Transfers: Darum tut sich der FC Bayern so schwer

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Transfers: Darum tut sich der FC Bayern so schwer

Mit Ozan Kabak (19) vom VfB Stuttgart hat sich am Sonntag ein weiterer Spieler gegen den FC Bayern München und für einen Liga-Konkurrenten entschieden.

Der türkische Innenverteidiger wechselt zum FC Schalke 04. Zuvor hat schon der Spanier Rodrigo (22) von Atético Madrid den Bayern eine Absage erteilt – er geht zu Manchester City und hat bei diesem Transfer explizit betont, dass Ex-Bayern-Coach Pep Guardiola (48) mit entscheidend war für diesen Zug.

,,Bis Ende Juli musst du fertig sein, wir haben also noch genügend Zeit”, sagt Uli Hoeneß. Aber diese Gelassenheit wirkt gespielt. Bei den Münchnern herrscht dieser Tage Stillstand in Sachen Transfers, der Branchenriese wirkt überraschend unsouverän. Bestes Beispiel: Der von der Tageszeitung The Times enthüllte Versuch der Bayern-Verantwortlichen, den Wechsel des erst 17-jährigen Abwehrtalents Sepp van den Berg zum FC Liverpool während des Medizinchecks noch zu verhindern (,,Bei Anruf: Sepp”). Das alles wirkt aktionistisch, wenig durchdacht und konterkariert die immer wieder gern herangezogenen Aussagen der Bayern-Macher.

Wir erinnern uns an den Ausspruch von Präsident Uli Hoeneß in der TV-Sendung Doppelpass: ,,Wenn Sie wüssten, wen wir schon alles sicher haben.”Wen die Bayern schon alles sicher haben, wissen wir mittlerweile in der Tat. Für 118 Mio. Euro wechseln die beiden französischen Weltmeister Benjamin Pavard (23, VfB Stuttgart) und Lucas Hernández (23, Atlético Madrid) sowie Youngster Jann-Fiete Arp (19, HSV) an die Isar.

Ansonsten kennzeichnet sich dieser Transfersommer beim Double-Sieger vor allem durch die Namen, die der FC Bayern alle nicht bekommt.

Eden Hazard wäre ein Top-Kandidat für die vakante Linksaußenposition gewesen. Ein Transfer des Belgiers ist aber ebenso stets außer Reichweite gewesen wie ein Anwerben von Weltmeister Antoine Griezmann. Dessen Fixgehalt beläuft sich künftig beim FC Barcelona auf kolportierte 30 Mio. Euro. Hazard schließt sich für 100 Mio. Euro Real Madrid an. Auch, weil die Bayern diese illustren Gehälter, die den Transfermarkt allerdings überhitzen, die aber im Markt gezahlt werden, nicht stemmen kann bzw. nicht stemmen will. Scheinbar gibt es auch für die ,,Festgeld-Abteilung” Grenzen.

,,200 Millionen Euro nannte Hoeneß zur Orientierung als Limit für Neuzugänge”, schreibt Bayern-Insider Carlo Wild am Montag im Kicker-Sportmagazin. Mit Verlaub: Dieser Betrag wird nicht reichen (Ligalive.net berichtete) und das machte es für den Bundesliga-Krösus so schwer.

Ein Rechenbeispiel: Sagt Manchester Citys Außenstürmer Leroy Sané (23), der derzeit im USA-Urlaub weilt, den Münchnern ebenfalls ab, wäre der ehemalige Dortmunder Ousmane Dembélé (22), beim FC Barcelona in Ungnade gefallen und nicht eben als Musterprofi bekannt, ,,Plan B”. Das Problem: Dembélés Gehaltsvorstellungen bewegen sich bei mehr als 20 Millionen. Wechselt der französische Weltmeister vorzeitig den Verein, würden die Münchner in diesem Fall sogar noch einmal 20 Mio. Bonus an Borussia Dortmund zahlen müssen!Die Personalie Dembélé dokumentiert den ganzen Irrsinn des Transfer-Geschäfts. Sportlich bleibt sie auf jeden Fall fragwürdig.

Um die 100 Millionen würde ,,Barca” möglicherweise für einen Abgang von Dembélé veranschlagen. Erste Wahl kann der Streik-Profi, den die Bayern einst in Dortmund verbal abwatschen, nicht sein, ,,Wenn Dembélé kommt, muss in München die Verzweiflung groß sein”, vermutet Carlo Wild im Kicker, ,,macht ein charakterlich bedenklicher Akteur, der es in Barcelona in 2 Jahren nicht richtig geschafft hat, den FC Bayern wirklich besser?” Wir sagen: Nein!

Einen, ,,Bessermacher” für die vakanten Positionen hat der deutsche Rekordmeister keineswegs sicher. Callum Hudson-Odoi konnten die Bayern schon im Winter 2018/2019 nicht vom FC Chelsea nach München locken. Nun ist er mit einem Riss der Achillessehne erst mal zum Zuschauen verdammt. Die Londoner wollen in dennoch halten. Timo Werner (23), der aller Voraussicht nach 2020 ablösefrei von RB Leipzig kommt, ist kein Flügelstürmer, sondern wäre auf der Linksaußenposition eine Notlösung. Gleiches gilt für Steven Bergwijn (21) vom PSV Eindhoven, der in 23 Spiele in der Eredivisie 14 Tore erzielt und 12 Treffer vorbereitete hat. Bei einem Vertrag bis 2022 würde auch dieser Spieler nicht ohne hohe Ablöse nach München kommen. Nicolas Pepé (24) von OSC Lille, der den Bayern mehrfach angeboten wird, scheint ebenfalls trotz seiner 33 Tor-Beteiligungen (22 Treffer) in der Ligue 1 nie ein Thema gewesen zu sein.

Das Dilemma des FC Bayern in Sachen Transfers liegt auf der Hand. Die Konkurrenz wird aus Katar (PSG), Abu Dhabi (Manchester City) oder aus Russland (Chelsea) mit üppigen Transfergeldern mäzeniert, bei denen die solide wirtschaftenden Großkopferten einfach nicht mithalten können oder wollen. ,,Bis zum Saisonstart im Juli haben wir einen vernünftigen Kader”, sagt Hoeneß mit aufgesetzt wirkender Gelassenheit. Fakt ist: Derzeit hat der FC Bayern nur 17 Feldspieler. In der vergangenen Saison hat man 19 Spieler zur Verfügung gehabt. Deshalb schlägt Coach Niko Kovac (47) nicht ohne Grund Alarm: ,,Mit 17 Profis kommen wir nicht weit, 4 Spieler brauchen wir noch.” Die Frage ist nur: Wer will noch zum FC Bayern? Mit der Bundesliga-Rekordsumme von 80 Mio. Euro für Hernández haben die Münchner ungewollt ein fatales Signal an die Branche gesendet. Wenn der neben Dortmund einzige Global Player des deutschen Fußballs derartige Preise aufrufen kann, dann tut die finanziell besser gestellte Konkurrenz dies auch. Und dann ist gar nichts sicher…

 


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