FC Bayern München: Tragisch – Diese Klub-Persönlichkeiten hatten Pech

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FC Bayern München: Tragisch – Diese Klub-Persönlichkeiten hatten Pech

FC Bayern München: Tragisch – Diese Klub-Persönlichkeiten hatten Pech. Ligalivenet – Wissen für Blowhards und Connaisseurs

Gerd Müller – Der Suff und Alzheimer: Gerd Müller ist an Alzheimer erkrankt und lebt seit 2015 in einem Pflegeheim. Der Bomber der Nation – oder kleines dickes Müller, wie sein erster Trainer im Profibereich, Tschick Cajkovski, ihn in den 60-er Jahren nennt. Jener Mann, ohne dessen Wirken „wir uns immer noch im Holzhäusl umziehen würden“, wie Franz Beckenbauer gern mal betont. Der Mann, der den Sinn des Fußballs wie kein Zweiter beherzigt: das Runde muss ins Eckige. Gerd Müller, das Phänomen im Strafraum, ist rein physisch nicht der imposanteste Stürmer gewesen – auch nicht zu seinen Glanzzeiten. Nicht der Größte, nicht der Schnellste, auch kein Dribbler – aber für eine ganze Dekade der beste Mittelstürmer der Welt. Er schießt 398 Tore in 453 Ligaspielen, davon 365 in der Bundesliga (ewiger Rekord) und 68 Länderspieltore für Deutschland in 62 Spielen (Schnitt: 1,06) – Rekord bis 2014, als Miroslav Klose mit 71 Toren vorbeizieht, aber bei weit mehr Einsätzen. Als er zurücktritt, ist er WM-Torschützenkönig mit 14 Toren. Was ihn besonders auszeichnet, ist seine Fähigkeit, sich auf engstem Raum zu bewegen, Gegner stehen zu lassen und aus den unmöglichsten Situationen heraus und mit allen Körperteilen Tore zu erzielen. Das kann keiner auf der Welt so gut wie er und das hat er immer gewusst: „Des hast oder hast net. Des kannst net lernen“, lautet das Credo des bayerischen Schwaben, 1945 in Nördlingen geboren. Bis heute ist er Vorbild für eine ganze Gruppe von Mittelstürmern, die sich weniger durch Größe oder physische Präsenz als durch Wendigkeit, Reaktionsvermögen und Antizipation auszeichnen.

So gut sich Gerd Müller auf dem Platz zu Recht findet, so schlecht findet er sich nach der Karriere im richtigen Leben zurecht. Auch ihn verschlägt es Ende der 70-er Jahre in die USA. Aber nicht nach New York wie Kaiser Franz, sein langjähriger Doppelpasspartner, sondern nach Florida. Und dort beginnt die fatale Episode mit dem Alkohol, dem er schon zu Münchner Zeiten zugesprochen hat. Das Tragische an Müllers Vita ist, dass der „Bomber der Nation“ nach seinem letzten Spiel im Jahr 1979 für die Orlando Smith Brothers in Fort Lauderdale keinen richtigen Platz mehr im Leben findet. Jedenfalls keinen, der ihn ausfüllt. Mit seiner Frau Uschi führt er ein Steakhouse, gibt dort den Grüß-Onkel und stößt mit jedem an, der mal mit dem berühmten Bomber anstoßen möchte. Das wollen viele. So wächst die Sucht. Nach sechs Jahren in den USA kehrt er 1985 in das Land zurück, das er 1974 zum Weltmeistertitel geschossen hat und zurück in die Stadt seiner größten Erfolge, aber selbst in München steht er vor dem persönlichen Nichts.

Im September 1991 werden Müllers Probleme öffentlich. Weil er angetrunken als Kiebitz beim Bayern-Training angetroffen wird, weil die Ehefrau sich scheiden lassen will und weil auch noch die Steuerfahnder ihre Pflicht tun und zwei Eigentumswohnungen pfänden. Müller hat nicht das Zeug zum autoritären Trainer, cleveren Manager oder eloquenten TV-Experten, das wissen alle, die den gelernten Weber kennen. „Du bist kein Mann der großen Worte. Du hast die Tore geschossen, ohne viel zu reden“, so charakterisiert ihn 2003 Franz Beckenbauer in seiner Laudatio, als Gerd Müller zum wertvollsten Bundesliga-Spieler aller Zeiten gekürt wird. Der Held einer Generation nur noch eine Witzfigur – das können die Bayern nicht mit ansehen. Und reichen ihm die Hand. Es ist bitter nötig, er ist ganz unten. „Schlimmer hätte es gar nicht kommen können. Du bist oben, schwebst im Himmel. Und fällst und fällst. Plötzlich bist du in der Hölle“, sagt er in einem Interview. „Ich habe sehr gelitten, und ohne die Hilfe meiner Freunde hätte ich es wohl nicht geschafft.“ Seine Freunde: allen voran „der Uli, der Franz und der Kalle“, wie er die Kameraden von einst nennt. Hoeneß, Beckenbauer, Rummenigge – alle haben sie mit ihm gespielt und gefeiert. Nun geben sie zurück. „Nur nichts tun. Den ganzen Tag einfach nur rumsitzen und nichts Sinnvolles machen – das war das Verderben“, räsoniert er selbst über seine Flucht in den Alkohol.

Bei Prominentenspielen, erzürnt sich Uli Hoeneß, hätten sie ihn abgefüllt und sich dann über ihn lustig gemacht. Also überreden sie ihn, eine Entziehungskur zu machen, auch psychiatrische Hilfe nimmt er in Anspruch. Und seine Frau lässt die Scheidung sein. Der am schlechtesten vergütete Vertrag, den ihm der FC Bayern je gegeben hat, trägt ein Übriges zur Rettung von Müller bei. Seit 1992 ist er wieder angestellt bei den „Roten“. Ich bin vollkommen glücklich, und ich bin beschäftigt“, sagt er 1993, als er die A-Jugend trainieren darf. Er arbeitet fortan auch als Sponsorenbetreuer, Talentsucher, Stürmer- und Torwarttrainer, Co-Trainer bei den Profis und zuletzt bei den Amateuren. Doch dann schlägt die Alzheimer-Erkrankung zu. Der letzte Abschnitt im Leben des Bombers der Nation.Kurt Landauer – Der Verfolgte: Kurt Landauer ist zwischen 1913 und 1951 vier Mal an der Spitze des FC Bayern und führt den Verein zur ersten Meisterschaft 1932. Als Jude wird er von den Nazis verfolgt. Am 22. März 1933, kurz nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten, legt Landauer sein Amt als Bayern-Präsident nieder. Im April 1933 verliert er wegen seines jüdischen Glaubens seinen Job und wird arbeitslos. 1935 erhält er eine Stelle in einem Wäschegeschäft in München. Ende 1937 verkauft er mit seinem Bruder Franz den Stammsitz der Familie in der Kaufingerstraße 28 an die Warenhauskette Woolworth und wird am 10.11.1938 für vier Wochen ins Konzentrationslager Dachau eingesperrt. Im Mai 1939 flüchtet er in die Schweiz, vier seiner Geschwister werden von den Nazis ermordet.

Als die Mannschaft 1940 ein Spiel in Zürich bestreitet, entdeckt sie ihren Ex-Präsidenten auf der Tribüne und begrüßt ihn herzlich, trotz ausdrücklichem Kontaktverbot durch die Gestapo. Im Juni 1947 kehrt Landauer nach München zurück und wird im August wieder Präsident des FC Bayern München, ehe er 1951 überraschend durch ein Komplott abgewählt wird und sich verbittert zurückzieht. Er stirbt 1961. Die „Schickeria” richtet jährlich ein Kurt-Landauer-Turnier aus und gründet eine nach ihm benannte Stiftung, die sich aktiv gegen Rassismus und Ausgrenzung wendet.Die Mitflieger von Uli Hoeneß: Die richtigste und wichtigste Entscheidung trifft Uli Hoeneß am 17. Februar 1982. Sie rettet sein Leben.

Denn Uli Hoeneß und sein Freund, der Verleger Helmut Simmler, wollen sich an diesem Tag das Länderspiel Deutschland gegen Portugal im Niedersachsenstadion von Hannover ansehen. Die Privatmaschine mit Hoeneß an Bord startet um 18.19 Uhr in München. Kurz vor Nürnberg schläft Hoeneß ein, er hat sich den Platz hinten rechts gewählt. Der einzige Platz mit Überlebenschance. Um 19.45 Uhr meldet der Pilot technische Probleme. Gegen 20.05 Uhr verschwindet das Privatflugzeug vom Radarschirm der Flugsicherung. Pilot, Co-Pilot und Hoeneß-Freund Semmler sterben beim Absturz. Hoeneß wird aus der Maschine geschleudert und ca. 90 Minuten nach dem Absturz von einem Jäger gefunden. Beim Versuch, ihn ins Krankenhaus zu fahren, springt der Geländewagen nicht an. Der Jäger deckt Hoeneß mit einer Decke zu und sucht Hilfe. Nach einiger Zeit kommen ihm Rettungskräfte entgegen. Uli Hoeneß wird ins Krankenhaus gebracht und überlebt. Pilot Wolfgang Junginger, sein 25-jähriger Co-Pilot Thomas Kupfer und Helmut Simmler sterben.

Norbert Eder – Der Unterschätzte: Norbert Eder spielt von 1984 bis 1988 für den FC Bayern München. Er absolviert 132 Ligaspiele für die Münchner und gewinnt vier nationale Titel (dreimal Meister, einmal Pokalsieger). Darüber hinaus kommt er zu 28 Europapokal-Spielen. Eder gehört dem Mannschaftsrat des FC Bayern an und ist 1985 und 1986 der Spieler mit den meisten Einsätzen für den FC Bayern. 1986 wird er Vizeweltmeister mit der deutschen Nationalelf. Eder stirbt im November 2019 nach langer Krankheit mit knapp 64 Jahren.Breno – Der Einsame: Breno gilt im Jahr 2007 als bester brasilianischer Nachwuchsverteidiger. Er spielt von 2008 – 2012 beim FC Bayern München. Sein erstes Pflichtspiel bestreitet er mit 18 Jahren am 12. März 2008 im Achtelfinal-Rückspiel des UEFA-Pokals bei der 1:2-Niederlage im Heimspiel gegen den RSC Anderlecht. Seinen Einstand in der Bundesliga gibt Breno am 4. Mai 2008 (31. Spieltag), als er beim torlosen Unentschieden im Auswärtsspiel gegen den VfL Wolfsburg in der 73. Minute für Daniel van Buyten eingewechselt wird.

Bis zum Jahresende 2009 bestreitet Breno nur sieben Bundesliga-, fünf Champions-League-Spiele und ein DFB-Pokal-Spiel. Um mehr Spielpraxis zu sammeln, wechselt er von Januar 2010 bis zum Ende der Saison zum 1. FC Nürnberg. Am 7. März 2010 (25. Spieltag) erleidet er beim 3:2-Sieg im Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen nach einem Foul von Stefan Reinartz einen Kreuzbandriss. Zur Saison 2010/11 kehrt Breno zum FC Bayern zurück, spielt aber wieder nur die zweite Geige und wirkt zunehmend deprimierter. In der Nacht zum 20. September 2011 brennt Brenos gemietete Villa in Grünwald komplett aus.

Der Spieler ist allein zu Hause und wird leicht verletzt.  Wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung wird er am 24. September 2011 in Untersuchungshaft genommen und in die JVA München verbracht. Am 11. April 2012 erhebt die Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung. Am 4. Juli 2012 wird Breno zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Haftstrafe wird nach zwei Drittel der Zeit am 20. Dezember 2014 zur Bewährung ausgesetzt. An die Fortsetzung seiner Bundesligakarriere ist nicht zu denken, er kehrt nach Brasilien zurück. Und schafft ein veritables Comeback.Sebastian Deisler – Das depressive Supertalent: Er gilt als Talent des Jahrhunderts und verdient sich in Mönchengladbach und Berlin seine ersten Sporen. Schon Nationalspieler, verpflichten ihn die Bayern 2002 für umgerechnet 18 Millionen Euro (inklusive Handgeld). Glücklich werden sie mit dem sensiblen Mittelfeldspieler nicht. Seine Verletzungsanfälligkeit wird sein Fluch, erst nach sieben Monaten gibt er im Februar 2003 sein Debüt. Da hat er schon zwei Kreuzbandrisse und eine verpasste WM hinter sich. In München häufen sich die Probleme, Muskelfaserrisse und Knorpelabsprengungen im Problemknie füllen seine Krankenakte.

Sie führen schließlich zu psychischen Problemen, weswegen sich Deisler 2003 und 2004 in Behandlung begibt. Mit Felix Magath bekommt er ab der Saison 2004/05 im Gegensatz zu Vorgänger Ottmar Hitzfeld einen Trainer, der auf seine Befindlichkeiten wenig Rücksicht nimmt, im Team wird er gemobbt. Nach nur 62 Bundesligaspielen in viereinhalb Jahren zieht er im Januar 2007 einen Schlussstrich, die Fußballnation ist erschüttert. Die Vorgänge im Trainingslager in Dubai sind dokumentiert im Sport Bild-Buch „Die Rekord-Bayern“ (2017). „In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar wird Uli Hoeneß aus dem Bett geklopft. Der Besucher hat sich telefonisch angekündigt, aber so schnell war nicht mit seinem Erscheinen zu rechnen.

Vor seinem Hotelzimmer steht Sebastian Deisler, der Hochbegabte mit dem schweren Gemüt und den kaputten Knien. Noch im Bademantel erfährt Hoeneß davon, dass Deisler seine Karriere beenden will. Mit knapp 27. Sie reden die Nacht durch, Deisler schläft nach Stunden im Gästezimmer der Manager-Suite ein. Das Schauspiel wiederholt sich in den nächsten Nächten bis zur Abreise, die Deisler am liebsten sofort antreten will. Der Manager kämpft wie ein Löwe um den Karrieremüden. Vergebens. Kaum aus Dubai zurück, laden die Bayern am Dienstag, den 16. Januar, zu einer Pressekonferenz. Hoeneß eröffnet sie Punkt zwölf Uhr: „Es ist kein angenehmer Anlass, weswegen wir sie hergebeten haben.

Ich mache es kurz, Sebastian Deisler beendet seine Fußballkarriere.“ Deisler macht es nicht viel länger: „Klar kann ich noch so ein bisschen mitspielen, aber mit der richtigen Freiheit ist es vorbei. Ich habe kein Vertrauen mehr in mein Knie. Ich bin glücklich mit meiner Entscheidung, das bin ich.“

Seitdem ist er nur sporadisch in der Öffentlichkeit aufgetaucht. 2009 erscheint seine Biographie „Zurück ins Leben.“, in der er Vorwürfe gegenüber den Verantwortlichen in Berlin und München erhebt. Deisler ist das Paradebeispiel eines Spielers, den der Profifußball fertig gemacht hat.


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