So entdeckte Eintracht Frankfurts Kult-Trainer Stepanovic Jürgen Klopp
Außer Ottmar Hitzfeld (70) hat nur Jürgen Klopp (51) bei Borussia Dortmund als Trainer eine Ära geprägt. Entdeckt wird „Der große Blonde“ vor 30 Jahren – von Kult-Coach Dragoslav Stepanovic.
Frankfurt ist in den letzten Jahren kein gutes Pflaster für Borussia Dortmund. Seit 2010 hat der BVB in der Main-Metropole in einem Bundesliga-Spiel nur ein Mal gewonnen – 2013/2014 (2:1) unter der Regie von Jürgen Klopp.
Im September 2012 liefern sich Frankfurt und Dortmund beim 3:3 in der Commerzbank Arena ein echtes Spektakel.
Auf der Tribüne sitzt auch der Mann, der Dortmunds Meistercoach Jürgen Klopp einst entdeckt hat: Dragoslav Stepanovic (70). Wie es dazu kommt, dass Klopps Karriere den Dreh nimmt, den sie nimmt, erzählt der serbische Coach 2013 in seiner lesenswerten Autobiographie Lebbe geht weider (Verlag: DIE WERKSTATT).„Mein Gott“, denkt Stepi an diesem Septemberabend 2012, „Wahnsinn, was aus dem Jürgen geworden ist.“
Für ihn ist klar: „Dessen jetziger Erfolg war vor 25 Jahren nicht ansatzweise zu ahnen gewesen.“ Begonnen hat alles im Sommer 1988. Stepi, schon damals mit Hemd, Sakko und Krawatte an der Seitenlinie, wechselt als Trainer vom FSV zu Rot-Weiß Frankfurt. In die Oberliga Hessen.
Dort will der Vorsitzende, Stepis Kumpel aus Eintracht-Bundesligazeiten Wolfgang Steubing, die Frankfurter Fußallszene aufmischen – und in die 2. Liga. In der damals von Stepanovic betriebenen Kneipe „Stepi’ s Treff“ machen der Börsenmogul Steubing und der Serbe den Deal klar. Steubing hat am Brentanobad Großes vor. Er lässt Champagner ausschenken, gibt als einer der ersten Mäzene in Deutschland wöchentlich eine Pressekonferenz und zahlt seinen Spielern pro Einsatz 5.000 Mark. Nicht schlecht für die Oberliga.Im Sommer 1989 will man es wissen. Rot-Weiß will in den bezahlten Fußball – und rüstet auf. „Der Verein galt als das Bayern München der Hessenliga“, schreibt Martin Thein dazu in Lebbe geht weider. Unter den Neuzugängen ist auch ein gewisser Jürgen Klopp.
Der gebürtige Stuttgarter, ein 1,91 m Schlacks, hat zuvor beim nicht weniger unbekannten Klub Viktoria Sindelfingen gespielt. Mit Klopp und Stepi sowie dem Ex-Eintrachtler Armin Kraaz wird Rot-Weiß Frankfurt Oberliga-Meister 1990 – und spielt im Waldstadion in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga. Dort holt man gegen Schweinfurt 05 allerdings nur einen Punkt. Der Traum vom Profifußball ist für Rot-Weiß ausgeträumt.
Die Zeit im Stadion am Brentanobad im Frankfurter Stadtteil Bockenheim will Jürgen Klopp allerdings nicht missen. „Die Hessenliga war eine ganz, ganz geile Liga“, schwärmt der spätere BVB-Meistermacher in Lebbe geht weider, „einige der besten Spieler aus der Region haben damals bei Rot-Weiß Frankfurt gespielt, viele davon haben nebenher an der Börse gearbeitet. Wenn ich an Alex Caspary denke, der heute den Laden von Wolfgang Steubing führt, oder an Christian Peukert, einen der besten Zehner, die ich jemals gesehen habe.“ Klopp ist bis heute sicher: „Das war eine richtig geile Fußballmannschaft.“ Weniger geil findet Stepanovic anfangs die Kick-Kunst des Jürgen Klopp. Schon nach wenigen Spielen degradiert der strenge Serbo-Hesse den hoch gewachsenen Stürmer, der nach eigener Aussage „fußballerisch noch limitierter als Jürgen Klinsmann“ ist, in die 2. Mannschaft. Auch Stepis Ehefrau Jelena kann ihren Gatten nicht überreden. „Lass doch den Klopp endlich spielen“, fordert sie – Stepi winkt ab. In der Winterpause will Klopp den Verein verlassen, doch Gerd Trinklein, noch ein Stepanovic-Kumpel aus der gemeinsamen Zeit bei Eintracht Frankfurt, winkt ab: „Du gehst nicht.“
So kommt es. Klopp bleibt bei Rot-Weiß, erzielt 14 Saisontore – und schießt den Frankfurter Stadtteilklub in die Zweitliga-Aufstiegsrunde. Bei der feucht-fröhlichen Siegesfeier singt ein völlig euphorisierter Stepanovic „Die Glocken von Rom“. Er umarmt Klopp, der lässig an einer Zigarette zieht. „Jürgen“, sagt Stepi, „wenn ich gewusst hätte, dass du rauchst, hättest du von Anfang an gespielt.“
Nach nur einer Saison in Frankfurt wechselt Klopp 1990 zum 1. FSV Mainz 05, wo er 2001 „interimsmäßig“ das Traineramt übernimmt… Der Rest ist Geschichte.