Ottmar Hitzfeld wird 70: Trainer-Legende bei BVB und FC Bayern

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Ottmar Hitzfeld wird 70: Trainer-Legende bei BVB und FC Bayern

Kein anderer Trainer kann das vorweisen, was Ottmar Hitzfeld gelungen ist. Als einziger Coach im europäischen Fußball gewann Hitzfeld die Champions League – mit 2 Klubs aus dem gleichen Land. Der Mann aus Lörrach führte den BVB 1997 und den FC Bayern im Jahr 2001 auf Europas Fußball-Thron. Am Samstag wird der 7-fache Meistertrainer runde 70 Jahre alt.

Aus dem Trainergeschäft hat sich Ottmar Hitzfeld mit dem 0:1 der von ihm betreuten Nationalmannschaft der Schweiz im WM-Achtelfinale 2014 gegen Argentinien verabschiedet. Diese Entscheidung, so sagt er in seinem ganz persönlichen Geburtstags-Interview mit der Zeitschrift SPORT BILD, „ist definitiv.“

Und zwar absolut. Als der BVB sich im Dezember 2017 auf Schlingerkurs befinden, fragt er bei seinem 2-fachen Meistercoach noch einmal an. Hitzfeld bleibt aber bei seinem Entschluss, nie mehr als Trainer arbeiten zu wollen – und sagt ab. Seine Arbeit als TV-Experte hat Hitzfeld 2017 aufgegeben. Selbst ein, wie er in SPORT BILD (Aktuelle Ausgabe) verrät, „unmoralisches Angebot“ aus China mit 25 Mio. Euro netto für 2 Jahre, lehnt er ab. Er verbringt die Zeit lieber mit seiner Familie in Lörrach und München oder beim Golfen auf Mallorca.

Als der FC Bayern 2007 noch mal anklopft, fällt Hitzfelds Antwort – allerdings zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt anders aus. „Am nächsten Tag“, erzählt der Lörracher im SPORT BILD-Interview, „rief Uli Hoeneß an. Innerhalb von 2 Sekunden sagte ich Ja.“ Noch einmal in Diensten des Rekordmeisters, schafft Hitzfeld 2007/2008 erneut das Double mit Meisterschaft und Pokalsieg. Am Samstag wird der nach Udo Lattek († 2015 / 8 Meistertitel mit Bayern und Gladbach) erfolgreichste Bundesliga-Trainer aller Zeiten runde 70 Jahre alt.Borussia Dortmund ist der Verein, der den früheren Profi vom VfB Stuttgart und Olympia-Fußballer von 1972 als Trainer in die Bundesliga holt.

Die Ankunft des früheren Mathematik- und Sportlehrers wirkt auf den Revierklub wie ein Naturereignis. Neben Jürgen Klopp (51) wird nur Ottmar Hitzfeld eine Erfolgs-Ära in Dortmund bringen. Mit dem BVB verpasst der zuvor in der Schweiz als Meistermacher (1990 und 1991 mit Grasshopper Club Zürich) gefeierte Trainer in der Mammut-Saison 1991/92 mit 38 Spieltagen (noch) die Meisterschale.

Den Titel-Knock-out 4 Minuten vor dem Ende nimmt er an der Seitenlinie des Duisburger Wedaustadions mit unglaublicher Disziplin hin. „Drücken die Leverkusener?“, ist die einzige Frage, die er in diesem so schweren Moment dem Mann mit dem Radiogerät stellt.

3 Jahre später ist die Leidenszeit für die BVB-Fans zu Ende. Ottmar Hitzfeld führt Dortmund 1995 nach 32-jähriger Abstinenz zur ersten Deutschen Meisterschaft in der Bundesliga. „Hitzfeld weint“, ruft BVB-Star Stefan Reuter erstaunt, als ihm sein in Tränen aufgelöster Coach auf dem von Fans überrannten Spielfeld im Westfalenstadion um den Hals fällt. Hitzfeld, der Pragmatiker, der Fußball-Analytiker, hat die Herzen der Menschen im Revier spätestens in diesem Moment erreicht. Es folgen die Titelverteidigung 1996 und – die Krönung – 1997 der Gewinn der Champions League durch das 3:1 im Finale gegen Juventus Turin in München.Die bayerische Landeshauptstadt wird ab 1998 die Wahlheimat des Ottmar Hitzfeld. „Ich weiß, was auf mich zukommt“, erzählt er vor Beginn seines Engagements beim FC Bayern München seinem langjährigen Wegbegleiter, Karlheinz Wild vom Kicker-Sportmagazin.

„Seine programmatischen Aussagen über Systeme, Taktik, die seinerzeit noch seltene Rotation oder disziplinerhaltende Regeln wurden zu einer Art Regierungserklärung“, weiß Wild. Bei den Bayern stellt sich der Erfolg für Hitzfeld früher ein als zuvor in Dortmund. In der ersten Saison sichert sich das Star-Ensemble um Stefan Effenberg und Lothar Matthäus bereits am 31. Spieltag die deutsche Meisterschaft. Mit der Rotation sorgt Hitzfeld für Ruhe in seinem Münchner Star-Kader – und mit empfindlichen Geldstrafen sanktioniert er selbst die Großkopferten im Team wie Oliver Kahn, der einmal mit 25.000 Euro zur Kasse gebeten wird. Nie war beim FC Bayern weniger „FC Hollywood“ als unter Hitzfeld.

Die vielleicht bitterste Niederlage eines deutschen Teams in einem Champions-League-Finale wird für Ottmar Hitzfeld – seinen Vornamen trägt er in Anlehnung an Weltmeister Ottmar Walter – zur Nagelprobe in München. Am 26. Mai 1999 verliert der FC Bayern in Barcelona durch 2 Tore in der Nachspielzeit gegen Manchester United den sicher geglaubten Henkelpott – 1:2! Ein Sturz ins Tal der Tränen.Ein paar Tage später gastieren die Bayern zum Saisonfinale in Leverkusen. Hitzfeld gibt bei einem Termin im Mannschaftshotel in Düsseldorf die Losung aus, die ihm als FCB-Coach helfen wird.

„In diesen Stunden und Tagen kann hier alles zusammenbrechen“, sagt er, „jetzt darf ich keinen Fehler machen, jetzt muss ich die Weichen stellen.“ Sein unerschütterlicher Glaube an den eigenen Erfolg („Ich will, dass ich stark bin“) überträgt sich auf die Bayern-Stars. Hitzfeld wird zum Pokerspieler, zum erfolgreichen Psychologen. Nach dem 33. Spieltag der Saison 1999/2000 liegt er mit den Münchnern 3 Punkte hinter Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen – und triumphiert am Ende doch. Die Psycho-Spielchen seines Leverkusener Kontrahenten Christoph Daum bei einem Doppel-Interview in der Fußball-Sendung RAN (SAT 1) lässt er mit mildem Lächeln abprallen. Das verbale Ballyhoo war und ist nie die Sache von Ottmar Hitzfeld gewesen. Er redet seine Mannschaft hinter verschlossenen Türen stark – und gewinnt mit 3:1 gegen Werder Bremen erneut die Meisterschaft. Leverkusen patzt in Unterhaching (0:2), der Rest ist Geschichte.

Getragen von diesem unglaublichen Finish setzen Hitzfelds Bayern noch einen drauf. 1:1 in Hamburg und Deutscher Meister 2001 in der Nachspielzeit. Wenige Tage später gelingt in Mailand auch endlich der ersehnte, große Wurf in der Champions League: Sieger im Elfmeterkrimi gegen den FC Valencia. Hitzfeld ist auf dem Trainer-Olymp angekommen. Eigentlich will er schon jetzt aufhören, aber Uli Hoeneß überredet ihn, weiterzumachen. 2004 verabschiedet sich Hitzfeld erstmalig vom FC Bayern.

2-mal die Champions League zu gewinnen mit 2 verschiedenen Klubs, das ist außer ihm auch Ernst Happel (Feyenoord Rotterdam und HSV), Jupp Heynckes (Real Madrid / FC Bayern), Carlo Ancelotti (Milan / Real) und José Mourinho (FC Porto / Inter) gelungen. Aber keiner dieser Trainer gewann die CL mit 2 Teams aus dem gleichen Land. Chapeau!Als Reporter begegnet man im Lauf der Jahre vielen Trainer-Größen. Rafael Benitez hat einen Händedruck wie ein Schmied, Pep Guardiola kann ein Kumpeltyp sein. Otto Rehhagel ist bärbeißig und Giovanni Trapattoni immer ein Gentleman mit verschmitztem Humor.

Ottmar Hitzfeld ist in jeder Situation der Disziplinierte. Immer „Der General“ und doch der smarte Herr mit dem milden, entwaffnenden Lächeln. Wenn, wie in einer Szene bei einer Gala, Fußball-Idol Paul Breitner neben ihm einen coolen Spruch bringt und dabei wild gestikuliert, schmunzelt er kurz – und geht dann direkt wieder zur Tagesordnung über.

In wirklich jedem seiner Statements spürt man den Respekt, den er dem Gegenüber entgegenbringt. Er ist immer fokussiert und fair. Eine absolute Ausnahmeerscheinung im hektischen Fußball-Business.

Diese Menschlichkeit und die in jeder Situation vorgelebte Disziplin machen ihn für Borussia Dortmund, beim FC Bayern München, aber auch bei der Schweizer Nationalmannschaft zu einer absoluten Respektperson.

Alles Gute zum Geburtstag, Herr Hitzfeld – und bleiben Sie gesund!


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