Vor 30 Jahren: Grünes Licht für legendäre Kondom-Trikots des FC Homburg

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Vor 30 Jahren: Grünes Licht für legendäre Kondom-Trikots des FC Homburg

3 Jahre hat sich der FC 08 Homburg insgesamt in der Fußball-Bundesliga gehalten. Die Saarländer haben den großen FC Bayern (3:2) bezwungen und in den Relegationsspielen gegen den FC St. Pauli den Abstieg abgewendet. Legendär werden sie in Fußball-Deutschland aber durch ein schlüpfriges Detail. Die Trikotwerbung des FC 08 Homburg für Kondome wird in der Saison 1987/88 zum PR-Coup – und zur Mega-Blamage für den DFB. Vor 30 Jahren erlaubt das Landgericht Frankfurt den Gummi-Werbe-Zug dann doch.

Die DFB-Zentrale in Frankfurt am Main war noch nie der Hort der Spaßversteher.

Besonders dann nicht, wenn es um Trikotwerbung geht. Oder um Unmoralisches. Da kennen die Sittenwächter aus der Otto-Fleck-Schneise keine Freunde und keine Verwandten. SchiedsrichterLegende Walter Eschweiler (83 / Euskirchen) muss im März 1973 das „Jägermeister“-Logo auf den Trikots von Eintracht Braunschweig mit dem Maßband überprüfen, ehe die Kicker mit dem Hirsch auf der Brust gegen den FC Schalke 04 auflaufen dürfen.

Als der FC 08 Homburg 1987 auf seinen Trikots für einen Kondomhersteller wirbt, ist endgültig Schluss mit lustig. Der DFB zieht als Moralapostel der Nation in einen peinlichen juristischen Kleinkrieg gegen den saarländischen Bundesligisten. Ganz schön prüde.Eingefädelt wird dieser lustvolle Deal – bis heute ist es ein Schwank an allen Fußball-Stammtischen in der Saarpfalz – von Homburgs schillerndem Manager Manfred Ommer („Und es war Ommer“ / 11 FREUNDE).

Vergleichsweise schmales Geld – 200.000 Mark – erhalten die Homburger, die vor Saisonbeginn 1987/88 ohne Trikotsponsor dastehen – von der London Rubber Company in Mönchengladbach.

Was als PR-Gag gedacht ist, wird schnell zur Affäre. Beim DFB in Frankfurt schrillen die Alarmglocken. Generalsekretär Gerhard Mayer-Vorfelder („MV“) sieht „Ethik und Moral in Fußball-Deutschland in Gefahr.“ Das geht natürlich nicht.

Wir hätten von MV natürlich gerne gewusst, ob diese Werte Ende 2000, während seiner DFB-Präsidentschaft und rund um die Affäre um Christoph Daum auch noch aktuell waren, aber egal…Jedenfalls droht der DFB dem FC Homburg – 1988 mit nur 24 Zählern abgestiegen – mit Punktabzug, falls die Werbung für die Lümmeltüten weiter auf den Trikots bleibt. Auch das noch, wo man so schon so kaum Punkte, aber dafür Publicity hat…

Der Aufschrei des DFB gehört bei Ommers Coup zum Kalkül. „Ich habe mit der Dämlichkeit der Funktionäre gerechnet“, gibt der ehemalige Klasse-Sprinter in einer Talkshow zu. Denn nie zuvor steht der kleine FCH derart im medialen Rotlicht wie in diesen Wochen 1987/88. Ommer und die Homburger, die mit dem gewieften Bauunternehmer Udo Geitlinger († 2018) im Jahr 1986 erstmals in der Bundesliga aufschlagen und mit Uwe „Klima“ Klimaschewski (80) 1987 einen der schrillsten Trainer des deutschen Fußballs ein 2. Mal engagieren, greifen zu einem Trick.

Sie laufen mit einem schwarzen Balken über dem „London“-Schriftzug auf – und erregen damit noch mehr Aufmerksamkeit. „Der DFB“, sagt FCH-Rekordspieler und Top-Torjäger Uwe Freiler (52) zu Ligalive.net, „erwies sich damit einen Bärendienst. Jeder wusste, was unter den schwarzen Balken stand und somit war die Werbung für London noch effektiver.“ Freiler weiter: „Wir Spieler hatten selbst Vorteile. Bei einer Betriebsbesichtigung erhielt jeder von uns eine 100er-Packung.“ Der Autor Roland Röder schreibt in seiner Liebeserklärung an die Grün-Weißen, 111 Gründe, den FC 08 Homburg zu lieben (Schwartzkopf & Schwartzkopf, 2017): „Der FCH zog den DFB am medialen Nasenring durch die Republik.“

Die Juristen sehen es anders. Zwar wird Homburg vom DFB zu 100.000 Mark Geldstrafe verdonnert – aber was soll‘s? , Ab dem 7. Februar 1989 darf der Verein, für den u. a. Stars wie Rodolfo Cardoso, Tom Dooley, Jimmy Hartwig, Miroslav Klose oder der heutige Freiburg-Trainer Christian Streich spielen, offiziell für den Freistoß mit Gummi werben. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Frankfurt zu den „Kondom-Trikots“ hervor. Das 30-jährige Jubiläum dieses Urteilsspruchs sieht man heute in Homburg mit gemischten Gefühlen. „Es gehört zu unserer Geschichte dazu“, sagt FCH-Geschäftsführer Rafael Kowollik, „man schmunzelt heute darüber.“ Der inzwischen in der viertklassigen Regionalliga Südwest firmierende Bundesligist sieht sein Gesamtwerk in der Bundesliga durch die Kondom-Affäre überschattet: „Wir werden darauf schon sehr beschränkt“, bemängelt Kowollik, „viele Fußballfans erinnern sich beim Gedanken an den FC Homburg nur daran.“


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