Vor 30 Jahren: Das Lautern-Wunder beginnt mit einer Pleite
Der Pokalsieg des 1. FC Kaiserslautern von 1990 gehört bis heute zu den größten Sensationen in diesem Wettbewerb. Dabei wird er unbewusst am 3. März 1990 und mit einer bitteren 1:3-Heimniederlage in der Bundesliga gegen den HSV eingeleitet.
Am 3. März 1990 jubeln auf der Osttribüne des Fritz-Walter-Stadions in Kaiserslautern nur die wenigen mitgereisten Hamburger Fans.
Auf den übrigen Tribünen sind die Fans der Pfälzer in kollektiver Schockstarre. Nach dem 1:3 (0:1) gegen den Hamburger SV liegt der 1. FC Kaiserslautern mit 3 Zählern (Alte 2-Punkte-Regelung) auf dem 17. Tabellenplatz – und würde Stand 23. Spieltag erstmals in seiner Bundesliga-Historie absteigen müssen.
Die Hamburger, für die Thomas von Heesen, Jan Furtok per Elfmeter und der Brasilianer Nando treffen, springen auf Rang 11.
Eigentlich ein ganz normaler, aus Lauterer Sicht trister Bundesliga-Samstag, oder? Schon. Denn noch ahnt niemand, dass der Mann, den der FCK 5 Tage vor dem Spiel gegen Hamburg aus der Wüste zurückgeholt hat, im Begriff ist, eines der größten Wunder in der deutschen Fußballgeschichte zu vollbringen.Es ist Karl-Heinz Feldkamp (55), der den 1. FC Kaiserslautern schon einmal trainiert hat.
,,Kalli” hat den Pfälzer Traditionsklub 1982 bis ins UEFA-Cup-Halbfinale geführt, zuvor in einem legendären Spiel im Viertelfinale Real Madrid (5:0) ausgeschaltet. Mit Bayer 05 Uerdingen (1985) und Eintracht Frankfurt (1988) hat er schon 2-mal den DFB-Pokal gewonnen.
Nachdem Chaos-Klub Frankfurt ohne Einverständnis von Feldkamp 1988 einen Spieler verpflichten will, trennen sich die Wege des Oberhauseners und der SGE. Feldkamp geht zu Al-Ahly nach Ägypten. Dort erreicht ihn Anfang 1990 der Hilferuf des FCK. Nach dem Absturz auf Rang 17 entlässt man dort Trainer Gerd Roggensack und hofft auf den früheren Erfolgstrainer.
Das Kalli-Comeback scheint sich nicht auszuzahlen. 1:3 gegen den HSV, dann ein 1:1 bei Eintracht Frankfurt, erst im 3. Spiel unter der Regie von Feldkamp gelingt gegen den VfL Bochum (2:1) ein Sieg. Dass die Lauterer im Pokal-Halbfinale beim hessischen Rivalen Kickers Offenbach zu spielen haben, gerät angesichts der Abstiegsangst rund um den ,,Betze” fast in Vergessenheit.
Aber: Lautern gewinnt am Bieberer Berg ungeachtet aller Abstiegssorgen, klettert in der Liga auf Rang 12 und ist lange vor dem Pokalfinale am 19. Mai 1990 gegen Werder Bremen schon gerettet.
,,Der 1:0-Sieg im Halbfinale in Offenbach hat uns einen richtigen Schub gegeben, jetzt können wir in Berlin völlig befreit aufspielen”, ist FCK-Kapitän Stefan Kuntz sicher. Aber sowas von befreit!
Gegen die favorisierten Pokal-Spezialisten aus Bremen, die sich nach der 1:4-Demütigung im Vorjahr gegen Borussia Dortmund den ,,Pott” nicht noch mal entgehen lassen wollen, liefert der FCK ein Spiel, das ganz Fußball-Deutschland begeistert. 2-mal Bruno Labbadia (19. / 26.) und Stefan Kuntz (30.) schießen nicht nur die 3:0-Halbzeitführung für die Pfälzer heraus, sie kreieren auf der Laufbahn des Berliner Olympiastadions einen Jubel-Tanz, der – dem Zeitgeist folgend – als ,,Lambaddia” ins Jubel-Lexikon eingeht. Am Ende gewinnt der 1. FC Kaiserslautern mit 3:2 den Pokal.
,,Statt Meppen und Mainz warten nun Barcelona und Genua, solche Geschichten schreibt nur der Pokal”, heißt es dazu bei Ralf Grengel in Das deutsche Wembley – 60 Jahre DFB-Vereinspokal (1995), ,,und Karl-Heinz Feldkamp führte nicht nur diesmal die Feder, sondern Kaiserslautern ein Jahr später sogar zum Meistertitel.”