Akte VfB Stuttgart – Der Klub, der ähnlich wie Bayern sein wollte und scheiterte

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Akte VfB Stuttgart – Der Klub, der ähnlich wie Bayern sein wollte und scheiterte

VfB Stuttgart – Vereinsprofil. Der Klub, der ähnlich wie Bayern sein wollte und scheiterte. Eefolge, Niederlagen, Skandale, Geheimnisse

Der VfB Stuttgart, mit vollem Namen Verein für Bewegungsspiele Stuttgart 1893 e. V., ist ein Sportverein aus dem Stuttgarter Stadtbezirk Bad Cannstatt. Der Verein ist (Stand: Januar 2020) mit 71.500 Mitgliedern einer der 10 größten Sportvereine Deutschlands.

Die Fußballabteilung wurde 2017 in die VfB Stuttgart 1893 AG, die mehrheitlich dem Verein gehört, ausgegliedert. Die 1. Mannschaft der ,,Roten” wurde in der Bundesliga 3-mal Deutscher Meister (1984, 1992, 2007). In der Saison 2019/2020 spielte der Klub in der 2. Bundesliga.

Der VfB Stuttgart wurde vor Einführung der Bundesliga ebenfalls 2-mal Meister – 1950 und 1952. Zudem gewann der Verein 3-mal den DFB-Pokal (1954, 1958, 1997). In der Ewigen Tabelle der Bundesliga belegt der VfB den 5. Platz.

Die Profis des VfB bestreiten ihre Heimspiele in der Mercedes-Benz-Arena im Neckarpark in Stuttgart. Die WM-Arena von 2006 war vor ihrem kompletten Umbau im Jahr 1993 auch Schauplatz der Europapokalfinals 1988 (Landesmeister-Wettbewerb) und 1989 (UEFA-Cup). Sie bietet 60.441 Zuschauern Platz. Der VfB Stuttgart weiß 474 Fanklubs mit 21.000 Mitgliedern hinter sich.3-mal ist der VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga Deutscher Meister geworden. Jedes Mal überraschend, aber nie hat dieser Titelgewinn ausgereicht, um eine Ära zu prägen, um den schwäbischen Traditionsklub nachhaltig in der Spitze der Liga und in Europa zu etablieren.

In Baden-Württemberg gibt es den Slogan ,,Wir können alles. Außer Hochdeutsch.” Im speziellen Falle des VfB Stuttgart muss dieser Spruch umgedichtet werden: ,,Wir können alles. Außer nachhaltig.” Denn die VfB-Erfolge waren vor allem in der Bundesliga immer ,,One Hit Wonder”. Legenden des VfB sehen darin das vielleicht größte Manko auf dem Weg in die absolute deutsche Spitzengruppe. Den VfB hinter dem großen süddeutschen Nachbarn FC Bayern München und Borussia Dortmund oder – schon in den 1980er-Jahren – neben den Bayern und dem Hamburger SV zur oft zitierten ,,dritten Kraft” im deutschen Fußball zu machen, das gelang nie.

Lediglich als der deutsche Fußball nach dem 2. Weltkrieg wieder laufen lernte, stand Stuttgart über mehr als eine Dekade mit 2 Meister- und 2 Pokal-Titeln vor dem damals noch als Emporkömmling eingestuften FC Bayern. ,,VfB“ = Vorbild für Bayern München”, so formte der aus Erfurt zugereiste VfB-Spieler Lothar Weise (DFB-Pokalsieger 1958), 2014 im SWR das Vereinskürzel um, ,,zu unserer Zeit hat  Bayern überhaupt keine Chance gehabt gegen den VfB, das hat sich total geändert.”

Vor allem einer war in Stuttgart hinterher, auf Augenhöhe mit den Bayern zu kommen: Der ehrgeizige Vereinspräsident Gerhard Mayer-Vorfelder. ,,Er war von der Idee beseelt, den Verein auf eine Ebene mit Bayern München zu führen”, glaubt BILD-Reporterlegende Klaus Schlütter, ,,aber er hat es halt nicht geschafft.” Und das, obwohl ,,MV” viel namhafte Spieler und Trainer lockte. Von Christoph Daum über Christian Gross, Arie Haan, Felix Magath, Giovanni Trapattoni bis zu Matthias Sammer – an Glanz hat es dem VfB auf der Kommandobrücke nie gefehlt. Und allzu viel Geld für Stars musste man nicht unbedingt ausgeben, denn viele von ihnen – Fredi Bobic, Mario Gomez, Sami Khedira, Jürgen Klinsmann oder zuletzt Timo Werner – formte man selbst.

Dennoch: Das finanzielle Potenzial, dass die in Stuttgart und Umgebung ansässige Autoindustrie im Sponsoring-Bereich bietet, schöpfe man allenfalls ausreichend aus. Und: Gerade in der Schwächephase des FC Bayern München Anfang der 1990er-Jahre, als man beflügelt von der sensationellen Meisterschaft 1992 im Fahrersitz saß, verpasste man durch Fehler auf der Führungsebene, zum dauerhaften Konkurrenten des Branchenriesen zu werden. Das Geld aus der Champions League ließen die Stuttgarter dümmlich-sträflich liegen.

Klub-Legende Karlheinz Förster sieht in der den Schwaben eigenen Sparsamkeit und in ihrem ewigen Pragmatismus den Grund dafür, dass Stuttgart eben nur ,,Vorbild Für Bayern” und nicht auf Augenhöhe mit den Münchnern. „Beim VfB waren immer wieder Erfolge da, 1984, 1992, 2007, aber man hat es doch nicht geschafft, die Mannschaft im Erfolg richtig zu verstärken”, sagt Förster im Oktober 2014 in einer SWR-Dokumentation, ,,diesen Punkt muss man einfach sehen, deshalb ist auch der VfB nicht so erfolgreich gewesen wie Bayern München.“

Auch nach dem Höhenflug unter Felix Magath 2003/2004 und der Vizemeisterschaft scheute der Verein ein mutigeres Investment und sank schnell wieder ins Mittelmaß zurück. Der Einzug ins DFB-Pokalfinale 2013 blieb der letzte Achtungserfolg.

Was nur wenige wissen… 

Längste Siegesserie: Vom 31. März bis zum 19. Mai 2007 blieb der VfB Stuttgart in insgesamt 8 Spielen ohne Niederlage. Das reichte, um am Ende die 3. Deutsche Meisterschaft in der Fußball-Bundesliga einzufahren.
Höchste Punktzahl: Das mag sich Schwäbisch anhören, aber nie war der VfB Stuttgart besser als in der 2. Liga! In der Saison 1976/77 stürmten Hansi Müller und Co. mit 80 (auf 3 Punkte-Regelung umgerechnet) Zählern und 100:36 Toren zurück ins ,,Oberhaus”.
In der 1. Bundesliga waren es 1991/92 nach 3-Punkte-Wertung 73 Zähler, die die Meisterschaft brachten. Diese Zahl fuhr die Mannschaft von Trainer Christoph Daum allerdings in 38 Saisonspielen ein.
Beste Tordifferenz: Auch die schossen die Stuttgarter beinahe selbstredend in der Rekord-Saison 1976/77 heraus. 100 eigene Treffer bei nur 36 Gegentoren, Differenz von plus 64, ein einsamer Vereinsrekord. Die meisten Tore (22) erzielte dabei übrigens ein gewisser Ottmar Hitzfeld…
Die meisten Siege: 21-mal durften die VfB-Anhänger in der Saison 2006/2007 jubeln, das bedeutete für das Team von Trainer Armin Veh auch die Meisterschaft. In der 2. Bundesliga stellten 24 bzw. 21 Saison-Siege in den Spielzeiten 1976/77 und 2016/2017 die Bestmarke dar.
Die 7 – Glückszahl der Schwaben: 7:0 – Das Rekord-Ergebnis für den VfB in der Bundesliga gab es vier Mal, zuletzt am 18. September 2010 gegen Borussia Mönchengladbach. Zuvor überrollte man 1990/91 Borussia Dortmund sowie 1985/86 Hannover 96 zu Hause und Fortuna Düsseldorf auswärts mit 7:0.
Wettbewerb übergreifend war das 12:0 gegen den Spandauer SV in der 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 1978 der höchste Sieg in der Geschichte des VfB Stuttgart. In den Europapokalen war es das 9:0 gegen Olympiakos Nikosia in der 1. Runde des UEFA-Pokals 1973/74.
Die meisten Tore: Kein anderer VfB-Spieler erzielte mehr Tore als Karl Allgöwer. ,,Knallgöwer” traf insgesamt 129-mal. Vom Elfmeterpunkt hält Krassimir Balakov den VfB-Vereinsrekord. Der Bulgare verwandelte 19 Strafstöße.
Die meisten Tore in einem Spiel: Am 15. März 1986 stellte Jürgen Klinsmann einen Rekord im Trikot des VfB Stuttgart auf. Der Stürmer traf beim 7:0-Auswärtserfolg der ,,Roten” bei Fortuna Düsseldorf 5-mal. Karl Allgöwer und Michael Spieß waren die übrigen Torschützen.
Die meisten Spiele: In der Bundesliga ist Karl Allgöwer mit 338 Einsätzen Rekordhalter, Wettbewerb übergreifend kam nur Hermann Ohlicher mit 457 Spielen auf noch mehr Partien.
Die Torschützenkönige: Schwäbischer Minimalismus. 3-mal (Stand: 2020) stellte der VfB Stuttgart den besten Torjäger der Bundesliga-Saison. 1988 war es Jürgen Klinsmann mit 19 Treffern. Fritz Walter (,,Wo isch mei Kanon?”) reichten im Meisterjahr 1992 gerade mal 22 Treffer, während Fredi Bobic 1996 mit nur 17 Toren vorn war. Das ist – gemeinsam mit Thomas Allofs (1. FC Köln) und Roland Wohlfarth (FC Bayern München), beide 1988/89 – die niedrigste Ausbeute eines Torschützenkönigs in der Bundesliga-Geschichte.
Der ,,Wundermann” ist auch der Rekord-Trainer. Zu den ersten Amtshandlungen des neuen VfB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder gehörte 1976 die Installation von Trainer Jürgen Sundermann. Der knorrige Westfale, zuletzt Profi bei Servette Genf, führte den Verein 1977 zurück in die Bundesliga. Bis heute (Stand: September 2020) saß kein Trainer häufiger auf der VfB-Bank als der als ,,Wundermann” gefeierte Jürgen Sundermann – 143 Spiele!
4-mal 0:6: Dieses Ergebnis steht für die höchsten Bundesliga-Niederlagen des VfB Stuttgart. Allein im 1. Abstiegsjahr 1974/75 musste man 2-mal ein 0:6 hinnehmen, bei Eintracht Braunschweig und beim 1. FC Kaiserslautern. 0:6 hieß es auch in der Saison 1985/86 beim SV Werder Bremen und in der 3. Abstiegssaison 2018/2019, beim FC Augsburg.
Die wenigsten Punkte: Holte der VfB in der Abstiegs-Saison 2018/2019. Nur 28 Zähler reichten zwar für die Relegationsspiele gegen Union Berlin, doch die Köpenicker kegelten die favorisierten Stuttgarter nach 2:2 und 0:0 aus der 1. Liga. Dass der Zweitligist den Erstliga-Vertreter kippt, das hatte es davor zuletzt 2012 gegeben.
Die Horror-Saison: Platz 17, 75 Gegentore, zweitschlechtestes Team der Rückrunde (18 Punkte), 233 Minuten ohne eigenes Tor – und am Ende der 2. Abstieg aus der Bundesliga in der VfB-Vereinsgeschichte. Das war zudem bemerkenswert, als dass man nach 39 Jahren wieder den Weg in die 2. Liga antreten musste. Noch nie war zuvor ein Klub abgestiegen, der so viele Jahren in Folge in der deutschen Fußball-Eliteliga gespielt hatte.

Den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte des VfB Stuttgart stellt die Saison 2006/2007 mit Deutscher Meisterschaft und  Pokalfinale dar – Neben den Bundesliga-Triumphen 1983/84 mit Trainer Helmut Benthaus und 1991/92 unter Christoph Daum. 

Die Mannschaft von Trainer Armin Veh lieferte 2006/2007 eines der ungewöhnlichsten Meisterstücke der Bundesliga-Geschichte. Letzter am ersten Spieltag, Erster am letzten Spieltag – Das war die Gleichung dieses VfB-Erfolgs, der am Ende einer gigantischen Aufholjagd stand. Die Schwaben machten ab dem 20. Spieltag 7 Punkte Rückstand auf Tabellenführer FC Schalke 04 gut und überholten den Revierklub schließlich am 33. Spieltag. Eine unvergessene Spielrunde, spielte sich doch zwischen Dortmund, wo der FC Schalke mit 0:2 (0:1) beim Erzrivalen BVB verlor und Bochum, wo die Stuttgarter mit einem 3:2-(1:2) Erfolg an die Tabellenspitze stürmten, ein episches Bundesliga-Drama ab.

So glücklich die Schwaben und ihre Fans eine Woche später nach dem 2:1-Meisterstück gegen den FC Energie Cottbus waren, so enttäuscht mussten sie nach dem Pokalfinale in Berlin sein. 2:3 verlor der frisch gekürte Deutsche Meister aus Stuttgart gegen den Außenseiter 1. FC Nürnberg in der Verlängerung.

International waren das Erreichen des UEFA-Pokal-Finales 1989 gegen den SSC Neapel und Superstar Diego Armando Maradona und 1998 im Pokalsieger-Pokal gegen das prominente Ensemble des FC Chelsea – 0:1 in Stockholm durch ein Tor von Gianfranco Zola – die größten Erfolge des VfB Stuttgart. Ein Paukenschlag: Die Champions-League-Premiere 2003/2004. Als Vizemeister 2003 hinter dem FC Bayern ins Ziel gekommen, traf das Team von Trainerlegende Felix Magath in der Gruppenphase auf die Glasgow Rangers, Manchester United und Panathinaikos Athen und kam trotz einer Auftaktniederlage in Ibrox (1:2) in dieser Gruppe klar weiter. Absoluter Höhepunkt dieser Gruppenphase war der 2:1-Erfolg der ,,jungen Wilden” um Philipp Lahm und Kevin Kuranyi gegen Manchester United und Fußball-Juwel Cristiano Ronaldo am 1. Oktober 2003. Erst im Achtelfinale erwies sich der FC Chelsea nach 0:1 und 0:0 als zu ausgebufft.

Was nur wenige wissen: Die Cannstatter gehörten auch vor der Einführung der Bundesliga zu den Topteams in Deutschland. 2 ihrer (Stand: 2020) 5 nationalen Meisterschaften holten sie in den ersten Jahren der Nachkriegsära. Deutscher Meister 1950 und 1952 wurde man mit dem überragenden Robert Schlienz in den Endspielen gegen Kickers Offenbach (2:1) in Berlin und gegen den 1. FC Saarbrücken (3:2) im Südwest-Derby in Ludwigshafen. Dazu kamen die DFB-Pokal-Erfolge 1954 gegen den 1. FC Köln (1:0 n. V.), abermals in Ludwigshafen, 1958 in Kassel gegen Fortuna Düsseldorf (4:3 n. V.) und 1997 in Berlin gegen Energie Cottbus (2:0). Der bislang letzte Pokal-Triumph war die Krönung für das als ,,Das magische Dreieck” getaufte VfB-Offensivtrio Krassimir Balakov, Fredi Bobic und Giovane Elber. Erfolgstrainer war der erst 1996 ins Amt gekommene Joachim Löw…

Als Mutter aller fußballerischen Peinlichkeiten des VfB Stuttgart gilt das 0:6 im Bundesliga-Auswärtsspiel beim FC Augsburg am 20. April 2019. Insgesamt 4-mal mussten die Schwaben dieses Ergebnis hinnehmen. Vor heimischer Kulisse gab es für den VfB Stuttgart keine größere sportliche Demütigung als das 0:5 gegen den späteren Deutschen Meister Borussia Dortmund am 16. März 1996.

Auf internationaler Ebene war das 1:2 gegen Leeds United im Entscheidungsspiel zur 2. Runde der Champions-League-Qualifikation am 9. Oktober 1992 im Estadio Camp Nou in Barcelona das Peinlichste, was der VfB jemals angeboten hat. Ein Formfehler und ein zur Strafe verhängtes Wiederholungsspiel gegen den englischen Meister aus Leeds mit Stars wie Erich Cantona, Tony Dorigo oder Gary Speed kostete die Baden-Württemberger Millionen und eine Menge an Ansehen. Vom Meister zur Lachnummer!Diese 10 Persönlichkeiten haben den VfB Stuttgart geprägt – Als Spieler, Trainer und Präsident.

Gerhard Mayer-Vorfelder (1933 – 2015): ,,MV”, der Sonnenkönig vom VfB. Der gebürtige Mannheimer kam 1975 ins Amt des Vereinspräsidenten. Er prägte die Historie der Cannstatter über 25 Jahre. In seine Ägide fallen die größten Erfolge des Vereins mit 2 Deutschen Meisterschaften und 2 europäischen Finals, aber auch der erste Abstieg 1975.

„Ich lasse mir nicht absprechen, dass ich ein Herz für den VfB habe”, warb der Badener Mayer-Vorfelder am Abend seiner Wahl energisch bei den argwöhnischen Schwaben für sich selbst, ,,und dieses Herz habe ich nicht nur heute Abend, dieses Herz habe ich auch, wenn ich nicht gewählt wurde.” Er wurde gewählt und er wurde zu einem der größten Patriarchen der Bundesliga. Manchen war er zu selbstherrlich, anderen zu unberechenbar, wieder andere beschimpften ihn als Trinker. Doch ,,MV” hatte immer nur eins im Sinn. „Für den MV gab es rund um die Uhr nur VfB. Das sein Ein und Alles”, sagt Hansi Müller über ihn, ,,daraus hat er auch abgeleitet, dass er hier der Macher ist und dann kommt erst mal lange nichts, im Falle des Erfolges ist das natürlich gut und wenn Misserfolg da ist, dann gibt es Kritik.” Karlheinz Förster hat eine ähnliche Sichtweise zum legendären VfB-Boss: ,,Insgesamt war es so, dass er der Chef war im Verein und das hat er dann auch eindrucksvoll bestätigt…“

1998 beging der ehemalige Referent des umstrittenen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger den größten Fehler seiner VfB-Karriere. Er entließ den erfolgreichen und taktisch hoch innovativen Trainer Joachim Löw, der ihm angeblich ,,nicht glamourös genug” war. Stattdessen holte er den bei den Fans extrem unbeliebten Erfolgscoach des Erzrivalen Karlsruher SC, Winfried ,,Winnie” Schäfer. Das konnte nicht gut gehen. Die Stuttgarter Anhänger liefen Sturm gegen ,,Wild Winnie” und nach 156 Tagen war der Spuk vorbei.

Als Mayer-Vorfelder 2000 zurücktrat, hinterließ er einen Schuldenberg von umgerechnet 8,3 Mio. Euro.

Robert Schlienz  (1924 – 1995) – Das Idol der Nachkriegsjahre – Wer die Meister- und Pokalsieger-Fotos des VfB Stuttgart aus den Jahren 1950, 1952 sowie 1954 und 1958 sieht, der bleibt immer an dem einarmigen Spieler hängen. Es ist der 3-malige deutsche Nationalspieler Robert Schlienz. Der Stürmer verlor 1948 den linken Unterarm bei einem Autounfall. Schlienz wollte – noch unter dem Eindruck des Todes seiner Mutter – privat zum VfB-Spiel nach Aalen nachreisen. Sein Opel fuhr in ein Schlagloch und kippte um, Schlienz` linker Arm, den er am Autofenster angelehnt hatte, wurde zertrümmert und musste amputiert werden. 4 Monate nach dem Unfall – seine Karriere als Fußballer schien beendet – kehrte Schlienz auf den Platz zurück. In 391 Liga-Spielen für den VfB Stuttgart erzielte er 143 Tore. Nach Karriere-Ende blieb Schlienz durch sein Sportgeschäft in Bad Cannstatt jedem VfB-Fan ein Begriff. Den Unterschied zwischen seiner Fußballer-Generation und den Profis der Moderne erklärte der Zuffenhausener Schlienz einmal so: ,,Wir haben mal ein Freibier bekommen oder 50 Mark bekommen, dafür würden die heutigen Profis nicht mal einen Ball raus schlagen.“

Hansi Müller – Der erste Fußball-Popstar des VfB Stuttgart. Hans Peter Müller, der ,,schöne Hansi”, der Abiturient aus dem Stuttgarter Stadtteil Freiberg. Er wurde zum Poster-Boy der Schwaben und zum zeitlosen Idol. Von der Jugend-Zeitschrift BRAVO gehypt, wurde der Deutsche A-Jugendmeister von 1975 seinem Ruf als größtem deutschen Mittelfeld-Talent seiner Zeit mehr als gerecht. Müller wurde der beste Nachwuchsspieler Europas 1980, Europameister 1980 und Vize-Weltmeister 1982. Seine lockere, umgängliche Art machte ihn zum Fan-Liebling und zum begehrten Interviewpartner. Mit Müller als Regisseur kehrte Stuttgart 1977 triumphal in die Bundesliga zurück. 1977/78 gelangen ihm auf dem Weg in den UEFA-Pokal 14 Treffer in 33 Bundesliga-Spielen. Inter Mailand verpflichtete Hansi im WM-Jahr 1982. Er wurde bei den ,,Nerazzurri” Wegbereiter für andere VfB-Stars wie Jürgen Klinsmann oder Matthias Sammer. Zum VfB kehrte er ab 1999 als Direktor für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zurück. Wenig später formierte er die Opposition gegen den allmächtigen Präsidenten Mayer-Vorfelder. Als Aufsichtsrat war er von 2011 bis 2015 für seinen Herzensverein tätig. ,,Der VfB hat eine große Tradition, das weiße Trikot mit dem roten Brustring ist etwas ganz Besonderes“, erklärt Müller die Faszination VfB.

Hansi Müller hat aber auch einen nicht zu unterschätzenden Humor. 1995 spielte er für Fritz Egners Sendung Versteckte Kamera (SAT1) den Lockvogel und fädelte dabei vor laufender Kamera einen angeblichen Transfer von Bayern-Star Ciriaco Sforza  zu Inter Mailand ein…

Guido Buchwald – Der Weltmeister. ,,Diego” nennen sie ihn nicht nur im Ländle. Guido Buchwald hat sich diesen Spitznamen durch seine Glanzleistung im WM-Finale 1990 gegen Argentinien und Superstar Diego Armando Maradona redlich verdient. Der gebürtige Berliner kam – wie auch Karl Allgöwer, Fredi Bobic oder Jürgen Klinsmann – vom Stadtrivalen Stuttgarter Kickers aus Degerloch zu den Cannstattern. Buchwald wurde 2-mal mit dem VfB Deutscher Meister. 1992 köpfte er im unvergessenen ,,Fotofinish zu Dritt”, im Fernduell um den Titel mit Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt, in Leverkusen das alles entscheidende 2:1 für die Stuttgarter. Es war das Tor zur Meisterschaft. 2007 durfte er seinem Nachfolger Fernando Meira die Meisterschale überreichen. Ab 2011 arbeitete Buchwald auch als Scout für den VfB.

Jürgen Klinsmann – Der Sonnyboy. Kaum ein anderer Spieler galt über einen so langen Zeitraum als ,,Gesicht” des VfB Stuttgart wie der Blondschopf aus Göppingen. 1988 wurde Klinsmann als erst 2. Spieler des VfB nach Karlheinz Förster (1982) ,,Fußballer des Jahres” in Deutschland. Er erzielte per Fallrückzieher gegen den FC Bayern München (3:1) das ,,Tor des Jahres” 1987 in der ARD und markierte 5 Treffer in einem Bundesliga-Spiel der ,,Roten”, beim 7:0 in Düsseldorf (1986). Klinsmann holte mit Stuttgart zwar keinen Titel, dennoch war er mit 4 Treffern aus 8 Spielen maßgeblich am größten internationalen Erfolg beteiligt, dem UEFA-Cup-Final-Einzug 1989 gegen den SSC Neapel. Am 1. Juli 1989 zahlte Inter Mailand eine Ablöse von umgerechnet 6,5 Millionen Euro für den Stürmer. Gemeinsam mit Giovane Elber, der 1997 bei seinem Wechsel zum FC Bayern die gleiche Summe erzielte, war Klinsmann damit für mehr als eine Dekade teuerster Export der Schwaben. Erst Kevin Kuranyi (2005) übertraf diesen Rekord bei seinem Transfer zum FC Schalke 04 um 400.000 Euro.

Jürgen Sundermann – Der ,,Wundermann”. Der Erfolgscoach der späten 1970er-Jahre trainierte den VfB gleich 3-mal. 1976 bis 1979, 1980 bis 1982 und noch einmal interimsmäßig 1995. Aber: Nie war mehr ,,Wundermann” in Stuttgart als in der ersten Amtszeit des gebürtigen Westfalen. Sundermann führte den Traditionsklub aus Baden-Württemberg 1977 erst zurück in die Bundesliga, dann auf Rang 4 und in den UEFA-Pokal, wo man bis ins Achtelfinale kam. Aus 209 Pflichtspielen holte Sundermann 114 Siege und 41 Remis. Kein VfB-Trainer, der mindestens 20 Spiele im Amt war, kann einen besseren Punkteschnitt vorweisen – 1,94! „Sundermann hatte immer einen guten Spruch auf den Lippen, obwohl er extrem streng war“, charakterisiert Karlheinz Förster den Erfolgscoach. Auch Sundermanns 2. Amtszeit 1980 bis 1982 konnte sich sehen lassen. Hinter dem FC Bayern und dem HSV wurde man Dritter.

Karl Allgöwer – ,,Knallgöwer”, der Torschütze vom Dienst. Der ,,Wasen-Kalle” war so etwas wie die schwäbische Antwort auf ,,Killer-Kalle” Rummenigge beim FC Bayern. Gemeinsam wurden diese beiden Torjäger der 1980er-Jahre in Mexiko 1986 Vize-Weltmeister. Der passionierte Freistoßschütze ist sowohl Rekord-Torschütze als auch Rekord-Spieler des VfB Stuttgart in der Bundesliga. Seine Ausbeute: 129 Treffer aus 338 Einsätzen. Dazu kommen noch 116 Zweitliga-Spiele für seinen ersten Profiklub, Stuttgarter Kickers. Der Versuch von VfB-Trainer Egon Cordes (,,Ekel-Egon”), den Publikumsliebling 1986/87 als Querulant abzustempeln und raus zu mobben, misslang. Die Fans, aber auch die Medien stellten sich auf die Seite Allgöwers, der unter Cordes' Nachfolger Arie Haan wieder zur alten Form zurückfand. 4 Tore in 11 UEFA-Cup-Spielen und 12 Buden in der Bundesliga-Saison 1988/89 zeigten, wie wertvoll ,,Knallgöwer” für den Klub war. Am 33. Spieltag der Saison 1990/91 nahm er beim 2:0-Heimerfolg vor 41.000 Zuschauern im Neckarstadion einen triumphalen Abschied vom VfB.

Felix Magath – Er erfand die ,,jungen Wilden”. ,,Hallöle, Magath wieder da” – so titelte BILD Stuttgart im Februar 2001 bei der Vorstellung des etatmäßigen ,,Retters” Felix Magath. Im Jahr zuvor hatte der Coach Eintracht Frankfurt vor dem sicheren Abstieg gerettet. Nun also die Schwaben. Magath gelang es, den abgewirtschafteten und auf Rang 17 stehenden VfB zu stabilisieren und vor dem Sturz in die 2. Liga zu bewahren. Ein Freistoßtor von Krassimir Balakow (90.) gegen den Titel-Anwärter FC Schalke 04 sorgte am 33. Spieltag 2001 für unbeschreibliche Jubel-Szenen im Gottlieb-Daimler-Stadion und für die vorzeitige Rettung. Magath baute in der Folgezeit ein Team aus jungen, hungrigen Spielern auf, ergänzt mit erfahrenen Legionären wie Marcelo Bordon oder Zvonimir Soldo. Die ,,jungen Wilden” stürmten 2002/2003 sensationell zur Vizemeisterschaft und qualifizierten sich direkt für die Champions League. Mit dem von Bayern München ausgeliehenen Philipp Lahm, dem Wormser Torhüter Timo Hildebrand, Andreas Hinkel und Sturm-Juwel Kevin Kuranyi gelang den Schwaben in der ,,Königsklasse” ein Paukenschlag. 2:1 gegen Manchester United und Sprung ins Achtelfinale. Die ,,jungen Wilden” hatten ihr Glanzstück abgeliefert! Bis 2004 blieb Magath beim VfB, ehe er von Bayern München abgeworben wurde.

Karlheinz Helmut Förster – Erster Meisterkapitän in der Bundesliga. Der ,,Eisenfuß vom Odenwald”, der ,,Treter mit dem Engelsgesicht” – Egal, wie Karlheinz Förster auch genannt wird, er und sein älterer Bruder Bernd prägten beim VfB eine Ära. Karlheinz Förster spielte von 1976 bis 1986 für das Team mit dem roten Brustring. Er galt als hart, aber fair. Förster war 1984 der erste Kapitän des VfB Stuttgart, der in der Bundesliga-Ära die Meisterschale in Empfang nehmen durfte. Auch war Förster 1982 der erste Spieler in Diensten des VfB, der die Auszeichnung ,,Fußballer des Jahres” in Deutschland erhielt. Olympique Marseille zahlte 1986 umgerechnet 1,7 Millionen Euro für den beinharten Abwehrspieler. Von März 1998 bis Januar 2001 war Karlheinz Förster auch Manager des VfB Stuttgart.

Sami Khedira – Weltmeister, Botschafter und Meister-Torschütze. Der gebürtige Stuttgarter erzielte am 19. Mai 2007 das bislang (Stand: 2020) letzte Meister-Tor für den VfB. Khediras Treffer zum 2:1-Endstand gegen Energie Cottbus sicherte den Schwaben die 3. Meisterschaft in der Bundesliga. Ab 1995 beim VfB Stuttgart ausgebildet, war Sami Khedira ein Paradebeispiel für die exzellente Talentförderung der Cannstatter. 2006 holte ihn Armin Veh mit 19 in den Profi-Kader, Nach der WM 2010 (Dritter) avancierte Khedira mit einer Ablöse von 14 Millionen Euro, die Real Madrid an den VfB zahlte, zum bis dahin zweitteuersten Abgang der Vereinsgeschichte. Nur sein langjähriger Teamkollege Mario Gomez – wie Khedira eine Identifikationsfigur der 2000er-Jahre beim VfB – war mit 30 Mio. Euro bei seinem Wechsel zum FC Bayern (2009) noch teurer. 2013 wurde der defensive Mittelfeldspieler in Nürnberg zum ersten ,,Deutschen Fußball-Botschafter” gekürt. Ein Jahr später war Sami Khedira mit Deutschland Weltmeister.Mit diesen 5 Spielern und Trainern war beim VfB Stuttgart nicht gut Spätzle essen…

Thorsten Legat – Ein Rassist beim VfB? Der Proll-Profi aus dem Ruhrgebiet (,,Wie sind Sie zum Bodybuilding gekommen?” – ,,Immer Castroper Straße rauf!”) kam 1995 zum VfB Stuttgart. In 4 Jahren machte der Abräumer nur 40 Bundesliga-Spieltag für die ,,Roten”. Legat stolperte über einen rassistischen Vorfall. Er kritzelte unter ein Sponsoren-Plakat mit dem trinkend zu sehenden farbigen VfB-Spieler Pablo Thiam das Wort ,,Negersaft”. Eine Schriftprobe überführte ihn. Der VfB kündigte ihm Ende 1999 fristlos.

Jens Lehmann – ,,Mad Jens” im Schwabenländle. Die Entscheidung, seinen Ein-Jahres-Vertrag beim VfB Stuttgart 2009 noch einmal zu verlängern, war keine gute. Mit dem Vize-Weltmeister zwischen den Pfosten rutschte der VfB in die Abstiegszone und Lehmann leistete sich – wie zuvor schon in Dortmund – unfassbare Aussetzer. Am Münchner Flughafen bettelte er einen DSF-Reporter um 5 Euro an (,,Ich habe Hunger und würde mir gern etwas zu essen kaufen”). Absoluter Slapstick: Nach einem 1:1 bei Mainz 05 im Dezember 2009 klaute Lehmann einem am Tribünen-Aufgang des Bruchweg-Stadions stehenden Fan seine Brille. Der VfB-Anhänger hatte ihn zuvor gebeten ,,doch einmal normal” zu sein…

Danijel Ljuboja – Synonym für einen Transfer-Flop. Der VfB Stuttgart hat sicher nicht wenige Spieler in seinen Reihen gehabt, die hinter den Erwartungen zurückblieben und dann schnell von Fans und Medien zum ,,Transfer-Flop” abgestempelt wurden. Danijel Ljuboja war der Prototyp eines solchen Spielers. Der Serbe, 2005 von Paris St.-Germain für 2 Mio. Euro geholt, verlangte plötzlich das doppelte Gehalt und kritisierte den Verein öffentlich. Nach einem Jahr gab der ,,HSV des Südens” den Problem-Profi an den richtigen HSV ab. Doch auch in Hamburg holte sich Ljuboja schnell das Etikett des Transfer-Flops…

Kevin Großkreutz – Der Alpha-Kevin. Spieler aus dem Ruhrpott beim VfB Stuttgart? Das endete oft tragisch. Nach dem Bochumer Legat und dem Essener Lehmann erlebte auch Weltmeister Kevin Großkreutz beim VfB eine unglückliche Zeit. Der gebürtige Dortmunder kam im Januar 2016 an den Neckar. Zuvor hatte er Galatasaray Istanbul ohne ein einziges Spiel wieder verlassen. In Stuttgart ging der Horror-Trip für den Deutschen Meister der Jahre 2011 und 2012 weiter. Abstieg aus der Bundesliga 2016 und nach dem letzten Heimspiel gegen Mainz 04 (1:3) brauchten Großkreutz, Christian Gentner und Co. Polizeischutz. Am 2. März 2017 kam das ,,Aus” für den Alpha-Kevin in Stuttgart. Im Anschluss an einen Ausflug mit VfB-Jugendspielern in ein Stuttgarter Rotlicht-Lokal war der Ex-Nationalspieler in eine Schlägerei geraten. Der VfB Stuttgart löste seinen Vertrag unverzüglich auf. Auf einer Pressekonferenz kündigte Großkreutz unter Tränen an, sich vorübergehend aus dem Profifußball zurückziehen zu wollen. Bis zu seinem Engagement bei Darmstadt 98 hielt sich der gefallene Fußball-Held bei der 2. Mannschaft von Borussia Dortmund fit.

Winfried Schäfer – ,,Wild Winnie” oder ,,Mein Feind, der Trainer”. Kein anderer VfB-Coach kam unter schlechteren Vorzeichen nach Stuttgart als ,,Wild Winnie” Schäfer. Der temperamentvolle Trainer, der den Erzrivalen Karlsruher SC 1994 bis ins UEFA-Cup-Halbfinale geführt hatte und der den stolzen ,,Roten” mit den Badenern die Nummer 1 im Ländle abspenstig machen wollte, wurde vom mächtigen Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder gegen jede Logik verpflichtet. Als Nachfolger des erfolgreichen und immens beliebten Joachim Löw hatte Schäfer in Stuttgart keine Chance. Die Fans hatten ihm seine Sprüche gegen den VfB („Wir haben keinen Daimler, der uns ein Stadion baut“) nicht verziehen. Dass er sich in einer Pressekonferenz in Karlsruhe über den Wechsel-Lapsus von Christoph Daum 1992 in Leeds amüsierte, war ebenfalls Gift für die Beziehung Trainer – Fans. Selbst ein 2:1 zum Bundesliga-Auftakt 1998/99 gegen die hoch eingeschätzten Dortmunder und das ,,Wunder von Rotterdam” im UEFA-Cup bei Feyenoord (3:0 nach 1:3 im Hinspiel) konnte die Wogen nicht glätten. Ab dem 3. November 1998 gewann Schäfer mit dem VfB kein Spiel mehr und am 1. Dezember musste er nach einem 0:3 im Pokal-Achtelfinale beim FC Bayern München gehen.

Ein Meister unter Dopingverdacht, Daums erster Skandal und der letzte König von Stuttgart…

Der Verein für Bewegungsspiele aus Stuttgart musste sich gerade in der jüngeren Klub-Geschichte den wenig schmeichelhaften Spitznamen ,,Verein für Blamagen” oder gar ,,Der HSV des Südens” anheften lassen. Im braven Schwabenländle ging so einiges schief. Aber auch als Meister geriet man in die Negativ-Schlagzeilen. 

  1. Ein ,,Meister wie gedopt”? Böse Vorwürfe gegen den VfB Stuttgart im Frühjahr 2015. Dass gegen den in der Bundesliga tief im Abstiegskampf steckenden schwäbischen Traditionsklub und gegen seinen badischen Nachbarn SC Freiburg Doping-Anschuldigungen öffentlich werden, hat gerade noch gefehlt! DIE WELT spricht am 2. März 2015 in ihrer Ausgabe von einem ,,Dopingskandal bisher ungeahnten Ausmaßes” und meint damit die Ermittlungen gegen Professor Armin Klümper, den vermeintlichen ,,Doping-Papst” der Universitätsklinik Freiburg. Stuttgarts mächtiger Vereinspräsident Gerhard Mayer-Vorfelder hat ihm 1977 eine Professur verschafft. Ein ,,Geschmäckle”, wie man im Schwäbischen sagen würde… Die so genannten ,,Klümper-Akten” zeigen später in einem abgeschlossenen Betrugsverfahren, dass dem damaligen Leiter der Sporttraumatologischen Spezial-Ambulanz ein ,,sicherer Befund über Anabolika-Doping im Profifußball” nachzuweisen sei. ,,In den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren”, so die Evaluierungskommission um Andreas Singler, ,,ist beim Bundesligaverein aus Stuttgart Doping in größerem Umfang, wenn auch nur punktuell nachweisbar.” Betroffen sei auch der badische Nachbar SC Freiburg, der in dieser Zeit in der 2. Bundesliga spielte. Beweisbar ist laut Singler auch geplantes, vom Bund der Radfahrer finanziertes Minderjährigen-Doping. Ein Sumpf. Aber: ,,Eine Zuordnung von Medikationen an einzelne, konkret zu benennende Spieler ist nach Auswertung der Akten nicht möglich.” Ross und Reiter können also nicht genannt werden. Einziges, sehr vages Indiz ist ein Satz von Vize-Weltmeister Karlheinz Förster (,,Wenn's Spitz auf Knopf ging, da haben wir gesagt: Mensch, Professor, ich muss am Samstag wieder ran!”). Beim VfB Stuttgart bleibt man ob der Vorwürfe gelassen. ,,Festzustellen ist, dass Professor Klümper zu keinem Zeitpunkt Vereinsarzt des VfB Stuttgart war”, heißt es in einer vom Verein herausgegebenen Stellungnahme. Man könne ,,nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht nachvollziehen, worauf die Vorwürfe fußen bzw. ob und wenn ja in welcher Form sie zutreffend sind”, teilte der Bundesligist weiter mit. Es bleibt also nebulös. Klümper wird keine Auskunft mehr geben können. Der Mediziner starb 2019 in Südafrika, wohin er bereits 1998 ausgewandert war.
  2. Der Tag, an dem Christoph Daum sich einmal verzählte… Er machte den VfB Stuttgart 1992 erst zum Sensations-Meister in der Bundesliga, dann zur Lachnummer in Europa. VfB-Trainer Christoph Daum schien offenbar mit dem UEFA-Regelwerk nicht sonderlich vertraut, als ihm der Fehler unterlief, der das Ende seiner Karriere in Stuttgart einleiten sollte. Eigentlich war alles klar. 3:0 hatte der VfB das Stuttgarter Hinspiel gegen Leeds United gewonnen und das Auswärtstor von Andreas Buck zum 1:1 rettete trotz des 1:4 im Rückspiel am 30. September 1992 an der Elland Road die Chance aufs Champions-League-Geld. Nächster Gegner wäre der schottische Rekordmeister Glasgow Rangers gewesen… Dann die 83. Minute. Christoph Daum wechselte Maurizio Gaudino aus und brachte mit Jovica Simanic einen 4. Ausländer. Mit dem Serben Slobodan ,,Bobo” Dubajic, dem Schweizer Adrian Knup und dem Isländer Eyolfur ,,Jolly” Sverrisson standen bereits 3 ausländische VfB-Spieler auf dem Platz. Erlaubt waren – lange vor Bosman – aber nur 3. Die UEFA ordnete ein Entscheidungsspiel in Barcelona an, das die Schwaben prompt mit 1:2 verloren. Aus der Daum!
  3. Abstiegskampf und ,,Affentanz” – Retter Huub Stevens muss 2-mal her. Der VfB Stuttgart geriet nach der Saison 2011/2012 immer mehr in einen sportlichen Abwärtsstrudel. Dem 12. Tabellenplatz 2012/2013 inklusive Pokalfinale (2:3 gegen den FC Bayern in Berlin) folgten 2 absolute Zitter-Spielzeiten, in denen man mit Rang 15 und 14 jeweils nur knapp dem Abstieg entkam. In dieser Phase entwickelte sich der VfB vollends zur Trainerschleuder und zum ,,HSV des Südens”. Bruno Labbadia (,,Wir Bundesliga-Trainer sind nicht die Mülleimer von allen Menschen”), der den Verein ins Pokalendspiel geführt hatte, musste am 26. August 2013 gehen. Sein Nachfolger, der spätere DFB-Assistenztrainer Thomas Schneider, hielt sich nur bis März 2014 im Sattel. Unter seiner Regie gab es zwischen dem 14. Dezember 2013 und dem 2. März 2014 mit 8 Niederlagen in Folge die längste Pleiten-Serie (Stand: September 2020) der Klub-Historie. Mit dem Niederländer Huub Stevens stellte der VfB am 10. März 2014 einen erfahrenen Mann vor, der den taumelnden schwäbischen Vorzeigeklub vor dem Abstieg rettete. Ein Jahr später das gleiche Bild: Stuttgart spielte unter dem zurück geholten Meister-Coach Armin Veh unterirdisch. Absolut peinlich war die Entlassung von Sportdirektor und Klub-Idol Fredi Bobic während der Auswärts-Reise zu Borussia Dortmund (2:2) am 24. September 2014. Und sportlich so? 16-mal belegte die Mannschaft den 18. und letzten Tabellenplatz. Als Stevens am 25. November 2014 erneut als ,,Retter” engagiert wurde, stand der VfB mit 9 Punkten auf dem letzten Tabellen-Rang. Eine Bankrotterklärung für den Verein, der vor der Saison für 10 Millionen Euro neue Stars, u. a. den früheren Dortmunder Daniel Ginczek und den Serben Filip Kostic vom FC Groningen, verpflichtet hatte. Der ,,Knurrer von Kerkrade” änderte in der Abstiegsnot sein System, stellte von seinem bekannten ,,Die Null muss stehen”-Defensivsystem auf Schwaben-Power um. Mit den 4 Offensivspielern Ginczek, Martin Harnik, Daniel Didavi und Alexandru Maxim kam Stuttgart in der Saison-Schlussphase wieder in Schwung. Stevens griff aber auch zu unsauberen Tricks. Er beschimpfte seine Spieler im Training (,,Ihr seid Affen, Affen seid ihr”) und stachelte sie damit zu Höchstleistungen im ,,Abstiegs-Endspiel” gegen den HSV (2:1) am 33. Spieltag an. Dem Siegtor von Martin Harnik ließen die Spieler als Jubel-Akt ebenso einen improvisierten ,,Affentanz” folgen wie eine Woche später, nach dem hoch dramatischen 2:1 im nächsten und entscheidenden direkten Duell in der Benteler-Arena beim SC Paderborn. Eine glückliche Rettung. Bis zur 72. Minute des letzten Spieltags war der VfB Stuttgart zum 2. Mal nach 1975 abgestiegen! ,,Wir standen die gesamte Saison zu Recht da unten”, sagte Top-Torjäger Martin Harnik (9 Treffer) nach Saisonende in einem Kicker-Spezial, ,,und am Ende standen wir zu Recht überm Strich. Wir haben es verdient, weil wir, als es um alles ging, alles gezeigt haben.” Stevens hatte den VfB 2-mal gerettet – und musste zum 2. Mal gehen. Aufsichtsratsmitglied Hansi Müller hatte schon lange vorher ausgeplaudert, dass zur Saison 2015/2016 mit Alexander Zorniger ein neuer Trainer kommen würde. Auch das passte zur Achterbahn-Saison des VfB! ,,Nach dem Saisonfinale ernannte mich die BILD mit einer Schlagzeile zu Huub, dem Ersten, König von Stuttgart”, erinnert sich der Niederländer Jahre später in seiner Biographie Niemals aufgeben (Verlag: DIE WERKSTATT), ,,in dem Artikel war ein Denkmal von mir abgebildet. Das war natürlich typisch BILD, aber dennoch lustig.”

Der VfB Stuttgart hat in seiner langen Vereinsgeschichte kuriose Fakten anzubieten – auf und außerhalb des Rasens. Hier sind 10 Fun-Facts rund um den VfB Stuttgart.

Das jüngste Team wird Meister – Mit dem im Schnitt jüngsten Team feiert der VfB 2006/2007 die 5. Deutsche Meisterschaft seiner Klub-Historie. Die ,,jungen Wilden 2.0″ kommen auf einen Altersschnitt von 24,8 Jahre.

0:1 und dennoch Jubel  – Verkehrte Welt in der Arena von Hannover. Am 33. Spieltag der Zweitliga-Saison 2016/2017 jubeln nicht nur die Niedersachsen nach dem 1:0 von Felix Klaus (40.), sondern auch die unterlegenen Stuttgarter. Sie feiern mit ihren zahlreichen mitgereisten Fans hüpfend vor der Gästekurve. Denn sie wissen: Durch die zeitgleiche 0:6-Klatsche von Konkurrent Eintracht Braunschweig ist ihnen der direkte Wiederaufstieg bei 3 Punkten Vorsprung und der um 10 Treffer besseren Tordifferenz nicht mehr zu nehmen. Hannover steigt mit auf.

Die Sache mit der Schale – Offenbar hat Fernando Meira bei den vorangegangenen Meisterfeiern des FC Bayern in den Jahren 2005 und 2006 nicht oder nicht genau hingeschaut. Als der Kapitän des VfB Stuttgart am 19. Mai 2007 aus der Hand von Klub-Idol Guido Buchwald die Meisterschale erhält, nimmt er die ,,Salatschüssel” (Paul Breitner) falsch herum in beide Hände, reckt sie minutenlang mit der Rückseite nach oben. Die ,,verdrehte Schale” ist folglich auf vielen VfB-Meisterfotos zu sehen. Der letzte Meister-Kapitän, dem dieses Missgeschick passierte, war exakt 40 Jahre zuvor Braunschweigs Joachim Bäse.

Spott für den Torlos-Stürmer: Vedad Ibisevic ist 2012 für 4,5 Mio. Euro vom badischen Rivalen 1899 Hoffenheim zum VfB Stuttgart gewechselt. Die Erwartungen an den bosnischen WM-Teilnehmer von 2014 sind hoch. Erfüllen kann er sie mit 33 Toren in 86 Bundesliga-Spielen ganz gut. Doch im Januar 2014 beginnt für den Top-Verdiener im Stuttgarter Kader eine nicht enden wollende Tor-Flaute. Ein Ermüdungsbruch und Ladehemmung vor der Bude sorgen dafür, dass Ibisevic bis zum Ende seiner Zeit beim VfB im August 2015 (!) ohne Torerfolg bleibt. Das treibt die Fans schon Anfang 2015 zu ungewöhnlichen Hilfsangeboten für das Team. ,,Darf ich bitte mitspielen? Ich bin nicht schlechter als Ibisevic” – Dieses berühmt gewordene Plakat reckt der VfB-Anhänger ,,Giallorenzo” beim Bundesliga-Heimspiel gegen den FC Bayern München (0:2) am 7. Februar 2015 in die Höhe – und landet damit in der SPORT BILD. Ibisevic ist blamiert.

Der Rückrunden-Gomez: Mit Rückkehrer Mario Gomez holt der VfB Stuttgart in der Rückserie der Bundesliga-Saison 2017/2018 als Aufsteiger 31 Punkte und wird zweitbestes Rückrunden-Team hinter Meister FC Bayern München. Dass es die Schwaben wie 1977 als Rückkehrer in den Europapokal schaffen, verhindert nur der Südwest-Rivale Eintracht Frankfurt, der den FC Bayern im Pokalfinale mit 3:1 schlägt. Mario Gomez, der ,,King of Cannstatt”, vom VfL Wolfsburg zum VfB zurückgeholt, erzielt in 16 Rückrunden-Spielen 8 Treffer.

Das endlose Elfmeterschießen: Nicht das Hornberger Schießen, sondern das Elfer-Schießen von Sandhausen bringt den VfB Stuttgart – neben 3 Pokal-Titeln – auch im DFB-Pokal in die Geschichtsbücher. Das 14:15 nach Elfmeterschießen am 27. August 1995 beim SV Sandhausen ist der längste Elfmeter-Krimi aller Zeiten. Nach Verlängerung stand es 2:2 (1:1) durch Tore von Krassimir Balakov und Fredi Bobic für Stuttgart. Matthias Bernhardt und der frühere Pirmasenser Slavisa Stalatovic trafen für die Kurpfälzer. Im Elfmeterschießen verwandelten 24 Schützen in Folge – dann verschoss Stuttgarts Henrik Herzog.

2-mal Energie, bitte! 1997 bezwangen die Schwaben den FC Energie Cottbus mit 2:0 im Pokalfinale von Berlin. Exakt 10 Jahre später holten sie sich mit einem 2:1-Heimerfolg gegen die Lausitzer auch den Deutschen Meistertitel. Kurios!

36 Kilometer – Stuttgarts Silas Wnagituka war mit einem Top-Speed von 36 km/h der schnellste Stürmer in der 2. Liga 2019/2020.

Sie konnten alles – außer Meistercup. Der Europapokal der Landesmeister und die 1992 neu eingeführte Champions League zählten bis 2003 definitiv nicht zu den bevorzugten Wettbewerben des VfB Stuttgart. Als Deutscher Meister 1984 scheiterte man in Runde 1 am bulgarischen Titelträger Levski Sofia (1:1 / 2:2), der Wechsel-Fehler und das 1:2 im Entscheidungsspiel 1992 gegen Leeds United sind eine eigene Geschichte…

Fredi  Bobic nach Noten – Das ,,magische Dreieck” des VfB Stuttgart verzauberte 1996/97 die Fans. Das trieb die Marketing-Strategen an. Unter dem Titel ,,Das tragische Dreieck” griff das Stuttgart-Trio Fredi Bobic, Gerhard Poschner und Marco Haber) zum Mikrofon. Mit der Single Steh auf (eo amama eo) versuchte man sich im Schwaben-Hip-Hop. Das ging schief. Besser machten es Jahre später ,,Die fantastischen Vier” – ,,HSV, VfB, olé, olé” Immerhin: Die Süddeutsche Zeitung wählte die Scheibe auf Platz 3 der Bundesliga-Hitparade, hinter Jean-Marie Pfaffs Bekenntnis ,,Jetzt bin ich ein Bayer” und Petar Radenkovics Gassenhauer ,,Bin I Radi, bin I König.” Aber noch vor Gerd Müllers ,,Dann macht es bumm” und Kevin Keegans Disco-Nummer ,,Head over Heels in Love”.

Promi-Fans: Wer in der Schwaben-Metropole ,,in” sein will, der hält es mit dem VfB Stuttgart. So gehören der Schauspieler Walter Sittler, TV-Moderator Guido Cantz (,,Verstehen Sie Spaß?”), Entertainer Harald Schmidt (obwohl, ihn sah man auch schon im Bayer-Leverkusen-Outfit…), Die Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier (spielten 2007 zur Meisterfeier am Stuttgarter Schlossplatz) und der Grünen-Politiker Cem Özdemir zu den Edel-Fans der ,,Roten”.

Infos umfassen: Alter der Spieler, Einsätze, Gespielte Minuten, Gegentore, Zu Null gespielt, Einwechselungen, Auswechselungen, Gelbe Karten, Rote Karten, Ampelkarten.