Die 5 größten Pechvögel der deutschen Nationalmannschaft seit 2000
Das Aufgebot von Bundestrainer Joachim Löw für das Test-Länderspiel gegen Russland und das UEFA Nations-League-Duell gegen die Niederlande birgt wenig Überraschungspotenzial. Unter den Nominierten befindet sich jedoch ein Spieler, der nach 2014 schon fast fürs Nationalteam abgeschrieben wurde und seine eigene Krönung verpasste. Wir haben 5 Pechvögel im DFB-Trikot seit 2000 gefunden.
Nur einmal nominiert, nach schlechter Leistung durchgefallen, dem Konkurrenzdruck nicht gewachsen, verletzt oder der personifizierte Chancentod – die Gründe dafür, dass deutsche Nationalspieler zu Pechvögeln avancieren, über die bis heute an den Fan-Stammtischen gesprochen wird, sind vielfältig.
Einem Spieler kommt dabei sogar eine absolute Sonderstellung zu. Ein eingebürgerter Brasilianer von Bayer 04 Leverkusen wird 2000 zum Gesicht der schlechtesten deutschen EM-Leistung aller Zeiten.
Ein anderer war offensichtlich von der Nominierung für den Länderspiel-Klassiker in den Niederlanden so überwältigt, dass der deutsche Boulevard hinterher alles an ihm festmachte.
Das Phänomen, dass in der Bundesliga oder im Ausland auftrumpfende Spieler im Nationaltrikot keine oder kaum eine Chance haben, zieht sich seit den 1950er-Jahren durch die Geschichte des DFB-Teams. Es ist auch ab dem Jahr 2000 nicht zu den Legenden rund um „Die Mannschaft“ zu rechnen, sondern es ist real.Ein Bundesliga-Torschützenkönig kann ein Lied davon singen…Man kann nicht sagen, dass Martin Max auf dem Rasen nicht alles versucht hat, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Torjäger von 1860 München holt sich 1999/2000 und 2001/2002 die Kanone als bester Schütze der Bundesliga.
Ein regelmäßige Nominierung oder gar ein Stammplatz müsste Max im deutschen Nationalteam, das ab 1998 mit Persönlichkeiten nicht gerade reich gesegnet ist, eigentlich sicher sein.
Mitnichten. Max schießt 1860 München mit 19 Treffern am Ende der Spielzeit 1999/2000 in die Champions-League-Qualifikation. Mit 31 Jahren ist der in Polen geborene Stürmer aber fast schon zu alt, um beim schwierigen Neuaufbau nach dem EM-Desaster 2000 in Belgien und den Niederlanden eine zentrale Rolle zu spielen.
So sieht das jedenfalls Rudi Völler, der Interimscoach der DFB-Auswahl. Dass Max am Ende der WM-Saison 2001/2002 mit 18 Toren erneut bester Bundesliga-Torschütze wird – neben dem Dortmunder Marcio Amoroso – kann Völler nicht bewegen, ihn zur Weltmeisterschaft nach Asien mitzunehmen. Selbst 1860 Münchens Coach Peter Pacults Plädoyer auf Wienerisch nützt nichts. „I konn dem Rudi Völler sog’n: Dös is a liewa Buah“, wirbt Pacult für den inzwischen 33-Jährigen. Am 17. April 2002 absolviert Martin Max sein einziges Länderspiel für Deutschland. Beim 0:1 gegen Argentinien in Stuttgart steht er sage und schreibe 8 Minuten auf den Platz. Ein Comeback im Nationaltrikot lehnt er 2004 vor der EURO 2004 in Portugal empört ab.Zwischen 1998 und 2000 steckt die DFB-Auswahl tief in der Krise. WM-Aus im Viertelfinale, raus in der Vorrunde der EURO 2000.
Was bietet sich da mehr an als die Einbürgerung eines Brasilianers? Noch dazu eines torgefährlichen Brasilianers, wie ihn Paulo Rink mit 29 Toren in 88 Liga-Spielen für Bayer 04 Leverkusen darstellt?
Da Rink deutsche Vorfahren hat, ist seine Einbürgerung relativ problemlos. 1998 debütiert der Angreifer aus Curitiba, 1999/2000 für ein halbes Jahr von Bayer 04 an den Pelé-Klub FC Santos verliehen, für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Am 2. September 1998 steht er – noch unter der Regie des wenig später abdankenden Bundestrainers Berti Vogts – im Freundschaftsspiel gegen Malta auf dem Rasen.
Rink steht in den zwei Turnieren im Kader, die wohl jeder deutsche Fan – neben der WM 2018 in Russland – gern aus seinem Gedächtnis streichen würde. Beim miserablen Confederations-Cup 1999 in Mexiko und bei der EURO 2000 in Belgien und den Niederlanden. Außer beim 2:0 gegen Griechenland am 2. September 2000 in Hamburg gehört er nach dem EM-Debakel nicht mehr zum Aufgebot. In 13 Länderspielen floppt der Brasilianer, bleibt ohne Torerfolg und spielt nur 2-mal über die vollen 90 Minuten. Dumm gelaufen.Mario Gomez liefert im Nationaltrikot 31 Tore in 78 Länderspielen. Keine schlechte Bilanz. Aber, wie es bei Torjägern nun mal so ist, erinnern sich auch bei Gomez die Leute nicht an die, die er gemacht hat, sondern an die, die er nicht gemacht hat!
Im dritten Gruppenspiel bei der EURO 2008 gegen Co-Gastgeber Österreich schafft es der DFB-Stürmer in der Anfangsphase der Partie in Wien, den Ball aus weniger als einem Meter nicht über die Linie zu bugsieren.
Als die Szene auf der Video-Leinwand im Ernst-Happel-Stadion gezeigt wird, schallt Gelächter durchs weite Rund. Michael Ballack erlöst die DFB-Elf mit einem fulminanten Freistoß zum 1:0. Deutschland ist weiter, Österreich ist draußen. Gomez‘ Blamage ist abgewendet. In den nächsten beiden Spielen gegen Portugal und die Türkei (jeweils 3:2) bleibt Gomez über 90 Minuten auf der Bank.
Besser macht er es bei der EURO 2012. Mit 3 Toren in 3 Vorrundenspielen schießt Gomez Deutschland in Polen und der Ukraine fast im Alleingang in die nächste Runde – und muss sich von seinem Intimfeind Mehmet Scholl doch beißenden Spott gefallen lassen („Ich hatte Angst, dass er sich wundliegt“). Einen Titel holt Mario Gomez mit dem Nationalteam nicht. 2014 beim Gewinn der Weltmeisterschaft und 2017 beim erfolgreichen Confed-Cup steht er nicht im Kader. Wirklich Pech!Selten hat ein Nationalspieler bei seinem Debüt für Deutschland so viel Kritik einstecken müssen, wie der für den VfL Wolfsburg aktive Zoltan Sebescen.
Dass er der erste Wolfsburger ist, der für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nominiert wird, verkommt an diesem 23. Februar 2000 in Amsterdam zur Fußnote. Gegen den Co-Gastgeber der kommenden EM, gegen die Niederlande, steht Sebescen etwas überraschend im Kader von Teamchef Erich Ribbeck.
Der heute 43-Jährige, der auch einen ungarischen Pass besitzt, steht sogar für den ursprünglich in der ersten Elf erwarteten Sebastian Deisler in der Startformation. Allerdings nur für 45 Minuten. Beide Gegentore durch Patrick Kluivert (15.) und Boudewijn Zenden (28.) werden anschließend dem Defensivspieler angekreidet. Es hagelt Spott und Häme für Sebescen. „Die Nominierung für Sebescen war unverantwortlich“, bellt etwa Trainerlegende und Chefkritiker Udo Lattek.
„Wenn mich heute jemand fragt, was für mich der absolute Höhepunkt meiner Karriere war, dann war das mit Abstand mein Länderspiel“, erzählt Sebescen 2012 der Zeitschrift 11 FREUNDE, „aus meiner Sicht gab es nichts Größeres, als einmal für Deutschland auflaufen zu dürfen und dieses Trikot zu tragen. Es war nur eine Halbzeit, aber überlegen Sie sich mal, wie viele Fußballer es in Deutschland gibt, und wie wenige sich überhaupt Nationalspieler nennen dürfen. Für mich war das ein Riesenerfolg. Mir wird das niemand madig reden.“ Wollen wir doch auch gar nicht!Diese Szene nach dem WM-Titelgewinn am 13. Juli 2014 in Rio de Janeiro rührt die Fans in aller Welt. Siegtor-Schütze Mario Götze präsentiert auf dem Siegerfoto das Trikot seines Freundes und Ex-Teamkollegen bei Borussia Dortmund, Marco Reus.
Der Flügelstürmer hat die Weltmeisterschaft und die Krönung seiner Laufbahn nur um 45 Minuten verpasst. Im letzten Testspiel vor dem Abflug nach Brasilien, beim 6:1 gegen Armenien in Mainz, verletzt sich Reus so schwer, dass er passen muss. Nach einem Foul in der 45. Minute zieht er sich einen Riss des Syndesmose-Bandes zu, WM-Aus auf den letzten Metern.
Reus‘ hohe Verletzungsanfälligkeit spiegelt sich auch in seiner Länderspiel-Bilanz. Seit seinem Debüt am 7. Oktober 2011 beim 3:1-Erfolg gegen die Türkei in Istanbul hat Marco Reus durch Verletzungen 51 Länderspiele verpasst.
Eine Schambeinverletzung, zugezogen im DFB-Pokalfinale 2016 mit Dortmund gegen den FC Bayern, kostet ihn 2016 das nächste große Turnier. Die EURO 2016 muss ohne Reus stattfinden. Trotz eines Kreuzbandrisses, erneut erlitten im DFB-Pokalfinale mit dem BVB 2017, springt Reus im Sommer 2018 noch auf den WM-Zug nach Russland auf. Beim historischen Vorrunden-Aus für „die Mannschaft“ ist er neben Toni Kroos der einzige Torschütze.