Bundesliga: Dieser BVB-Star lebt von Hartz IV
Er gehört zu den Fußballprofis, die ganz oben sind – und dann ganz schnell ganz tief stürzen. Günter Breitzke (52), einst Shooting-Star bei Borussia Dortmund, lebt heute auf 28 Quadratmetern und weitab vom Glamour.
Am 25. Juli jährt sich einer der größten Tage in der Fußballkarriere des Günter Breitzke zum 30. Mal. Der Mittelfeldspieler erzielt 1989 im DFB-Supercup-Finale zwischen Pokalsieger Borussia Dortmund und Meister FC Bayern München in Kaiserslautern (4:3) 2 Tore für den BVB.
4 Wochen zuvor hat er mit der Borussia mit 4:1 im DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen triumphiert – und den Schwarz-Gelben den ersten Titel seit dem Europapokalsieg 1966 in Glasgow gegen den FC Liverpool beschert. Der Empfang der ,,Helden in Ringelsocken”, wie die BVB-Sieger aufgrund der in Berlin aufgetragenen Nostalgie-Stutzen genannt werden, ist ein Stück Dortmunder Stadtgeschichte.
Fußball-Deutschland liegt Günter Breitzke und dem ,,neuen” BVB – zu diesem Zeitpunkt ahnen nur Berufsoptimisten, dass der Revierklub sich zum erfolgreichsten und populärsten deutschen Verein hinter Bayern München aufschwingen wird – zu Füßen.Sogar die WM-Teilnahme 1990 scheint in diesen Tagen für den gebürtigen Kölner Breitzke kein Traum mehr zu sein.
Franz Beckenbauer, der DFB-Teamchef, zeigt sich ,,begeistert” von den Auftritten des Bundesliga-Rookies gegen Bremen und gegen die Bayern, der im Mittelfeld der Dortmunder so glänzend mit Superstar Andy Möller harmoniert. Zur WM 1990 nach Italien fährt jedoch nur Möller…
Im Sommer 1991 beginnen die Dinge in Dortmund für Breitzke schlechter zu werden. Der neue BVB-Coach Ottmar Hitzfeld, der Pokalsieger-Coach und Breitzke-Entdecker Horst Köppel ablöst, setzt nicht mehr auf den Mittelfeldspieler. Hat Breitzke 1990/91 noch 24 Liga-Spiele für den BVB gemacht, so sind es in der Vizemeister-Saison 1991/92 nur 12 von 38 möglichen Spielen.
Mit dem Abschied von Borussia Dortmund beginnen für Breitzke eine Klub-Odyssee – und der langsame Abstieg in die Armut und in die Anonymität. Diese durchbricht er heute nur dann, wenn er mit der BVB-Traditionsmannschaft (u. a. mit den 1989 als Pokalsiegern bejubelten Michael Lusch, Frank Mill oder Michael Rummenigge) unterwegs ist.Fortuna Düsseldorf, damals in der 2. Liga, der damals drittklassige Wuppertaler SV und die beiden rheinland-pfälzischen Oberlisten SpVgg Wirges und SF Eisbachtal – falls es mal bei Jauch gefragt wird: Es ist der Ex-Klub von Roman Weidenfeller – sind Breitzkes weitere Stationen.
1995/96 macht Breitzke bei den Wuppertalern noch einmal 33 Spiele in der Regionalliga West-Südwest (entspricht der heutigen 3. Liga). Doch da steckt er schon längst in der Schuldenfalle. Breitzke, 1988 für den Schnäppchenpreis von umgerechnet 11.500 Euro vom Kölner Amateurklub SC Brück zum BVB geholt, ist der Sohn eines Jockeys und kennt die eigentümliche Atmosphäre der Pferde-Rennbahnen seit seiner Kindheit. In seiner Zeit bei Borussia Dortmund wird er häufig auf der Rennbahn in Wambel oder in der Spielbank in Hohensyburg gesichtet. Während die übrigen BVB-Stars wie Thomas Helmer, Andreas Möller oder Frank Mill nach Spielen in der Regeneration oder bei der Massage weilen, verwettet Breitzke hohe Summen. Bereits 1991 muss BVB-Managerlegende Michael Meier eingreifen. Er beschafft dem bereits zu diesem Zeitpunkt hoch verschuldeten Zocker Breitzke ein Bank-Darlehen. Dass Meier den Problem-Profi unter Beobachtung stellen wird, ist das Ende für Günter Breitzke bei Borussia Dortmund. Er lehnt diese Bewachung ab.
,,Es ist ganz klar, dass alle Beteiligten nicht zufrieden sein können mit dem, was aus Günter Breitzkes Karriere wurde”, sagt Michael Meier dem Kicker-Sportmagazin (Montag-Ausgabe), ,,ich habe damals nicht gewusst, was Spielsucht wirklich bedeutet. Wir hätten ihm ganz sicher viel intensiver helfen müssen. Es hatten beide verloren – der Spieler und der Verein.”
Und der Spieler Breitzke ist seit seinem Abschied vom aktiven Fußball 1999 bei Alemannia Aachen ohne Job. Er lebt von Hartz IV, ohne Familie, in einer 28 Quadratmeter kleinen Wohnung in Köln-Stammheim. Irgendwo, in einer Hochhaussiedlung. Er schläft auf der Couch. Dem Kicker sagt der BVB-Held, der einst die Bayern geschockt und Beckenbauer zum Staunen gebracht hat: ,,Ich habe halt viel falsch gemacht im Leben neben meiner Fußballkarriere, habe gespielt, viel Geld verzockt. Wahrscheinlich hätte ich gleich nach dem Ende meiner aktiven Laufbahn meinen Trainerschein oder sowas machen sollen.” Oder sowas…