Bundesliga: Klinsmann TV live – Abrechnung mit ,,Trainer-Killer” Preetz
Jürgen Klinsmann (55) hat sich nach seinem überraschenden Rückzug als Trainer bei Hertha BSC via Facebook-Schaltung an die Fans gewandt. Er erklärt seinen Abgang aus Berlin – und rechnet mit einem echten ,,Trainer-Killer” ab…
Jürgen Klinsmann (55) ist nach seinem überraschenden Rücktritt als Trainer von Hertha BSC in die Offensive gegangen.
Der ehemalige Bundestrainer meldet sich am Mittwochabend in einer Live-Schalte – und kommt so der für Donnerstag angesetzten Pressekonferenz der Hertha-Verantwortlichen zuvor. Am Dienstag ist Klinsmann nach nur 76 Tagen im Amt als Coach des Hauptstadt-Klubs zurückgetreten.
In einem Live-Video auf seiner offiziellen Facebook-Seite stellt sich Klinsmann den Fragen der Fußballfans. Diese innovative Herangehensweise ehrt ihn.
,,Ich habe gesehen: Da ist viel Verärgerung, da ist viel Kritik da”, erklärt Klinsmann am Mittwochabend, ,,die Dinge haben sich ein bisschen überschlagen und es kam zu meiner Reaktion zu sagen: Dann ist gut. Die Art und Weise ist fragwürdig, kritikfähig, wenn man eine negative Botschaft hat, wird sie nie gut rüberkommen. Ich hätte mir mehr Zeit lassen sollen und mehr mit der Hertha-Führung reden müssen.”,,Seine jüngste Wortmeldung dürfte als Versuch gewertet werden, seinen schwer beschädigten Ruf noch irgendwie zu retten”, schreibt DIE WELT dazu am Mittwochabend.
Falsch. Klinsmann steht zu seinem überstürzten Abgang als Coach in Berlin, begründet diesen durchaus schlüssig (siehe Abs. 1). Und er übt Kritik an anderen, im Hertha-Umfeld handelnden Personen, allen voran Manager Michael Preetz (52).
Wie schon als Bundestrainer, wo er bestimmte, eingefahrene Strukturen aufbrechen will und auch aufbricht, und auch beim US-amerikanischen Fußballverband, den er vom ewigen College-Niveau auf Weltformat bringt, will Klinsmann auch bei Hertha BSC jeden Stein umdrehen.
Womit er bei seinem überraschenden Einstieg Ende November 2019 möglicherweise nicht gerechnet hat: Bei Hertha BSC herrscht eine schwer zu überwindende Allmacht mit Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz. Dem Düsseldorfer, der 2009 den legendären Dieter Honeeß ablöst, haftet der wenig schmeichelhafte Ruf des ,,Trainer-Killers” an. Seitdem versuchen sich – Klinsmann mitgerechnet – 9 Trainer in 10 Jahren am Hauptstadtklub. Ohne Erfolg. Dass man nach dem Motto ,,Das Geld anderer Leute” erst die zur Verfügung gestellten UfA-Millionen ausgibt und nun den vom neuen Investor gestellten Trainer vergrault, deutet nicht darauf hin, dass man Hertha BSC wirklich voran bringen will… ,,Ist es Ihr Geld? – Nee! – Sehn'se – Meins auch nich!”Preetz hat überhaupt kein Interesse daran, dass Klinsmann wie ursprünglich angedacht nur bis Saisonende in Berlin bleibt.
Er ist es nicht gewohnt, dass ein Hertha-Coach ihn zum Befehlsempfänger, insbesondere bei der Umsetzung der 80 Millionen Euro teuren Winter-Transfers (Klinsmann: ,,Das hat Michael Preetz wirklich super gemacht”) degradieren. Umgekehrt vergisst Klinsmann bei seinem Amtsantritt und ungeachtet der Unterstützung von Hertha-Investor Lars Windhorst: Wer den Sumpf trocken legen will, darf nicht die Frösche fragen! Das eingespielte Duo Gegenbauer /Preetz hat schon ganz andere Trainer vom Hof gejagt: ,,Nearly Man” Lucien Favre sei als Beispiel genannt.
Klinsmann am Mittwoch: ,,Dann kam es zum Trainingslager in Florida im Januar. Da habe ich meinen Entschluss mitgeteilt, länger bleiben zu wollen, Wir haben es aber nicht geschafft, einen Vertrag zu entwickeln, es ging dabei aber auch nicht ums Geld. Es ging um Aufteilung der Kompetenzen und das haben wir nicht hinbekommen – das betrifft vor allem mich und Michael Preetz.”
Eines missfällt dem Fußball-Weltbürger Klinsmann, der als Spieler in England, Italien und Frankreich ganz andere Strukturen kennen gelernt hat: ,,In Deutschland ist man es gewohnt, dass ein Manager auf der Ersatzbank sitzt und sich mit einbringt, nahe dran ist an der Mannschaft. Ich war das nicht gewohnt, ich kenne das englische Modell, wo der Manager, der Trainer nur einen Vorgesetzten hat und das ist der Eigentümer des Klubs. Das hat mir unglaublich aufgestoßen, dass der Manager noch da sitzt und seine Kommentare abgibt, zum Spiel, zum Schiedsrichter.” Sein bitteres Fazit: Wir haben uns in vielen Nebenkriegsschauplätzen aufgerieben in den letzten Wochen. Nach dem Mainz-Spiel war ich auch angefressen, es sind viele kulturelle Elemente dabei, in der Abstimmung hat es einfach nicht gepasst.”