um den angeblich verschollenen Torjäger im Juli 2019. Fast 20 Jahre hat sich Uwe Rahn rar gemacht, ehe er 2019 bei der Eröffnung des neuen Vereinsmuseums von Borussia Mönchengladbach wieder auftaucht. Davor lebt Rahn u. a. 9 Jahre im italienischen Varese, wo seine Frau internationale Schulleiterin ist, und 6 Jahre in Belgien. Inzwischen wohnt der Torjäger, der 1988 zu Köln statt zum FC Bayern geht, ganz in der Nähe von München – in Lanshut. Rahn in der WELT: „Ich war nie verschollen, mein Umfeld wusste immer, wo ich bin.“