Old Firm: Briten gegen irische Einwanderer
Blau-weiß-rote britische Unionisten gegen grün-weiße, arme irische Einwanderer, der schottischer Rekordmeister gegen den schottischen Rekordcupsieger. Die Glasgow Rangers, die in die 2. Schottische Liga strafversetzt wurden gegen den Dominator der Scottish Premiership in den letzten 10 Jahren.
Am Sonntag, den 31.03.2019, trafen im 316. Old Firm der ersten schottischen Fußballliga die ewigen Rivalen, Glasgow Rangers und Celtic Glasgow, aufeinander.
Celtic hat die letzten 7 Meistertitel errungen, die Rangers wurden 2011/12 in die 2. Schottische Liga strafversetzt, sind in dieser Saison mit Trainer und FC-Liverpool-Legende Steven Gerrard aber zum ersten Mal wieder konkurrenzfähig.
Das machte aus dem Old Firm Derby 316 ein ganz besonderes Spiel. Und dazu haben auch die Fans auf beiden Seiten wieder beigetragen. Denn auch die Fanrivalität hat aktuell eine ganz spezielle Brisanz – eine eher unschöne.Die Bilanz der Glasgow Rangers gegen Celtic Glasgow ist seit dem Wiederaufstieg der Rangers mehr als miserabel. In 11 Spielen gelang 1 Sieg, 25-mal traf Celtic, nur 8-mal die Rangers.
In dieser Spielzeit gewann Celtic das erste Aufeinandertreffen – knapp mit 1:0. Das zweite Spiel gewannen die Rangers – ebenfalls mit 1:0. Und das dritte Stadtderby in dieser Saison gewann das Team von Trainer Neil Lennon in einer hitzigen und äußerst hart geführten Partie mit 2:1 (1:0) und hat nun bereits 13 Punkte Vorsprung auf den Rivalen. Dabei schwächelte Celtic eine ganz Zeit lang in der laufenden Saison und für kurze Zeit schien es so, als ob die die Rangers sogar Meister werden könnten. Zwischenzeitlich standen sie sogar mal an der Tabellenspitze – das hatte es zuletzt Ende 2011 gegeben.
Celtic hatte vor allem bei Auswärtsspielen ungewohnte Schwächen. Von den 11 Auswärtsspielen in 2018 konnte das Team nur vier gewinnen. Andere Teams wie Kilmarnock, Aberdeen und eben die Rangers, die in den letzten Jahren nur begleitende Staffage für Celtic waren, konnten in dieser Spielzeit lange mithalten. Die ersten vier Mannschaften trennten nach 20 Spieltagen nur 6 Punkte. Das ist für schottische Verhältnisse sehr ungewöhnlich.
Seit mehr als 30 Jahren hieß der Meister in Schottland stets Rangers oder Celtic. In den vergangenen beiden Spielzeiten hatte Celtic addiert 51 Punkte Vorsprung (12 und 39 Punkte). Und auch in dieser Saison werden die katholischen Schotten aus Glasgow wohl wieder Meister.Die Rivalität der beiden Vereine ist legendär. Gegen die Feindseligkeiten und Spannungen in Glasgow sind Derbys wie die des BVB gegen Schalke 04 oder früher das von Bayern München gegen 1860 München reine Freundschaftsspiele.
Beim Old Firm geht es um deutlich mehr als den sportlichen Erfolg oder den Sieg über den Lokalrivalen. Es geht um den Sieg der einen Bevölkerungsgruppe und sozialen Schicht gegen die andere.
Die Anhänger der 1873 gegründeten Rangers sind überwiegend aus dem protestantischen, britisch-unionistischen Milieu. Sie wohnten ursprünglich im wohlhabenden Westen der Stadt, sind Unionisten und betonen die Einheit des Vereinigten Königreichs. Eine Abspaltung Schottlands von Großbritannien ist für sie ein Graus. Die Vereinsfarben der Rangers sind Blau, Weiß und Rot, ziemlich identisch zu den Farben des Union Jack, der selbstverständlich im Ibrox Park, dem Stadion der Rangers, stolz geschwenkt wird.
Die Celtic-Fans sind überwiegend Katholiken. Sie wohnten ursprünglich im dreckigen East-End von Glasgow. In der Regel sind sie Nachfahren irischer Einwanderer, die als billige Arbeitskräfte in der Industriestadt Glasgow kamen. Celtic Glasgow wurde wurde 1887, 14 Jahre später als die Glasgow Rangers, von einem katholischen Ordensbruder gegründet.
Das Ziel war es zunächst, Spenden für die arme Bevölkerung im Glasgower East End aufzutreiben. Die Anhänger von Celtic sympathisierten im 20. Jahrhundert mit der irischen Unabhängigkeitsbewegung, zum Teil auch offen mit der IRA. Ihre Vereinsfahnen betonen das irische Grün.Die Glasgow Rangers waren lange Zeit ähnlich rigide in ihren Einstellungen und Regeln wie Celtic Glasgow. Bis 1989 durfte kein Katholik bei ihnen Fußball spielen. Erst der bekennende Katholik Mo Johnston brach den Bann und spielte von 1989 – 1991 76-mal für die Rangers.
Dabei schoss er 31 Tore. Johnston spielte von 1984 – 1987 auch für Celtic Glasgow und schoss in 99 Spielen 52 Tore. Für die damalige Zeit war das ein absoluter Tabubruch. Ein Schotte, der für beide Glasgower Teams spielte.
Die politisch-konfessionellen Spannungen sind in Glasgow genau wie in Irland mittlerweile nicht mehr so stark wie früher, doch rund um die beiden Derby-Spieltage treten die alten Gegensätze und Abneigungen in Form von Schmähgesängen und Schlägereien rivalisierender Fans offen hervor.
Die Celtic-Fans lehnen den Brexit genauso vehement ab wie ihn große Teile der Rangers-Anhänger befürworten. Die offene Grenzfrage um Nordirland ist ein besonderer Streitpunkt.Besondere Brisanz brachte 2018 der Fall des an Depressionen leidenden Celtic-Stürmers Leigh Griffiths.
“It is ok not to be ok – You'll never walk alone, Leigh”. Mit diesen Worten unterstützen Celtic Fans den Angreifer während des Europa-League-Spiels gegen Salzburg Mut. Griffith ist zurzeit in ärztlicher Behandlung und wird im Derby fehlen.
Das ist eine erhebliche Schwächung für Celtic, die mit dem erst 20-jährigen Odsonne Edouard nur noch einen weiteren richtigen Stürmer im Kader haben. Brendan Rodgers, Trainer bei Celtic Glasgow, hat entsprechend bereits angekündigt, im Winter zwei Stürmer verpflichten zu wollen.
Griffiths ist bei den Fans der Rangers ein rotes Tuch. Während des Europa-League-Spiels der Rangers bei Rapid Wien schmähten mehrere hundert Glasgow-Fans den erkrankten Stürmer. Sie grölten: “Fuck you Leigh Griffiths, you won't be playing football any more”.Im letzten Spiel im Ibrox-Park hatten die Celtic-Fans keine Chance , ihr Team im Ibrox-Park zu unterstützen. Normalerweise folgen ca. 5.000 – 10.000 Celtic-Fans der Mannschaft zu Auswärtsspielen im mehr als 50.000 Zuschauer Platz bietenden Ibrox-Park im Glasgower Westen.
Zum Spiel Ende Dezember 2018 machten sich weniger als 1.000 Anhänger von Celtic auf den Weg nach Ibrox. Der Grund: Celtic-Fans konnten keine Karten kaufen.
Die Rangers hatten das Kontingent für die Celtic-Fans massiv reduziert und auf der Tribüne, die bisher Celtic vorbehalten war, sitzen nun weitere Dauerkartenbesitzer der Rangers.
Die Klubführung bedauerte die “einseitige” Entscheidung der Rangers, die “ohne jede Diskussion” getroffen worden sei und reduzierte das Gästekontingent für das Derby der Saison im heimischen Celtic Park seinerseits auf 800 Tickets. Quid pro Quo.