Die 30 größten “Verräter-Transfers” der Bundesliga-Geschichte
Die 30 größten “Verräter-Transfers” der Bundesliga-Geschichte
Es gibt No Go’s im Fußball. Die gilt es zu beachten und zu respektieren. Auch von den Superstars. Den Klub, der einen groß gemacht hat zu verlassen und dann zum größten Fußball-Feind zu wechseln, das geht gar nicht.
Für die 30 größten „Verräter-Transfers” der Bundesliga-Geschichte spielen solche ungeschriebenen Gesetze scheinbar keine Rolle. Es geht ums Geld, vorrangig, natürlich. Das wird meist blumig mit „einer neuen Herausforderung“ oder „besseren sportlichen Perspektiven“ umschrieben, wenn der Wechsel fest steht. Wappen küssende Fußballprofis, die dann wenig später offensichtlich an Vergesslichkeit leiden – und zum regionalen oder sportlichen Erzrivalen wechseln. Treueschwüre sind dann Schall und Rauch und nichts ist so alt wie der Erfolg von gestern mit dem Verein, der einem groß gemacht hat.
Wir stellen 30 Spieler oder Trainer vor, denen die Reaktion der Fans auf den Wechsel zum größten Fußball-Feind egal war. 30 Beispiele, die zeigen, wie und warum so ein Wechsel klappen oder schief gehen kann. Wechsel, die mal positiv, mal negativ ausgingen. Von „Karriere ruiniert” bis zu „alles richtig gemacht und „zum Weltstar geworden” ist alles dabei.
Der FC Bayern, 1860 München, der BVB und Schalke 04 kommen genauso in unserer Aufstellung genauso vor wie Gladbach, der 1. FC Köln, der HSV und Werder Bremen. Mal als aufnehmender und mal als abgebender Verein. Die Besonderheit: Es gibt dabei auch immer wieder Spieler, denen es gelingt von beiden Vereinen, dem neuen Herzensklub und der verlassenen Liebe und beiden Fangruppen geachtet zu werden. Das ist äußerst selten, aber dafür umso bemerkenswerter.
Die meisten „Verräter“ verscherzen es sich mit ihrem Wechsel beim Heimatverein auf ewig. Einige kamen aber auch beim neuen Klub nicht gut an, weil sie auch den bald wieder verließen oder einfach nicht einschlugen. Ein Beispiel ist ein Spieler, der auf der Jagd, sein „Vize-Image“ loszuwerden, zwar zum richtigen Klub wechselt, dort aber weder Kult- noch Legendenstatus erlangen kann.Wir zeigen aktuelle Beispiele und Fälle aus der Historie. Die Bayern mit ihren berühmt-berüchtigten „Ich schwäche mal den Gegner“-Moves sind genauso dabei, wie die Spieler, die es wagten zwischen Schalke und dem BVB oder Gladbach und Köln hin- und her zu wechseln. Zwischen zwei verfeindeten Rivalen zu springen, das kommt auch im hohen Norden, zwischen Hamburg und Bremen, und in der bis 1989 geteilten Bundes-Hauptstadt Berlin alles andere als gut an. Und schon gar nicht beim wohl ältesten Fußball-Derby in Deutschland, dem Franken-Clasico bzw. „Glasigo“, zwischen dem 1. FC Nürnberg und der SpVgg Fürth. Tiefer kann eine Rivalität kaum sein, macht sie doch vor dem Privatleben der Spieler und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nicht halt.
Wir lassen übrigens das Beispiel Mats Hummels aus. Denn wir setzen die Details als bekannt voraus. Nach 8 Jahren bei Borussia Dortmund geht der Kapitän des BVB zu Bayern München in seine alte Heimat – und 2019 wieder zurück nach Dortmund.
Bisschen scheinheilig: Ein paar Jahre zuvor hat er sich noch über den Wechsel des damaligen deutschen „das wird ein neuer Messi“ und zwischenzeitlichen Ergänzungsspielers Mario Götze mokiert.
Mit dabei sind aber auch Spieler, die sich noch vor dem Beginn oder sogar schon während des Bundesliga-Zeitalters ins Ausland verabschieden – und die pure Verachtung von Fans und Medien ernten. Der größte deutsche Fußballer aller Zeiten ist da keine Ausnahme.
Karl-Heinz Schnellinger – unsterblich geworden in der TV-Reportage von Ernst Huberty beim „Jahrhundertspiel“ Deutschland gegen Italien im WM-Halbfinale 1970 in Mexiko City (3:4 n. V.) am 17. Juni 1970. „Ausgerechnet Schnellinger, es ist nicht zu glauben“, jubelt Huberty, als der Italien-Profi Sekunden vor dem Abpfiff der regulären Spielzeit zum 1:1 gegen sein Gastgeberland eingrätscht.
Ja, ausgerechnet er, der „Fußballer des Jahres“ 1962, bis dahin vom Kicker-Sportmagazin 5-mal in die Kategorie „Weltklasse“ eingestuft, sucht das Glück jenseits der Alpen.
Im Wirtschaftswunder-Deutschland scheinen alle gut zu verdienen – aber eine Profiliga gibt es (noch) nicht. Dass man in Deutschland als einzigem Top-Fußballland in Europa noch mit Meisterschafts-Endrunde spielt und alles noch regional über die Oberligen organisiert ist, wirkt Anfang der 1960er-Jahre irgendwie rückständig. Nostalgiker werden das anders sehen.
Franz Kremer („Der Boss“), Präsident des 1. FC Köln, und Bundestrainer Sepp Herberger („Der Chef“) wollen die deutschen Wirtschaftswunder-Kicker endlich zu Profis machen. Erst 1962 wird der Weg frei für die Bundesliga, zu deren größten Befürwortern Kremer und Herberger gehören.
Wechsel nach Italien bringt Schnellinger ein Vermögen
Die Einführung der neuen deutschen Fußball-Eliteklasse kommt für Schnellinger zu spät. Der Weltklasse-Abwehrspieler entscheidet sich im Sommer 1963, in das Land zu wechseln, wo so richtig gut gezahlt wird: Nach Italien. Es braucht nur die Summen, die über den Tisch gehen – und schon sieht man klar. 300.000 Mark Handgeld, also 150.000 Euro, damals ein Vermögen, bekommt Schnellinger von seinem neuen Klub AS Rom ausgezahlt, als er 1963 wechselt. Der 1. FC Köln darf sich über eine Ablösesumme von 1,1 Mio. Mark (550.000 Euro) freuen. Hübschet Sümmschen.
Dass ihm die Fans in Deutschland diesen Wechsel als „Verrat“ auslegen, kann Schnellinger auch Jahrzehnte nach seinem Transfer in die Serie A nicht nachvollziehen. „Wir haben viel getan für Deutschland – wir, die wir damals ins Ausland gegangen sind. Unser Land wurde mit Krieg identifiziert, mit Hitler, nicht mit Offenheit und gutem Fußball. Aber daran hat keine Sau gedacht. Man hat uns das Geld vorgerechnet und man hat von Verrat gesprochen. Ich bin mir sicher, dass wir Spieler mehr für Deutschland getan haben als alle Konsuln, Botschafter und Politiker zusammengenommen“, kritisiert er 2005 in einem dpa-Interview.
Nach einem Jahr Leihe beim AC Mantua und dem Gewinn der Coppa Italia 1964 wechselt Schnellinger ins Star-Ensemble des AC Mailand, wo mit Kurt „Kurre“ Hamrin, Gianni Rivera, Roberto Rosato und einem gewissen Giovanni Trapattoni einige Klassespieler am Start sind. Mit Milan holt Schnellinger, den sie in Italien respektvoll „Carlo, il Biondo“ (Karl, der Blonde) nennen, 8 Titel, u. a. die Coppa Italia, die italienische Meisterschaft (Scudetto), 1969 Europapokalsieger der Meister. Zuvor 1968 den Europapokal der Pokalsieger im Finale gegen den Hamburger SV und den Mann, der den Verlockungen aus Italien widerstanden hat: Uwe Seeler. Das HSV-Idol hat 1961 ein Mega-Angebot von Inter Mailand in Höhe von 1,2 Mio. Mark ausgeschlagen. Schnellinger eben nicht.
Ein alternativloser Transfer?
„Ich bin nach Italien gegangen, weil man in Deutschland nur 24 Mark verdiente und nichts da war“, sagt er im Kicker-Interview zu seinem 80. Geburtstag am 31. März 2019. Er sei froh darüber, denn er habe viel gesehen, viel gelernt und viel gewonnen und sich auch sehr amüsiert. Schnellinger ist für sich sicher, dass es „keine andere Möglichkeit“ gegeben hat.Als Herbert Sandmann mit 18 sein Debüt in der ersten Mannschaft von Borussia Dortmund gibt, ist der BVB allenfalls ein guter Sparringspartner für die Nummer 1 im Revier, den FC Schalke 04.
Das ändert sich ab 1949 schrittweise. Nach dem Gewinn der Meisterschaft in der Oberliga West schicken sich die Schwarz-Gelben und Sandmann an, die Machtverhältnisse im Kohlenpott zu kippen.
Allerdings weitgehend ohne den Flügelstürmer Sandmann. Er zieht sich einen Schienbeinbruch zu und bestreitet in der ersten Saison für Dortmund lediglich 4 Spiele (3 Tore). Er sieht beim BVB keine Perspektive und wechselt zum noch nicht ganz so verhassten Rivalen FC Schalke 04.
Dort wird er neben Heinrich Kwiatkowski und Hermann Eppenhoff, zwei weiteren „Überläufern“, die 1950 bzw. 1961 zum BVB wechseln, zum Stammspieler. Aber: In der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1951 kommt er nicht mehr zum Einsatz und kehrt nach nur 2 Jahren zu Borussia Dortmund zurück.
Ein guter Entschluss, ist Herbert Sandmann in den Jahren 1956 und 1957 doch Teil der BVB-Mannschaft, die 2-mal in unveränderter Aufstellung Deutscher Meister wird. Beide Titel und erst recht mit dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1966 vollzieht Dortmund die „Wachablösung“ im Revier.
Schon „Adi“ Preißler kehrte reumütig zum BVB zurück…
Beim Portal schwatzgelb.de wird die BVB-Rückkehraktion so bewertet: „Die Rückkehr von Herbert Sandmann, war wie bei Adi Preißler ein voller Erfolg.“ Der legendäre Mittelstürmer geht 1950 zwar nicht zu Schalke, doch irgendwie ist sein Wechsel in den 100.000-Mark-Sturm von Preußen Münster doch ein Tabubruch. Denn: Die Münsteraner streben nach Höherem. Sie haben das 1949 vom DFB eingeführte „Vertragsspieler-Statut“ ziemlich ausgereizt. Dabei zahlen sie ihren Spielern offiziell zwar nicht mehr als die vorgeschriebenen 320 Mark.
Doch sie locken die Stars mit der Beschaffung von Existenzen. Top-Stürmer „Jupp“ Lammers hat man einen Sport-Studienplatz versprochen, dem Anstreicher Siegfried Rachuba spendiert man ein eigenes Malergeschäft. „Adi“ Preißler will Bares. Den Dortmunder lotst man mit 10.000 Mark Handgeld nach Münster. Das Ziel, die „beste Mannschaft in Deutschland“ zu werden, wird, wie wir heute wissen, verpasst…Als „unerbittliche Rivalen“ schildert das zur fußballerischen Wiedervereinigung 1990 erschienene Sonderheft 100 Jahre Deutscher Fußball in Ost und West den 1. FC Nürnberg und die SpVgg Greuther Fürth.
Wie tief die Abneigung der beiden fränkischen Klubs tatsächlich ist, dokumentiert das Magazin anhand einer Episode. Zum Länderspiel gegen Holland in Amsterdam am 21. April 1924 reisen die beiden verfeindeten Fraktionen in getrennten Eisenbahnwagen. Aufpasser inklusive. Nationalmannschafts-Betreuer Gustav „Papa“ Blaschke sorgt peinlichst genau dafür, dass sich Nürnberger und Fürther im Zug auch ja nicht begegnen. Es ist wohl schon genug passiert.
Ein paar Tage zuvor, beim fränkischen Derby zu Ostern, hat es Ausschreitungen gegeben. Selbst der Schiedsrichter ist von einem aufgebrachten Fan getreten worden. Auf der Reise nach Amsterdam, wo Deutschland gegen die „Elftal“ 1:0 gewinnt, wird zwischen „Clubberern“ und „Kleeblatt“-Spielern kein Wort gesprochen. Es gibt nicht mal einen Torjubel, als der Fürther Karl Auer († 1945) auf Zuspiel des Nürnbergers Heinrich Träg († 1976) zum 1:0 trifft. Auch im Bus zum Stadion oder im Hotel ist man voneinander getrennt. „Alles andere wäre wie Fahnenflucht gewesen“, erzählt Heiner Stuhlfauth, der legendäre FCN-Torhüter, Jahre später.
„Neid und offene Feindschaft waren aus der lokalen Konkurrenz der beiden überragenden Vereine der 1920er-Jahre entstanden“, heißt es dazu in 100 Jahre deutscher Fußball in Ost und West, „die paradoxerweise eine wunderbare Kombination für die Nationalmannschaft ergaben. Mehrmals bestand das DFB-Team vollständig aus Spielern beider Klubs, eine Konzentration, die es später selbst in der Glanzzeit der Bayern und Gladbacher nicht mehr gab.“
Die „kleine Gazelle“ wechselt mitten im Krieg
Und in dieser überhitzten Atmosphäre soll ein Spieler die Seiten wechseln? Kaum vorstellbar, aber schon weit vor 1924 passiert! Der Stürmer Leonhard „Lony“ Seiderer (1895 – 1940) vollzieht als erster den fränkischen Tabubruch. Mitten im Ersten Weltkrieg wechselt „die kleine Gazelle“, wie der schnelle Angreifer genannt wird, von Nürnberg nach Fürth. Da die Spielvereinigung im Krieg den Verlust vieler Stammspieler zu betrauern hat, entscheidet sich Seiderer 1917, dem „Kleeblatt“ zu helfen. Gleich in seiner ersten Saison erzielt er 20 Tore in 19 Punktspielen und schießt die Fürther 1918 zum Süddeutschen Pokalsieg gegen die Stuttgarter Kickers. Bis 1928 spielt Seiderer für die SpVgg Fürth, wird 1926 Deutscher Meister.
Aus Liebe, nicht aus Nächstenliebe, vollzieht Hans Sutor 1920 den ersten umgekehrten Wechsel – von Fürth nach Nürnberg. Die „Kleeblättler“ nehmen ihm die Heirat mit einer Nürnbergerin übel. „Ein Wechsel von Fürth nach Nürnberg war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Sutor später, doch er macht es trotzdem. Er fühlt sich von den Grün-Weißen nicht respektiert – wechselt die Seiten und wird mit dem „Club“ 3-mal Deutscher Meister. „Als sich nach Hans Sutor, „Loni“ Weiß, Heiner Auer, „Urbl“ Krauß, Georg Kennemann, Otto Brenzke und Horst Schade auch Reinhold Gettinger anschickte, über die Stadtgrenze zu wechseln, führte das zu wahren Hass-Tiraden gegen den abtrünnigen Spieler und den 1. FCN“, beschreibt das Kicker-Spezial Die großen Derbys die Reaktionen.
„Es scheint für die Clubberer ungefährlicher, mit bloßen Händen in ein Kreuzotter-Nest zu greifen“, vermutet die Nürnberger Vereinszeitung im Juli 1960, „als sich um einen Fürther Spieler zu bemühen.“ Willkommen in der Schlangengrube!Eine solche Sternstunde hat der deutsche Fußball nicht oft erlebt. Insbesondere in den grauen 1980er-Jahren nicht.
Am 2. Mai 1984 macht ein Junge Schlagzeilen, der es auf Schalke zu ähnlich hohen Popularitätswerten bringen wird wie Klub-Legende Ernst Kuzorra. Sein Name: Olaf Thon. Am 1. Mai 1984 ist er 18 Jahre alt geworden. Nun spielt er gegen den großen FC Bayern. Im DFB-Pokal-Halbfinale.
Beim unvergesslichen 6:6 nach Verlängerung gelingen dem Youngster 3 Tore – Schalke, gerade erst wieder im Begriff in die Bundesliga zurückzukehren, erzwingt ein Wiederholungsspiel in München. Doch schon jetzt tragen ihn die völlig euphorisierten Schalke-Fans auf den Schultern aus dem brodelnden Parkstadion.
Schon im Dezember 1984 gibt der Junge aus Gelsenkirchen auf Malta sein Länderspiel-Debüt für Deutschland. 4 Jahre lang werden sie ihm auf Schalke noch zujubeln und 56 Bundesliga-Tore in 167 Einsätzen mit ihm feiern. Dann steigt Schalke 1988 wieder aus der Bundesliga ab und ist völlig klamm. Die „Königsblauen“ verkaufen ihr Mittelfeld-Juwel Olaf Thon aus Geldnot.
Thon: „Eigentlich wollte ich ins Ausland…“
Die Bayern schlagen zu – und zahlen den knappen „Knappen“ umgerechnet 1,7 Millionen Euro Ablöse. Das ist für damalige Verhältnisse viel Geld. „Wir waren abgestiegen. Der Verein benötigte dringend Geld und musste mich deshalb verkaufen“, erzählt Olaf Thon im Januar 2020 der Zeitung Augsburger Allgemeine, „eigentlich wollte ich ins Ausland gehen. Aber damals gab es ja die Ausländerbeschränkung. Uli Hoeneß und Jupp Heynckes haben mich dann davon überzeugen können, dass der FC Bayern München der richtige Verein für mich ist.“ Auf jeden Fall können sie sicher sein, sich eines der größten deutschen Fußball-Talente rechtzeitig geangelt zu haben, bevor die Konkurrenz auf den Trichter kommt.
Mit den Bayern wird Thon 3-mal Deutscher Meister und zudem mit Deutschland Weltmeister 1990. Der damalige Bayern-Coach Erich Ribbeck schult Thon vom Mittelfeldspieler zum Libero um, doch ab 1992 hat Thon mit dem Italien-Rückkehrer Lothar Matthäus („Am liebsten is mer Mai Land“) den ultimativen Platzhirsch als Konkurrenten. Beide harmonieren auch in der Nationalmannschaft allenfalls bedingt miteinander. „Komm nach Hause, Olaf Thon”, singen die mitgereisten Schalker Fans nach Thons letztem Meisterstück mit Bayern 1994, das am 34. Spieltag und ausgerechnet mit einem 2:0 gegen S04 perfekt gemacht wird. Schalke-Macher Rudi Assauer hört gut hin. Er folgt dieser Aufforderung der Anhänger und holt Thon zurück. Ein lohnendes 2. Engagement: 1997 führt er Schalke 04 als Kapitän zum UEFA-Pokal-Sieg, dem größten internationalen Erfolg des Revier-Klubs.Ludwig Kögl weiß, dass seine Karriere möglicherweise ganz anders verlaufen wäre, wenn da nicht ein bestimmtes Detail gewesen wäre.
„Davon gehe ich aus“, sagt der Ur-Bayer der Zeitschrift 11 FREUNDE anlässlich seines 50. Geburtstags am 7. März 2016 und muss lauthals lachen, wie der Verfasser vermerkt.
„Wiggerl“ Kögl, der trickreiche und dribbelstarke Mittelfeldspieler, wechselt 1984 nämlich nur deshalb zum FC Bayern München, weil die „Löwen“ von 1860 es mal wieder versemmelt haben. In der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga hat der in die Drittklassigkeit abgestürzte Deutsche Meister von 1966 nur einen Sieg geholt – und bleibt weiter unten. „Ich wäre schon noch ganz gerne bei den Sechzigern geblieben“, räumt Kögl 2016 ein, „aber als wir den Aufstieg verpasst haben, war ich auf dem Markt und hatte viele Angebote von Bundesligisten. Und letztlich habe ich mich dann für den FC Bayern entschieden.“
Die Enttäuschung der Fans bekommt Kögl, der aus seiner Verbundenheit zum Arbeitermilieu nie einen Hehl gemacht hat, anschließend zu spüren. Es habe „schon ein paar Leute“ gegeben, die „den Kontakt komplett abgebrochen“ und ihm das persönlich genommen hätten, erzählt Kögl.
„Sechzig“-Fans sind unversöhnlich
Wohl auch, weil die großen Bayern den klammen Giesingern für das Talent gerade mal 70.000 Mark Ablöse (!) zahlen. Beim Ablösespiel an der Grünwalder Straße wird Kögl 90 Minuten lang ausgepfiffen.
Ob persönlich genommen oder nicht: Ludwig Kögl trifft die richtige Entscheidung. Bei den großen Bayern kommt er vom Start weg zum Zug, beim 3:1 gegen Arminia Bielefeld am 25. August 1984. Es wird eine Start-Ziel-Meisterschaft für die Münchner. Dass der Jungstar, den die selbst die BRAVO 1985 zum „Sportler des Jahres“ nominiert, nicht abhebt, verdankt er Bayern-Manager Uli Hoeneß. Er verbietet Kögl sogar, einen Porsche zu fahren. Insgesamt 5-mal wird Kögl mit dem FC Bayern Deutscher Meister, dazu kommt eine deutsche Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart (1992), dem er sich 1990 anschließt.
Der bayerische Bursche, der seine Herkunft aus dem Arbeitermilieu nie verleugnet hat, greift mit dem FCB 1987 auch nach dem Europapokal der Landesmeister und steigt unter Teamchef Franz Beckenbauer zum Nationalspieler auf. Bis die „Löwen“ in die Bundesliga zurückkommen, dauert es bis 1994. Da wäre Kögl dann schon 28 gewesen. Also: Alles richtig gemacht.
Fritz Laband ist mit Deutschland 1954 Weltmeister geworden. 3-mal, davon 2-mal, gegen die Türkei und im Viertelfinale gegen Jugoslawien (2:0), hat Bundestrainer Sepp Herberger den Verteidiger vom Hamburger SV eingesetzt.
Nur 2 Jahre nach dem größten Erfolg seiner Laufbahn macht Laband den Fehler seines sportlichen Lebens. Er wechselt im Norden Deutschlands die Seiten.
Vom Hamburger SV zu Werder Bremen – Das ist schon lange vor Einführung der Fußball-Bundesliga kein normaler Spielerwechsel.
Dennoch zieht Laband ihn durch, nachdem er zuvor 122 Spiele für den HSV in der Oberliga Nord absolviert hat. Der Transfer nach Bremen bringt Laband kein Glück.
Ein glückloser Wechsel für den Weltmeister…
Er absolviert im Dress des Hamburger Erzrivalen nur 10 Spiele. Nach nur einem Jahr wechselt der Weltmeister zum unterklassigen Hamburger Klub Grün-Weiß Eimsbüttel. Als Gastronom gerät Laband Jahre später in ernste finanzielle Schwierigkeiten und stirbt nach einer Kehlkopfkrebserkrankung 1982 im Alter von nur 56 Jahren in Hamburg.Irgendwann muss Union Berlin im Sommer 1993 verpfiffen worden sein. „Die Eisernen“ haben sich sportlich gerade durch ein 1:0 gegen Bischofswerda für die 2. Bundesliga qualifiziert. Denken sie.
Der Jubel ist verfrüht. Ein Mitarbeiter von Unions Hauptsponsor, so wird heute vermutet, informiert Jack White („Heute hau’n wir auf die Pauke“), den Schlagerproduzenten, Ex-Profi von PSV Eindhoven und FK Pirmasens, und Präsidenten des Berliner „Klassenfeindes“ Tennis Borussia aus dem noblen West-Bezirk Charlottenburg.
Union, so erfährt der hellhörige Jack White, habe eine gefälschte Bankbürgschaft beim DFB vorgelegt, um sich die Lizenz für die 2. Bundesliga zu erschleichen. Das ist, um im Schlager-Jargon zu bleiben, ein Hit. Jack White informiert sofort den DFB. Die Oberen in Frankfurt reagieren prompt.
Union Berlin wird die Lizenz für die 2. Liga entzogen und Tennis Borussia steigt stattdessen auf. Damit nicht genug.
Tennis Borussia Berlin hatte bei den Transfers nur ein Ziel…
Die „Veilchen“ werben den Ost-Berlinern auch noch zwei Top-Talente ab. Es sind der junge Torhüter Martin Pieckenhagen und Stürmer Jens Henschel. Klarer Fall von „Ich schwäche mal den Erzrivalen“-Transfer! Eine Ablöse zahlt man natürlich nicht.
Pieckenhagen sitzt bei TeBe nur auf der Bank. Der frühere Bayern-Keeper Gerry Hillringhaus ist die Nummer 1 und „Piecke“ macht nur 8 Zweitligaspiele für die Violetten. Henschel kommt 12-mal zum Einsatz, dabei aber nur 7-mal in der Startelf –und bleibt ohne Liga-Tor. Während Pieckenhagen TeBe nach nur einer Saison wieder verlässt, und u. a. Stammtorhüter beim HSV und Hansa Rostock wird, bleibt Henschel bis 1996 und landet danach vorübergehend in der Vereinslosigkeit. Erfolgreiche Wechsel-Geschichten klingen anders…Augsburg-Oberhausen, Nordfriedhof, 18. Oktober 2012. Die Fußballwelt nimmt Abschied von Helmut Haller. Der Vize-Weltmeister von 1966 ist am 11. Oktober 2012 im Alter von 73 Jahren nach langer Demenz- und Parkinsonerkrankung verstorben.
Neben Weggefährten wie Franz Beckenbauer und Uwe Seeler haben auch die italienischen Vereine, für die Haller im Laufe seiner Karriere gespielt hat, eine Delegation nach Augsburg entsandt, der FC Bologna und Juventus Turin.
Carlo Carliceti, der angereiste Sprecher des FC Bologna, würdigt Haller in besonderer Weise: „Er war der größte Spieler, den wir jemals hatten.“ Das ist ein Ritterschlag für den Augsburger. Denn für den kleinen Klub aus der Emilia Romagna spielen u. a. Granden wie die italienischen Vize-Weltmeister Roberto Baggio, Gianluca Pagliuca und Weltmeister Antonio Cabrini.
Haller, dieser super drahtige Stürmer, den sie im Augsburger Dialekt nur „Hemad“ (Das Hemd) nennen, hat den FC Bologna zu seiner einzigen Serie-A-Meisterschaft nach Kriegsende geführt. Am 7. Juli 1964 gelingt durch ein 2:1 in Rom gegen Inter Mailand der Titelgewinn. Etwas mehr als 2 Jahre später wird Haller nach dem mit 2:4 in der Verlängerung verlorenen WM-Finale gegen England unfreiwillig zum „Dieb“ des Spielballs, den die Engländer 30 Jahre (!) später, vor der EURO 1996, von ihm zurückfordern. Den Engländern den Ball klauen, das ist deutsches Gangstertum, wird auf der Insel vermutet…
Auslandswechsel: Böse Briefe für den braven Helmut Haller
In Deutschland nehmen viele Haller eher seinen Wechsel von BC Augsburg, einem Vorgängerklub des FC Augsburg, nach Bologna krumm. Nach Ludwig Janda, Horst Buhtz und Horst „Schimmi“ Szymaniak ist Haller 1962 der 4. deutsche Italien-Legionär.
Der FC Bologna zahlt allein 300.000 Mark – 150.000 Euro – Handgeld für Hallers Dienste. Ein kleines Vermögen.
„Als ich 1962 nach Bologna wechselte“, wird Haller in der Chronik des deutschen Fußballs (2008) zitiert, „war das wie ein Sechser im Lotto.“ In Augsburg verdient er im Monat kolportierte 120 Mark – und bekommt immer wieder unangenehme Briefe, in denen er als „Vaterlandsverräter“ beschimpft wird. Auch ist es in den 1960er-Jahren noch nicht üblich, „Legionäre“ im Nationalteam einzusetzen. Da aber nicht nur Haller, sondern auch Karl-Heinz Schnellinger (1963) und andere ins Lire-Paradies wechseln, bleibt Bundestrainer Helmut Schön gar keine andere Wahl, als sie zu nominieren. So wird Helmut Haller einer von bis heute (Stand: Dezember 2019) nur 5 Spielern, die seit Gründung der Bundesliga im Jahr 1963 in der Nationalmannschaft zum Einsatz kommen, ohne vor der ersten Länderspielberufung in der Bundesliga gespielt zu haben – neben Albert Brülls, Schnellinger, Robert Huth und Shkodran Mustafi.Peter Grosser steht zu Beginn seiner Fußballerkarriere eigentlich im Dienst des „falschen“ Münchner Klubs, des FC Bayern.
Dort rückt er 1958 in die 1. Herrenmannschaft auf. Die Bayern sind zu diesem Zeitpunkt das, was man gemein hin einen „Mittelklasse-Verein“ nennt und vor allem sind sie die Nummer 2 in der eigenen Stadt. Ihre einzige deutsche Meisterschaft haben sie 1932, also vor Urzeiten, gewonnen und der DFB-Pokalsieg von 1957 darf in dieser Phase als Ausreißer nach oben gewertet werden.
Münchens Nummer 1 ist (noch) der TSV 1860. Die „Löwen“, 1963 Süddeutscher Meister und 1964 DFB-Pokalsieger, ziehen folgerichtig auch in die neu gegründete Bundesliga ein. Die Eliteliga bleibt den „Roten“ vom FC Bayern bis 1965 verwehrt.
Die Aussicht auf die neue Bundesliga lockt auch Peter Grosser. Der torgefährliche Mittelfeldspieler hat sich mit 65 Toren in 134 Liga-Spielen auch für die Bayern interessant gemacht. Bei den Harlachingern tobt ein Machtkampf zwischen Präsident Wilhelm Neudecker und Sponsor Roland Endler. Neudecker weigert sich, Grossers Vertrag zu verlängern. Das löst einen Streit zwischen Urviech Neudecker und Endler aus – und der zieht Grosser auf seine Seite.
Ein Journalist hilft Grosser
Auf Vermittlung eines Reporters der Münchner Abendzeitung (az) wechselt Grosser „auf Giesings Höhen“, zu 1860 München und prägt die erfolgreichste Zeit des Vereins mit.
Am 31. August 1963 ist Peter Grosser der erste Doppel-Torschütze für 1860 München in der Bundesliga – beim 3:3 bei Borussia Dortmund. Er führt 1860 zum DFB-Pokalsieg 1964 und als Kapitän bis ins Europapokalfinale der Pokalsieger 1965 im Londoner Wembley-Stadion gegen West Ham United (0:2) und Bobby Moore. Ein Jahr später die Krönung: 1860 wird als erster Münchner Klub Deutscher Meister der Bundesliga-Ära.Der ehemalige deutschen Nationaltorwart Jens Lehmann startet seine Karriere beim FC Schalke 04.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten – nach einem 1:6 in Leverkusen flieht Lehmann aus dem Stadion und fährt mit der Straßenbahn nach Hause – wird er in 10 Jahren bei den „Knappen“ zur Institution. Er hat entscheidenden Anteil am größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem UEFA-Cup-Sieg 1997 in Mailand. Lehmann hält im Elfmeterkrimi gegen Inter-Stürmer Ivan Zamorano.
Bei diesem Finale müssen auch Beobachter des AC Mailand auf den Deutschen aufmerksam geworden sein: 1998 wechselt der Keeper zu Milan.
Aber: Bei den „Rossoneri“ kann er sich aber nicht durchsetzen, Italien wird für Lehmann zum Albtraum. Der Keeper erlebt das, was im Fußball als Höchststrafe gelten darf. Er verschuldet im Oktober 1998 einen Elfmeter, wird ausgewechselt und sein Rivale Sebastiano Rossi, für den die Fans in diesen Tagen lautstark demonstrieren, hält den fälligen Strafstoß. Platzhirsch-Duell verloren! Nach einem halben Jahr ergreift er wieder die Flucht. Nichts wie weg aus Mailand – und zurück nach Deutschland.
Schalkes üble Botschaft für Lehmann
Am 24. Dezember 1998 unterschreibt Jens Lehmann bei Borussia Dortmund. Die Schalker Fans zerlegen vor Wut fast den Weihnachtsbaum – der Junge, der am 19. Dezember 1997 eben im Revier-Derby in Dortmund das erste Tor eines Torhüters in der Bundesliga-Historie aus dem laufenden Spiel heraus erzielt hat (zum 2:2) nun bei „Lüdenscheid-Nord?“ Dat geht gaa nich!
Das spürt Lehmann in der Bundesliga-Rückrunde 1998/99, als er mit Dortmund im Parkstadion spielt. „Wir grüßen den Ersatztorhüter des AC Mailand“, lautet die wenig schmeichelhafte Botschaft in der Schalker Nordkurve. Gut 2 Jahre zuvor hätten sie Lehmann dort beinahe ein Denkmal gebaut…
Auch in Dortmund ist die Sache mit dem Kopfballtor – ausgerechnet zum BVB-Vereinsgeburtstag am 19. Dezember – noch lange nicht vergessen. Lehmann braucht Zeit, um die Herzen der Fans in Schwarzgelb zu erreichen. Erobern wird er sie nie, ein Fan-Liebling wie der Ur-Dortmunder Stefan Klos, vor Lehmann nach Schottland zu den Rangers geflüchtet, oder der Rheinland-Pfälzer Roman Weidenfeller wird er nie.
„Mad Jens“ kostete Dortmund beinahe die Meisterschaft…
Das liegt auch an seinen Gaga-Aktionen, die ihm später in England beim FC Arsenal den Beinamen „Mad Jens“ einbringen. Lehmann sieht in Diensten des BVB 3-mal die Rote Karte! Ein fieser Tritt gegen den am Boden liegenden Freiburger Soumaila Coulibaly bringt ihm im Meisterschafts-Endspurt 4 Spiele Sperre ein – und auf der Dortmunder Südtribüne feiern sie seinen Vertreter Philipp Laux.
Dortmund holt mit Lehmann dennoch die Meisterschale. Ein Jahr später ist diese fragile Beziehung zu Ende. Für 3,5 Mio. Euro Ablöse wechselt Jens Lehmann zum FC Arsenal in die englische Premier League. Ein Verlustgeschäft für den BVB, der ihn im Winter `98 für 4 Mio. Euro aus Mailand los geeist hatte.
Mario Götze. Jahrhundert-Talent von Borussia Dortmund, gefördert von Jürgen Klopp, ist beim BVB zum Nationalspieler aufgestiegen.
Sein Verräter-Wechsel sorgt bis heute für jede Menge Gesprächsstoff. Vielleicht ist es sogar der Transfer, der das Gebaren in der Bundesliga in den 2010er-Jahren am treffendsten charakterisiert. Götze wechselt 2013 von Borussia Dortmund zum größten Rivalen in der Liga, zum FC Bayern München.
Der Wechsel – purer Zündstoff! Unmittelbar in die Vorbereitungen des BVB zum Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid (4:1) in der Champions League platzt die Meldung, dass Götze zu den Bayern geht. Für 37 Mio. Euro.
Pep Guardiola, der designierte Bayern-Trainer, der im Juli 2013 in München anfängt, so heißt es, will ihn unbedingt haben. Davon kann allenfalls bedingt die Rede sein. Insider vermuten eher, dass Matthias Sammer und die anderen Bayern-Bosse ihm Götze aufgeschwatzt haben.
Götze kam in München nie wirklich an
In Dortmund ist Götze jedenfalls untendurch. Fans, die seinen Namenszug auf den Trikots tragen, schreiben eiligst „Judas“ darüber oder streichen den Namen gar durch. Eine besonders pikante Note erhält der Wechsel, als Götze im Champions-League-Finale am 25. Mai 2013 mit Dortmund gegen den FC Bayern im Londoner Wembley-Stadion nur auf der Tribüne sitzt.
Er kommt verletzt in München an. Muskel-Bündelriss, Pause bis September 2013. Der Stotter-Start beim Rekordmeister ist komplett, als Götze bei seiner Vorstellung beim Adidas-Klub ein Nike-Shirt trägt. Künstlerpech – oder doch die falschen Ratgeber?
Bei den Bayern steht Götze nur 59-mal bei 83 Bundesliga-Auftritten in der Startelf, 10-mal wird er vor einem Spiel aus dem Kader gestrichen. Zu viel für einen 37 Millionen Euro teuren Spieler. WM-Siegtor hin oder her. Im Sommer 2016 geht Götze zurück nach Dortmund, doch zur alten Form wie vor dem Verräter-Transfer nach München, mit dem der BVB nachweislich geschwächt wird, findet er nie mehr. Eine Stoffwechselerkrankung sorgt dafür, dass er sein Wettkampfgewicht verliert und sich 2016 durch die EM-Endrunde schleppt. Weder bei Thomas Tuchel, noch bei Peter Bosz, Peter Stöger oder Lucien Favre kann sich Götze seine Stammposition zurückerobern. Es kann also niemand sagen, dass es „am Trainer gelegen“ hat. Er verlässt Borussia Dortmund im Sommer 2020. Ablösefrei – und mit Karriere-Knick.Gernot Petzold scheint ein Prophet gewesen zu sein. Im Januar 2014 schreibt er per E-Mail einen Leserbrief an die Zeitschrift SPORT BILD, der in Ausgabe 02/2014 abgedruckt wird.
„Der beste Stürmer der Bundesliga“, so Petzold, „schießt seine Tore nun bald für die Bayern. Wenn Robert Lewandowski dies als nächsten Schritt auf der Karriereleiter sieht, ist sein Wechsel nachvollziehbar. Schade für die Bundesliga, dass damit der Kampf um die Meisterschaft über die nächsten Jahre noch weiter entschieden scheint. Es droht die große Langeweile!“
Wie recht er damit haben wird, stellt sich spätestens am Abend des 16. Juni 2020 heraus. Robert Lewandowski hat den FC Bayern München in Bremen zur 8. Deutschen Meisterschaft in Folge geschossen – mit seinem 31. Saisontor, wohlgemerkt. In der Torjägerliste ist der Pole in der Bundesliga mindestens genauso konkurrenzlos wie die Münchner in der Abschlusstabelle. „Was ist langweiliger als der FC Bayern? Die Opferrolle seiner Gegner!“, beklagt DIE WELT beinahe ketzerisch die Langeweile der Liga.
Dabei ist diese Situation auch durch 2 so genannte „Verräter-Transfers“ herbeigeführt worden! Der erste ist der von Manuel Neuer, der mit seinen großartigen Paraden ein Punkte- und Titelgarant für die Münchner ist. Dazu aber später mehr. Machen wir uns nichts vor: Kein Transfer zum FC Bayern hat Borussia Dortmund so zugesetzt wie der Abgang von Robert Lewandowski im Sommer 2014.
Kaum zu glauben: Lewandowski verließ Dortmund ohne Ablöse
Dass der Bundesliga-Torschützenkönig von 2014 ablösefrei zum größten sportlichen Rivalen zieht, nehmen einige Fans dem Polen auch nach Jahren noch krumm.
Denn „Lewy“ war nicht nur Top-Torjäger, sondern auch Publikumsliebling in Dortmund. Die Fans vermuten hinter seiner Abwerbung eine ganz bestimmte Strategie: Die Konkurrenz zu schwächen. Im Interview mit SPORT BILD sagt Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer: „Konkurrenten zu schwächen, ist nicht unser Credo!“ Wenig später wird der Lewandowski-Wechsel bekannt gegeben. Binnen eines Jahres ist es der 2. Top-Transfer vom BVB zu den Bayern, nach Mario Götze. Seitdem und mindestens bis zum Juni 2020, haben die Borussen den Münchenern die Meisterschale nie mehr abjagen können. Dass sie 2019 100 Mio. Euro investieren und der inzwischen 31-jährige Lewandowski ihnen mit den Bayern trotzdem am Ende wieder voraus ist, sagt alles.Was haben sie sich in der Bayern-Fankurve alles ausgedacht. Die „Koan Neuer“-Zettel, die nach Bekanntwerden seines Wechsels am 2. März 2011 vor dem Pokal-Halbfinale FC Bayern München gegen FC Schalke 04 (0:1) in der Münchner Allianz Arena in die Höhe gehalten werden, mussten dem Torhüter aus Gelsenkirchen weh tun.
Als Manuel Neuer sich entscheidet, zum Branchenriesen zu wechseln, hat er nicht nur die Rolle des ewigen Zweiten beim FC Schalke 04 satt. Gut, er hat mit den „Knappen“ 2011 den DFB-Pokal gewonnen. Aber in der Bundesliga muss er 2007 und 2010 zusehen, wie die Stuttgarter und die Münchner als Meister grüßen.
Die Abneigung der Bayern-Fans, die sehr rasch verfliegen wird – Fußballfans neigen zu großer Vergesslichkeit, wenn sich der Erfolg einstellt – begründet sich aber mit Neuers Vergangenheit. Der Ur-Schalker hat seine Jugend in der Nordkurve der Arena verbracht und den FC Bayern München mit seinem Eckfahnenjubel Marke Oliver Kahn im April 009, beim 1:0-Sieg der Schalker in der Allianz Arena, komplett düpiert. So etwas vergisst man auf den Rängen nicht so schnell.
Mit Manuel Neuer hatte Bayern wieder eine echte Nummer 1…
Umso bizarrer mutet es an, dass sich die eingeschworenen Bayern-Fans gegen die Verpflichtung des unumstrittenen deutschen Nationaltorhüters wehren, den der Rekordmeister für 30 Millionen Euro Ablöse an die Isar lockt. Die Bayern-Bosse haben ihrerseits genug von Fliegenfänger Thomas Kraft, den der 2011 geschasste holländische Coach Louis van Gaal ihnen als Nummer 1 verkauft hat. Sie wollen endlich wieder einen richtigen Torhüter. Einen wie den Maier-Sepp, den Belgier Pfaff oder den „Titan“ Kahn. Einen Titel-Garanten eben und keinen Problemfall.
Als Stimmen über seinen Transfers laut wurden, hatte der Torwart aber auch mit Verräter-Vorwürfen und Anfeindungen der Schalker Anhänger zu kämpfen. Nachdem ihn Schalkes Aufsichtsratsboss nach dem erfolgreichen Pokalfinale 2011 in Berlin gegen den MSV Duisburg (5:0) nicht umstimmen kann, erhält Neuer am Tag darauf die Quittung. Beim Autokorso durch Gelsenkirchen schafft es ein wütender S04-Anhänger, durchzubrechen. Er ohrfeigt Manuel Neuer.
Eine verbale Schelle für den Keeper sind die „Benimm-Regeln“, die in München ab Juli 2011 kursieren. Die Ultras des FC Bayern München, namentlich die Gruppierungen „Schickeria München“, „Inferno Bavaria ’01“, Munichmaniacs ’96“, „alarMstufe rot“ und „Munich’s Red Pride“, diktieren Neuer, was er zu tun und zu lassen hat. Er darf nach ihrer Ansicht …nie mit dem Megafon die Fangesänge vorgeben, sich nie vor die Mannschaft knien, um das „Humba“-Lied zu intonieren, sich nicht der Südkurve (hier stehen die Bayern-Ultras) nähern, nie sein Trikot in die Kurve werfen und nie das Bayern-Wappen auf dem Trikot küssen. „Ein Fan-Irrsinn, den es so in der Bundesliga noch nie gab“, konstatiert SPORT BILD. Anders gesagt: Erpressung.
In München wird Neuer zum Titelsammler
Neuer lässt sich davon nicht beeindrucken. Der coole, 193 cm lange Torwart-Hüne ist nach München gekommen, um zu bleiben und um endlich Titel zu holen. Spätestens nach dem Triple-Triumph 2013 sind alle Vorbehalte Schnee von gestern.Am 23. September 2000 machen die 25.000 BVB-Fans auf der Südtribüne, Europas größter Stehplatztribüne, mobil. Der FC Schalke 04 tritt bei Borussia Dortmund an. Gut, da ist immer Alarm.
Aber an diesem sehr warmen Septembertag ist alles anders. Der „Verräter“ kehrt zurück. Es ist einer, dem sie 1990 schon mal die Fußball-Pest gewünscht haben: Andreas Möller. Damals hat er am Stadion-Mikrofon gelogen, seinen Vertrag bei der Borussia zu erfüllen – und wechselt zurück zu seinem Stammklub Eintracht Frankfurt. Dass Möller am Ende im letzten Heimspiel 1989/90 mit einem Gedichtvortrag der kleinen Tochter von BVB-Boss Dr. Gerd Niebaum verabschiedet wird, ist der Schlusspunkt eines Schmierentheaters.
1994 ist Möller für viel Geld aus Italien zurückgekehrt, hat das Eis bei den Borussen-Fans mit seinem 3:2-Siegtreffer im Revierderby gegen Schalke gebrochen und den BVB in eine goldene Ära geführt. 2-mal Deutscher Meister, Champions-League-Sieger 1997, Weltpokal 1997. Dortmund wird mit Möller die neue Nummer 2 im deutschen Fußball.
Doch im Frühjahr 2000 verscherzt es sich Möller endgültig mit den Dortmundern. So schafft er es tatsächlich in unser Ranking der nationalen „Verräter-Transfers“. Obwohl einer der besten Fußballer seiner Zeit, gilt er in Deutschland gilt immer noch wahlweise als Heulsuse oder als Überläufer. Wobei das mit dem Heulen könnte ja auch nur eine ausgeprägte Mimik gewesen sein. Möller wurde in seiner Karriere Weltmeister, Europameister, Weltpokal- und Champions-League-Sieger, UEFA-Pokal-Sieger, mehrfach Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger.
Möller scheint problematische Wechsel magisch anzuziehen…
Nach 6 Jahren (1994 – 2000) und 153 Spielen bei Borussia Dortmund, wechselt Möller nun zum Erzrivalen Schalke 04. Eigentlich ein absolutes No Go, doch der Mittelfeldregisseur will einen Neustart. Obwohl er zuvor (mal wieder) beteuert, im Herzen ein Borusse zu sein. So richtig glauben kann ihm das niemand mehr. Die BVB-Fans beschimpfen ihn als „Judas“ und zücken für die „Heulsuse“ vor Spielbeginn am 23. September 2000 tausende Papiertaschentücher.
Auch auf Schalke ist man über den Transfer des Spielers, der die Galionsfigur des Erzrivalen war, not amused. Möller hat ihnen doch einst den Mittelfinger gezeigt. Beim ersten Heimspiel gegen den 1. FC Köln (2:1) wird er ausgepfiffen und im Parkstadion sind Transparente mit „Möller verpiss dich“ und „Zecke Möller, willkommen in der weiß-blauen Hölle“ zu sehen. Ab dem 23. September 2000 ist das alles vergessen.
Möller führt den FC Schalke 04 zum 4:0-Triumph bei Borussia Dortmund. Zur deutschen Meisterschaft mit „Königsblau“ reicht es zwar nicht, aber nach 3 erfolgreichen Jahren mit 2 Titeln im DFB-Pokal verlässt Möller die Gelsenkirchener. Durchaus geachtet.Die „Ich schwäche mal eben den Konkurrenten“-Masche bei Bayern-Transfers setzt im Prinzip mit dem Abwerben der Stars von Borussia Mönchengladbach ein.
Erst wechselt 1980 ein gewisser Karl del‘ Haye von Gladbach zu den Bayern, um sich dort in 5 Jahren in der Reservistenrolle die Karriere zu verderben. 4 Jahre später, Gladbach ist seit 1979 ohne nationalen oder internationalen Titel, wollen die Münchner den für lange Zeit letzten Superstar vom Bökelberg.
Es ist der Franke Lothar Herbert Matthäus, der 1979 von Herzogenaurach zu Borussia Mönchengladbach gewechselt ist. 162 Einsätze absolviert er dann für die rheinische Borussia, doch nach fünf Jahren bei den Fohlen wechselt er 1984 zum FC Bayern München.
Ein Transfer, der sich unter strikter Geheimhaltung vollziehen soll. Klappt aber nicht. Die Bayern-Bosse treffen sich mit Lothar Matthäus und seinem Berater Norbert Pflippen („Pflippi“ / † 2011) Ende November 1983 im Hotel Interconti in Düsseldorf – doch die BILD-Zeitung und Reporter Klaus Bockelkamp riechen den Braten.
Seit Matthäus kennt man den Begriff „Judas“ im Fußball…
Pech für Matthäus! „Als es offiziell wurde“, schreibt der Rekord-Nationalspieler 2003 im BILD-Buch 40 Jahre Bundesliga, „war ich für die Borussen-Fans ein Überläufer.“ Der biblische Begriff vom Judas wird durch den Mann mit dem Evangelisten-Nachnamen praktisch ins Bundesliga-Wörterbuch eingeführt…
Und dann kommt das Pokalfinale! Ausgerechnet gegen seinen künftigen Klub FC Bayern München muss Matthäus in seinem letzten Spiel für Gladbach ran. Im Frankfurter Waldstadion spielt sich ein episches Drama ab. 1:1 nach Verlängerung, Elfmeterschießen – und Lothar Matthäus verschießt! Sein Ball geht über das Tor von Jean-Marie Pfaff. Die Münchner gewinnen mit 8:7 und Lothar Herbert Matthäus ist auf ewig Persona non Grata in Mönchengladbach. „Die Borussen-Fans waren jahrelang gegen mich – doch meine Entscheidung für München war goldrichtig“, sagt Matthäus, der mit den Bayern ab 1985 insgesamt 7-mal Deutscher Meister wird.
Aaron Hunt macht sich im Norden Deutschlands ziemlich unbeliebt. Seine Profikarriere beginnt der Spielmacher 2004 bei Werder Bremen, später führt er aber den Hamburger SV als Kapitän an.
Hunt ist der Sohn einer Engländerin und eines Deutschen. Nach 13 Jahren und über 200 absolvierten Spielen bei den Grün-Weißen, schließt er sich dem VfL Wolfsburg an. Money matters eben doch. Bei den „Wölfen“ kann sich Hunt – bei nur 17 Liga-Einsätzen in der Saison 2014/2015 – allerdings nie richtig durchsetzen.
Daher geht es nach nur einer Saison 2015 ausgerechnet zum Hamburger SV, dem Lokalrivalen und Erzfeind seines ehemaligen Vereins Bremen. Und das am 31. August 2015, dem letzten Tag der Transfer-Periode. Der HSV zahlt 3 Mio. Euro Ablöse für ihn. Hunt nimmt für einen Wechsel nach Hamburg, so heißt es, Einschnitte beim Gehalt in Kauf.
Der Bruch mit Bremen ist perfekt. Bei den Werder-Fans sorgt das für blankes Entsetzen. Trotz seiner guten Leistungen für die Grün-Weißen hat er dort immer einen schweren Stand, was sich durch den Wechsel noch verschlechtert hat.
Hunt hat für Fan-Hass kein Verständnis
„Ich weiß, dass es kein einfacher Weg wird“, weiß Hunt um die Schwere der Aufgabe, „aber ich habe mir alles gründlich überlegt.“ Dass er in Bremen als „Verräter“ beschimpft wird, ist für ihn inakzeptabel: „Hassbotschaften haben im Stadion nichts zu suchen!“
Das erste Spiel im Weserstadion in der Saison 2015/2016 verpasst Hunt aufgrund einer Verletzung. Atmosphärisch und emotional betrachtet ist das wohl auch besser so. Das Verletzungspech bleibt Hunt treu und am Ende muss er sich gefallen lassen, dass er der Kapitän der ersten HSV-Abstiegsmannschaft der Klubhistorie ist. Ein lohnender Wechsel ist das nicht…1977 – Ein Jahr des Umbruchs im deutschen Fußball. Auf Klub- und auf Personalebene.
Mit dem 3. Meistertitel in Folge für Borussia Mönchengladbach endet das fast 10 Jahre währende Duell zwischen den „Fohlen“ und dem FC Bayern München. Der Ex-Gladbacher Günter Netzer und sein Dauerrivale im deutschen Mittelfeld, FC-Idol Wolfgang Overath, verabschieden sich 1977 in die Fußball-Rente.
Da will der berühmteste deutsche Spieler seiner Zeit nicht hinten anstehen. Am 21. Mai 1977 sagt Fußball-Kaiser Franz Anton Beckenbauer (erst mal) „Servus“ zur Bundesliga.
Was über Jahre hinweg undenkbar scheint, ist beschlossene Sache. Beckenbauer wechselt für eine aus heutiger Sicht lächerliche Summe von 900.000 Euro zu Cosmos New York. Der US-Klub will den Fußball, den ,,Soccer”, endlich auch in den Vereinigten Staaten populär machen. Was Hannover 96 beim ersten Bundesliga-Aufstieg 1964 nicht gelingt, klappt bei den New Yorkern: Sie verpflichten Brasiliens Fußball-König Pelé (Monsieur Pelé).
Beckenbauer in die „Operetten-Liga“? No way!
Dass Beckenbauer in die von DFB-Präsident Hermann Neuberger als „Operetten-Liga“ geschmähte US-Eliteklasse wechseln könnte, scheint lange kaum darstellbar.
„Es gab 1977 Hinweise, dass der damals 31-jährige Beckenbauer „seinen“ FC Bayern verlassen würde”, schreibt die damalige BILD-Reporterin Angela Gebhardt 2003 im Buch 40 Jahre Bundesliga, „nur geglaubt hat’s keiner.”
„Der macht irgendwo Urlaub”, heißt es aus nicht so gut informierten Kreisen. Dabei ist Beckenbauer am Ostermontag abgeschwirrt – und verhandelt mit seinem knorrigen Manager Robert Schwan mit Cosmos New York. 7 Millionen US-Dollar sind im Topf, wie kolportiert wird.
Beckenbauer fängt mit seiner Lebenspartnerin Diana Sandmann in Amerika neu an – und macht sportlich dort weiter, wo er in Europa aufgehört hat. Er sammelt Titel. 3-mal holt er mit den New Yorkern die US-Meisterschaft. „Ich wusste, dass Pelé dort war, dass Giorgio Chinaglia (Stürmerlegende von Lazio Rom / † 2012, d. Red.) dort war, aber sonst wusste ich nichts, somit war es ein Abenteuer”, erzählt Franz Beckenbauer 2013 in der sehenswerten Dokumentation Once in a Lifetime (Dt.: Fußball vom anderen Stern) über die Geschichte von Cosmos New York. Aber: Sein neuer Mitspieler Chinaglia ist nicht begeistert. „Warum holt Ihr Beckenbauer, warum brauchen wir hier Beckenbauer? Wir brauchen ihn überhaupt nicht”, beklagt sich der Italiener bei den Cosmos-Bossen.
Auch beim DFB ist man nicht gerade hingerissen vom das New-York-Abenteuer von Franz Beckenbauer, der im Central Park ab und zu Johannes Lennon trifft. Nach wie vor sind Legionäre im DFB-Team verpönt, wie das Beispiel des nicht austrainiert wirkenden Günter Netzer von Real Madrid bei der WM 1974 gezeigt hat. Hinzu kommt, dass die Amis Beckenbauer für die WM 1978 in Argentinien keine Freigabe erteilen. Im Dezember 1977 verhindert der DFB zudem das Beckenbauer-Comeback – oder besser: den „Verräter-Transfer“ zu 1860 München- indem man den WM- und EM-Kapitän von 1974 und 1972 nicht auf die Transferliste setzt. Der „Kaiser“ bleibt im Exil. Ob er schon damals von den „hirnlosen Juristen“ beim DFB gegrantelt hat, wissen wir nicht…Auch der sächsische „Capitano“ ist in unserer Liste zu finden. Denn auch sein Wechsel zu Bayern München sorgt für eine Menge Gesprächsstoff in der Bundesliga.
1999 flüchtet Ballack vor Otto Rehhagel aus Kaiserslautern und wechselt nach Leverkusen, wo ihm der sportliche Durchbruch gelingt. Aber: Nur für den Briefkopf springt halt in Leverkusen nichts heraus. Deutscher Vize-Meister 1999 und 2000 – und letzteres auch noch durch ein Eigentor von Ballack im letzten Spiel der Saison 1999/2000 in Unterhaching.
Selbst 2001/2002 wird es nichts mit dem erhofften Titel für die Leverkusener. Obwohl 3 Spiele vor Schluss 5 Punkte vor Borussia Dortmund, wird die Mannschaft mit dem überragenden Mittelfeld-Duo Michael Ballack und Zé Roberto – Ballack beendet die letzte Leverkusener Saison mit 17 Meisterschaftstoren, was ihm die Auszeichnung zu Deutschlands Fußballer des Jahres und eine Nominierung in das UEFA-„All-Star-Team“ einbringt – in der Meisterschaft, aber auch in den beiden Pokal-Wettbewerben noch gestoppt.
Bayern schwächte mit dem Ballack-Wechsel den ärgsten Konkurrenten
Als Michael Ballack im Mai 2002 mit verweinten Augen im Regen von Glasgow am Champions-League-Pokal vorbei geht, ist bereits klar, dass er zum FC Bayern München wechseln wird. Gemeinsam mit Zé Roberto, versteht sich. Damit reißen die Bayern Bayer 04 förmlich das Herz heraus – in der Saison danach spielen Ballack und Zé mit den Münchnern um Titel, Leverkusen kämpft bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg.
Mit den Bayern holt Ballack in 4 Jahren 3-mal die Deutsche Meisterschaft und 3-mal den DFB-Pokal. Double or nothing! In Leverkusen längst Persona non Grata – bei der Rückkehr im September 2002 pfeifen ihn die Bayer-Fans gnadenlos aus – verscherzt es sich der „Capitano“ aber ausgerechnet im Jahr der Heim-WM 2006 auch mit den FCB-Anhängern.
Ballack wechselt im Sommer 2006 ablösefrei zum FC Chelsea. In London holt er ebenfalls Meister- und Pokaltitel, aber eben nie die Champions League. Er kehrt 2010 zu Bayer Leverkusen zurück. Und wird noch einmal Vizemeister, was sonst?Steffen Freund ist den meisten Fans wohl nur im Trikot von Borussia Dortmund in Erinnerung. Doch der Mittelfeldmotor ist vor seinem Engagement bei den Schwarz-Gelben auch für Erzrivalen Schalke 04 aktiv.
1991 kommt der Brandenburger nach Gelsenkirchen und entwickelt sich dort zum Stammspieler und Leistungsträger. 53 Partien macht er für die „Knappen“.
Doch die sind 1993 immer noch „knapp“ dran in Sachen Kohle. Nach zwei Jahren wurde Freund ausgerechnet an den BVB verkauft. Die finanzielle Lage bei Schalke ist so brenzlig, dass keine andere Wahl bleibt.
Eigentlich will Freund überhaupt nicht wechseln. In einem Interview mit der Zeitschrift 11 FREUNDE sagt er selbst: „Ich habe bis zum Schluss gehofft, dass bei Schalke Ruhe einkehrt und ich bleiben kann. Bei meiner Rückkehr ins Parkstadion gab es natürlich Pfiffe und die unvermeidlichen Judas-Rufe. Aber dafür hatte ich vollstes Verständnis. Man bleibt eben immer Schalker oder Dortmunder.“
Eine Todesanzeige für den „Feind“ aus Dortmund…
Stimmt. Immer nur „oder“ – niemals beides! Die Schalker Fans gehen bei den nächsten Derbys über die Grenzen des Handelsüblichen hinaus. Ein Plakat zeigt Freund mit einer riesigen Todesanzeige im Stadion „Steffen Feind, geb. Freund“. Mehr muss man nicht wissen.
Mit Dortmund feiert der Todgesagte Steffen Freund anschließend allerdings seine größten Erfolge – unter anderem die Meisterschaften 1995 und 1996, den Champions League Titel 1997 und den Weltpokal 1997. Der Wechsel war richtig.Steffen Freund, „Mad Jens“ Lehmann und Andreas Möller sind nicht die ersten Spieler, die im Revier die Seiten wechseln. Diese Transfers gibt es auch schon früher, vor allem in den turbulenten und skandalträchtigen 1970er-Jahren.
Ein Paradebeispiel ist Rüdiger Abramczik. „Abi“, das ist ein echter Schalker. Geboren in Gelsenkirchen, durchläuft der Flankengott und ehemalige Nationalspieler die Jugend bei den Blau-Weißen und steht in 7 Jahren (1973 – 1980) 198 Mal für S04 auf dem Platz. Umso überraschender, dass der Stürmer 1980 zum Erzfeind Borussia Dortmund wechselt.
Es ist ähnlich wie später bei Olaf Thon (zu Bayern) oder Steffen Freund (zum BVB): Die Schalker drücken massive finanzielle Probleme und sie greifen zum Allheilmittel „Stars und Talente verkaufen.“ So auch bei „Abi“, der gar nicht wechseln will.
Bayern-Macher Uli Hoeneß meldet sich telefonisch bei Abramczik – aber zu spät. Der „Straßenfußballer“ hat bei Borussia Dortmund schon zugesagt und hält sein Wort. Das danken ihm in Dortmund nur die wenigsten. „Ich ging durch schwere Monate, musste mir im Stadion und beim Training immer wieder Sprüche drücken lassen. Das erste Jahr war wirklich hart“, erzählt Abramzcik Jahre später.
Nicht-Transfer zu Bayern ärgert Abramczik
In seiner ersten Saison in Dortmund auf 9 Tore in 33 BL-Spielen, der BVB landet auf Rang 7 aber nur im Mittelfeld. Bis zu seinen für den Traditionsklub aus Gelsenkirchen und in den Derbys wird der begnadete Rechtsaußen permanent ausgepfiffen. „Ich war immer froh, wenn die Derbys vorbei waren“, sagt „Abi“, „ich bin zwar ein Schalker Junge, aber ich habe mich in beiden Vereinen wohlgefühlt.“ Seine Erkenntnis: „Vermutlich wäre es für meine Karriere besser gewesen, zum FC Bayern zu wechseln.“
Der ehemalige österreichische Nationalspieler Anton „Toni“ Polster ist in seiner aktiven Bundesligazeit nur bei 2 Bundesligisten unter Vertrag, die kurioserweise auch noch Erzfeinde sind.
1993 zieht es den Stürmer aus Wien von Logrones in Spanien für 5 Jahre zum 1.FC Köln. Dieser Wechsel tut der Bundesliga gut, denn der Wiener ist ein Sympathieträger. In der Domstadt absolviert er 150 Spiele und erzielt 79 Tore. Toni wird Kult. Ein Wiener in Köln – das passt. Mit den „Fabulösen Thekenschlampen“ nimmt er sogar eine Single auf, „Toni, lass es polstern.“ Durchaus zum Thrash-Hit geeignet…
Aber: 1997/98 ist ein Polster zu wenig. 13 Tore von Toni reichen nicht, um den FC vor dem ersten Absturz in die 2. Bundesliga zu bewahren. Am 1. Juli 1998 schließt sich Toni Polster für eine Million Euro Ablöse Borussia Mönchengladbach an.
Als Trainer-Ikone Hans Meyer jedoch zu den Fohlen wechselt, ist Schluss mit lustig für Toni. Der Coach will aus Toni auf die alten Tage ein Laufwunder machen. Das geht nicht gut.
Erst Abstieg mit dem FC, dann mit Gladbach…
Also ist auch weitgehend Schluss mit Spielen und Polster findet sich auf der Ersatzbank wieder. Für die Borussen spielt er in der Abstiegs-Saison 1998/99 noch 31-mal, in der 2. Liga unter Meyer nur noch 7-mal. Danach beendet der Wiener seine Karriere. Bei den Kölner Anhängern ist er allerdings unten durch und wird angefeindet. Das nimmt er den FC-Fans nicht krumm. „Die Wahrheit ist, dass ich unglaublich stolz bin, bei diesen beiden Klubs gespielt zu haben. Das werden viele Fans nicht nachvollziehen können, aber es ist so. Ich bin diesen zwei Klubs immer noch sehr verbunden. Es wäre einfach ungerecht, wenn ich mich da jetzt für einen der beiden entscheiden würde. Fakt ist, dass ich in Köln lieber Fußball gespielt habe“, sagt Toni Polster 2016 in einem SPORT1-Interview, „aber Borussia hat mir die Chance gegeben, nach der Karriere im Fußball zu bleiben und in jeden Teilbereich des Fußballs reinzuschnuppern.
Stimmt. Von 2001 bis 2004 ist Polster im Marketingbereich für Borussia Mönchengladbach tätig. Im Winter 2004 kehrt er als Teammanager wieder zu seinem Stammverein Austria Wien zurück und lässt mit dem Erreichen des UEFA-Cup-Viertelfinales international aufhorchen.Rolf „Rolli“ Rüssmann – Der ehemalige Nationalspieler spielt zwischen 1969 und 1973 sowie 1974 und 1980 insgesamt 10 Jahre für Schalke.
Mit den „Knappen“ holte er 1972 den DFB-Pokal. Zudem kam Rüssmann auf über 300 Bundesligaeinsätze. Er ist der zentrale Abwehrspieler bei S04 und er ist beliebt in Gelsenkirchen. Zumindest bis zu dem Tag, an dem er 1980 zu Borussia Dortmund wechselt.
Dort spielt er bis 1985 in der Bundesliga. Aber: Bei „Rolli“ ist es nicht anders als bei vielen anderen Schalker Stars und Perspektivspielern vor und nach ihm. Die finanzielle Notlage des Vereins zwingt auch im Falle Rüssmann zum Handeln. Sie transferieren ihn zu den Schwarz-Gelben. 400.000 Euro sind am 1. Dezember 1980, als Rüssmann Schalke verlässt, viel Geld.
Auf dem Platz gibt es für Rolf Rüssmann von beiden Seiten Pfiffe. Sowohl die Fans von S04 als auch die Dortmunder Anhänger sind in der ersten Zeit gegen ihn. Das ändert sich erst, als sich der große Blonde mit unermüdlichem Einsatz in die Herzen der BVB-Fans gespielt hat.
Beim BVB wurde Rüssmann vollständig rehabilitiert
Maloche kommt in Dortmund immer noch am besten an. Rüssmann überzeugt als Verteidiger mit Einsatz und Herz, eben mit dem, was im Ruhrpott zählt. Der einst beim Bundesliga-Bestechungsskandal 1971 mit den Schalkern in Ungnade gefallene Abwehrspieler kann seinen guten Ruf wiederherstellen – und ist bei den Fans der beiden Vereine beliebt.
Als Manager macht Rüssmann ab 1990 als Nachfolger des legendären Helmut Grasshoff einen guten Job. Er zieht einen lukrativen Sponsoren-Vertrag mit der dänischen Brauerei Tuborg an Land und holt Stars wie Patrik Andersson, Stefan Effenberg oder Heiko Herrlich an den Bökelberg. Mit Rüssmann als Manager gelingt Gladbach 1995 mit dem Pokalsieg der über einen Zeitraum von 25 Jahren letzte Titelgewinn. Rolf Rüssmann verstirbt am 2. Oktober 2009 in Gelsenkirchen an den Folgen einer Krebserkrankung. Mit nur 58 Jahren.Für Jens Jeremies ist es eine besonders schwierige Situation. Der Defensiv-Allrounder wechselte nicht nur zwischen zwei Erzrivalen, sondern innerhalb der gleichen Stadt.
1995 kommt der ehemalige deutsche Nationalspieler nach dem Abstieg von Dynamo Dresden zum TSV 1860 München.
Dort spielt er 3 Jahre, bevor es ihn zum deutschen Rekordmeister Bayern München zieht. Die 1860-Anhänger verunglimpfen Jeremies in den Derbys danach lautstark als „Judas“ und „Verräter“. Ihm ist das egal.
Der Ritterschlag: Jens Jeremies durfte Hoeneß duzen
Seine Reputation beim FC Bayern ist so hoch, dass ihm der gestrenge Macher Uli Hoeneß das „Du“ anbietet. Duzen lässt sich die personifizierte Abteilung Attacke nämlich nicht von jedem. Der Sachse, der nach eigenem Bekunden „schon als Junge Bayern-Fan“ ist, fühlt sich nach der Ankunft in München sofort wohl. „Ich war eine Woche in München“, erzählt Jens Jeremies im Mai 2010 der Süddeutschen Zeitung, „und habe gedacht, ich bin schon 5 Jahre hier. Ich bin damals bei 1860 zu einer Mannschaft gekommen, in der, glaube ich, 18 Spieler standen, die für 1860 in der Bayernliga gespielt hatten. Das war ein familiärer Verein, in dem man sich vom ersten Tag an wohl gefühlt hat.“
Die Frage: Warum dann wechseln? Jeremies weiß 1998, was auf ihn zukommt. „Ich wusste, das gehört dazu. Der Wechsel war zwar noch nicht offiziell, aber es stand schon in der Zeitung, und eine Woche nach dieser Veröffentlichung war das Derby im Olympiastadion. Da hat dann die eine Hälfte geschrien: “Judas!” Und die andere Hälfte hat geschrien: “Feind bleib Feind!” Aber ich habe mir vor dem Spiel gesagt: Wenn du diesem Druck standhältst – was kann dir dann in deiner weiteren Karriere noch groß passieren? Ich habe dann ein ganz gutes Spiel gemacht, wir haben 2:2 gespielt. Da war das Thema für 1860 erledigt. Das war für mich eigentlich das wichtigste Spiel. Danach habe ich gewusst: Ich kann es eventuell bis ganz nach oben schaffen. Und als ich bei Bayern war, habe ich in meinem ersten Derby dort ein Tor geschossen, dann war das Thema da auch erledigt.“
Thema durch – Jeremies wird beim FC Bayern zum Titelsammler und holt bis zu seinem Abschied 2006 insgesamt 6 deutsche Meisterschaften, 4-mal den DFB-Pokal und – die Krönung – 2001 die Champions League.Christoph Metzelder ist in der Jugend beim SC Haltern aktiv. Im Jahr 2000 erhält er eine Riesen-Chance.
Borussia Dortmund nimmt den Innenverteidiger, der zuvor in der Regionalliga West-Südwest für Preußen Münster spielt, unter Vertrag. Der Junge aus Haltern legt einen kometenhaften Aufstieg hin. Länderspiel-Debüt 2001, Deutscher Meister mit dem BVB und Vize-Weltmeister mit Deutschland 2002. „Metze“ ist auf dem Platz knallhart. Außerhalb tritt der eloquente Abwehrspieler wie ein Diplomat auf und gibt in Zeiten schwacher Dortmunder Trainer gemeinsam mit Sebastian Kehl den Außenminister beim BVB. Sein Einfluss ist groß, nicht nur in Dortmund.
Obwohl durch eine Achillessehnen-Verletzung ab Oktober 2002 sehr lange außer Gefecht gesetzt, verlängert Borussia Dortmund den Vertrag mit dem Abwehrspieler, der mit der Ruhe eines Buchhalters selbst die größten Klassestürmer seiner Zeit kalt stellt, im Jahr 2004. Seinen größten Auftritt im BVB-Trikot hat Christoph Metzelder am 12. Mai 2007.
Beim historischen Derby-Erfolg gegen den FC Schalke 04 (2:0, „Nur gucken, nicht anfassen“), bei dem Dortmund eine mögliche Meisterfeier der Schalker im eigenen Signal Iduna Park verhindert, ist „Metze“ an beiden Toren beteiligt. Dass er zuvor seinen 2007 auslaufenden Vertrag in Dortmund nicht verlängert und ablösefrei zu Real Madrid wechselt, schmeckt vielen Fans nicht.
Glückwünsche für die Zukunft für einen Schalker? Nicht beim BVB!
Der komplette Liebesentzug folgt 2010. In 3 Jahren in Madrid ist Metzelder nie über die Reservistenrolle hinausgekommen und hat zudem seinen Stammplatz in der Nationalmannschaft verloren. Was macht man in so einem Fall? Man wechselt zu Schalke!
Unter der Regie von Schachgroßmeister Felix Magath kehrt Metzelder 2010 in die Bundesliga zurück und hat danach in Dortmund nur noch wenige Freunde. Selbst der „Christoph-Metzelder-Fanclub“ beim BVB löst sich empört auf. Die Erklärung dazu passt zur Rivalität im Pott: „Der offizielle BVB-Fanclub Christoph Metzelder FC ist aus aktuellem Anlass mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Auf die sonst im Wechselfall angebrachten guten Wünsche für die Zukunft verzichten wir aus Gründen der Pietät ersatzlos.“Ole Björnmose kommt 1966 als 22-jähriger Angreifer vom dänischen Klub Odense BK zum Beinahe-Bundesliga-Absteiger Werder Bremen.
Bis zum 13. April 2008 ist der Däne mit 323 Spielen Rekord-Ausländer der Fußball-Bundesliga, ehe ihn der Bosnier Sergej Barbarez ablöst. Als Björnmose 1966 nach Bremen kommt, ist er der 3. dänische Profi in der noch jungen Bundesliga. Bis heute (Stand: Juni 2020) ist er der Däne mit den meisten Spielen in der deutschen Fußball-Eliteliga.
Werder Bremen hat bei Oles Ankunft auf Rang 16 gerade noch den Liga-Erhalt geschafft. Durchsetzen kann sich Björnmose erst im 2. Jahr an der Weser: Seine Einsatzzeit steigt von 5 auf 34 Liga-Spiele sprunghaft an. Bis zu seinem Wechsel nach Hamburg macht er nie weniger als 30 Saisonspiele für die Bremer. 21 Tore gelingen ihm in 137 BL-Spielen für Werder.
Von Werder gekommen, wird Björnmose in Hamburg zum Fan-Liebling
Die Liste der Spieler, die den direkten Weg von Bremen nach Hamburg – oder umgekehrt – nehmen, ist lang. Damals wie heute und in Zeiten von Ultra-Bewegungen, medialem Shitstorm und vielen anderen Widrigkeiten, gilt ein Wechsel von Werder zum HSV immer noch als „No Go“. Das weiß vor Björnmose schon ein gewisser Hans Schulz, der 1966 als erster Bremer Profi von der Weser an die Elbe wechselt. In 5 Jahren beim HSV macht Schulz immerhin 109 BL-Spiele (21 Tore). Als ausgemachter Publikumsliebling ist er in Hamburg jedoch nicht bekannt.
Diesen Status erwirbt sich erst Ole Björnmose. Der dänische Stürmer trägt nach mittelmäßigen HSV-Jahren 1977 mit dem Gewinn des Europapokals der Cupsieger zu einem der größten Erfolge der HSV-Historie bei. Ein Jahr zuvor hat er den Hamburger SV in der Hitzeschlacht von Frankfurt mit dem 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern zum DFB-Pokalsieg geschossen.
Ole Björnmose stirbt am 5. September 2006 in Frederica an den Folgen eines Herzinfarkts.
Europameister, Vize-Weltmeister, Torschützenkönig, und erfolgreicher Manager – Klaus Allofs hat in seiner langen Karriere fast alles erreicht.
Er und sein jüngerer Bruder Thomas absolvieren in der Bundesliga die meisten Spiele als Brüderpaar. Unsere Allofs‘ kommen zusammen auf 802 Spiele und liegen damit klar vor Ditmar und Michael Jakobs (689 Spiele) sowie Friedhelm und Wolfgang Funkel, die es auf 625 Spiele bringen. Mit 71 Treffern, die er zwischen 1975 und 1981 in 169 Partien erzielt, ist Klaus Allofs auch Rekord-Torschütze der Düsseldorfer in der Bundesliga und der erste Spieler, der in Diensten von zwei verschiedenen Klubs (F95, 1. FC Köln, 1979 und 1985) Torschützenkönig wird.
1981 vollzieht Klaus Allofs als erster der beiden Brüder den Tabu-Wechsel von Düsseldorf nach Köln. Die Ablöse von 2,2 Mio. Mark macht ihn zum damaligen Rekord-Transfer in der Bundesliga. „Mit der Rekordablöse rettet der Düsseldorfer Jong den Verbleib der Fortuna in der Bundesliga“, stellt die Zeitung Rheinische Post im Juli 2004 fest.
Allofs wird für die Fortuna zum Vereins-Schreck
Die Rekordsumme kann die Düsseldorfer Fans nicht milde stimmen. In den Derbys gegen die Fortuna wird Klaus Allofs zum ausgemachten Schreckgespenst. 9-mal netzt er in 12 Spielen für den FC gegen die Flingeraner ein. 3-mal trifft er allein beim 4:0-Auswärtserfolg im Rheinstadion am 18. Oktober 1986. Insgesamt kommt Klaus Allofs als Fortuna-Schocker auf 13 Tore, davon erzielt er 4 im Dress von Werder Bremen. Nach Horst Hrubesch, Dieter Müller, Rudolf Völler und Klaus Allofs (je 13) hat nur der 2019 verstorbene Manfred Burgsmüller (17 Treffer) häufiger gegen die Fortuna getroffen.
Mit den Kölnern wird er 1983 noch einmal DFB-Pokalsieger und zieht mit dem FC 1986 ins UEFA-Cup-Finale gegen Real Madrid ein.Wer die Seiten am Rhein tauscht, hat meist nicht viel zu lachen. Legendär ist die Feindschaft von Gladbach und Köln. Dennoch wagen einige Spieler den Wechsel zum „verhassten“ Rivalen.
Einer davon ist Uwe Rahn. Der ehemalige Mittelfeldspieler, eigentlich ein Waldhof-Bube aus Mannheim, beginnt seine Bundesligakarriere 1980 bei Borussia Mönchengladbach. Nach 227 Spielen und 8 Jahren bei den „Fohlen“, in denen er sich zum Leistungsträger und Nationalspieler entwickelt, ist dann allerdings Schluss.
Nach einer schwachen Saison tut Rahn es wirklich, er wechselt zum rheinischen Rivalen 1. FC Köln. In seiner letzten Spielzeit für die Gladbacher hat er nur noch 10 Spiele absolviert.
Schon 1987 steht Rahn eigentlich vor dem Absprung. Die PSV Eindhoven will den Bundesliga-Torschützenkönig (24 Treffer) von Mönchengladbach in die nahen Niederlande holen. Er soll dort den zum AC Mailand abgewanderten Ruud Gullit ersetzen. Das klappt nicht, weil den Gladbach-Machern die Ablöse von 15 Mio. Mark zu niedrig ist…
Rahn-Wechsel nach Eindhoven? Gladbach zögerte zu lange!
Mit einem Rekord-Abgang ins Ausland hätten die Fans am Bökelberg sicher besser leben können als mit einem Wechsel nach Köln! Aber: Rahn, schon in Gladbach in seiner letzten Saison im Formtief und ohne Torerfolg, kann auch der Wechsel zu den „Geißböcken“ mit dem jungen Trainer und Motivationskünstler Christoph Daum nicht beflügeln.
1990 ist Schluss in Köln und Rahn lässt sich nach der Wende von Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC nach Berlin locken. Dort deutet er mit 5 Toren in 21 Spielen zwar noch mal seine Torgefährlichkeit an, aber mit dieser Berliner Trümmertruppe ist kein Staat zu machen – Abstieg als eines der schlechtesten Teams der Bundesliga-Geschichte! Rahn kehrt zurück ins Rheinland, wechselt wieder die Seiten – und steigt mit Fortuna Düsseldorf 1992 erneut ab.
Letzter Versuch: Eintracht Frankfurt, aber im Schatten von „Euro-Eddy“ Edgar Schmitt und dem legendären Anthony Yeboah bringt er es nur auf 12 Einsätze für die SGE. Dann beendet er seine Fußballkarriere in der japanischen J-League und macht in Aktien. Das bittere Fazit: Keine internationale Karriere. Karriereknick durch falsche Wechsel.Für Udo Lattek galten bei Vereinswechseln eigene Regeln. Vielleicht, weil er es sich als erfolgreichster deutscher Trainer auch leisten konnte, mit den Rivalitäten zu spielen.
Übel genommen hat man Lattek zeit seines Lebens die Wechselspiele offenbar nie, auch wenn sie bis heute mehr als brisant daher kommen. Trotz oder gerade wegen dieser Wechsel gehört Lattek in dieses Ranking.
Als der Ostpreuße Lattek 1970 vom DFB, wo er als Assistenztrainer von Helmut Schön 1966 Vize-Weltmeister geworden ist, zum FC Bayern München kommt, wirkt der gerade 35 Jahre alte Trainer, der den alkoholkranken Branko Zebec ablöst, wie ein Naturereignis. Er macht Franz Beckenbauer, Paul Breitner, Uli Hoeneß und Gerd Müller endgültig zu Weltstars und prägt die goldenen 1970er-Jahre des deutschen Fußballs mit – sowohl in München als auch in Mönchengladbach.
Denn: Bei den Bayern wird er nach einem Streit mit dem kantigen Präsidenten Wilhelm Neudecker als amtierender Europapokalsieger von 1974 am 3. Januar 1975 gefeuert. Lattek vollzieht den ersten Tabu-Wechsel. Eigentlich hat er schon bei Rot-Weiß Essen zugesagt, als dann aber Bayerns Dauer-Rivale Borussia Mönchengladbach anfragt, macht er den Rückzieher. „Was würden Sie denn machen, wenn Sie die Wahl zwischen einem Fahrrad (Essen, d. Red.) und einem Mercedes (Gladbach, d. Red.) hätten?“, lautet seine Begründung. In Gladbach knüpft Lattek an die Erfolge aus München an und holt als erster Coach in der Bundesliga mit einem Team 3-mal in Folge die deutsche Meisterschaft (1975 bis 1977).
Von Gladbach nach Dortmund
Nach dem UEFA-Cup-Sieg 1979 der nächste, kribbelige Wechsel: Lattek zieht es zu Borussia Dortmund. Ein Jahr zuvor hat er mit den Gladbachern die Schwarzgelben beim 12:0-Rekordsieg in Grund und Boden geschossen. Der Tod seines Sohnes Dirk beendet sein erstes Engagement beim BVB. In Barcelona sucht und findet Udo Lattek Abstand vom Boulevard in Deutschland und eine neue Herausforderung. Mit dem FC Barcelona holt er 1982 den Europapokal der Pokalsieger, kommt aber mit dem im Sommer des gleichen Jahres neu verpflichteten Superstar Diego Maradona nicht zurecht. Er geht wieder nach München, holt noch einmal 3-mal in Folge den Meistertitel und zieht sich 1987 in Köln nebst blauem Pullover auf den Posten des Sportdirektors zurück. Die Kölner sind in dieser Zeit der ärgste Rivale der großen Bayern. Ist Lattek 1991/92 Trainer von Schalke 04, so sehen wir ihn 2000, mit bereits 65 Jahren, mit DSF-Kappe und Trenchcoat noch einmal auf der Bank des BVB. Für einen siebenstelligen Betrag, so wird gemunkelt, soll der Altmeister Borussia Dortmund vor dem Abstieg retten. Das gelingt. Es ist das letzte Werk des Trainers Udo Lattek, der ab 1988 als Kolumnist und später als TV-Experte in der legendären Sendung „Doppelpass“ scheinbar mehr polarisiert denn als Trainer.
Denn: Während andere Profis als Verräter degradiert wurden, sind ihm die Fans aufgrund seiner Verdienste nie lange böse und auch nicht nachtragend. Wo Lattek ist, ist immer auch der Erfolg. Gut gemacht.In den 1950er-Jahren ist die Rivalität zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln noch nicht sonderlich ausgeprägt. Die „Buuren“ vom Niederrhein nimmt man in der Domstadt nicht ernst.
Das ändert sich, als er die Szenerie betritt. Hans „Hennes“ Weisweiler († 1983). Die Ausgangslage ist klar: Der erst 1948 gegründete FC ist damals die eindeutige Nummer 1 am Rhein. Weisweiler ist ein Kölner Urgestein – sowohl als Spieler als auch als Trainer, doch nach Ärger mit dem Präsidenten Franz Kremer („Der Boss“) verlässt er den Klub und heuert 1964 beim damals noch als No-Name-Klub durchgehenden VfL Borussia Mönchengladbach an.
Noch nimmt man in Köln diesen Konkurrenten, diesen Provinzverein vom Niederrhein, nicht wirklich ernst. Schon 1965 führt Weisweiler sein junges Team, „die Fohlen“, mit den stürmerisch-drängerischen Spielern Günter Theodor Netzer, Hans-Hubert Vogts oder Josef Heynckes, in die Bundesliga. Besonders vor den Duellen mit den rheinischen Nachbarn stichelt der Trainer mit seiner rheinischen Schlitzohrigkeit immer wieder ordentlich und heizt die Stimmung an.
Lieblingsgegner der Gladbacher
Die Folge – die Kölner avancieren zur Hennes-Zeit zum Lieblingsgegner der Gladbacher, die die meisten Derbys gewinnen. Weisweilers Derby-Bilanz: 16 Siege in Wettbewerb übergreifend 36 Spielen. Der wichtigste: Im Pokalfinale 1973 in Düsseldorf. Sein Lieblingsschüler Günter Theodor Netzer, für den Weisweiler nicht immer Nettigkeiten übrig hat („Abseits ist, wenn dat lange Arschloch zu spät abspielt“), wechselt sich selbst ein und erzielt den 2:1-Siegtreffer.
1976 ist Weisweiler zurück in Deutschland. Beim FC Barcelona ist der knorrige Rheinländer gescheitert. Er und hat den Machtkampf mit „Barca“-Ikone Johan Cruyff (1947 – 2016 / „Weisweiler ist nicht der Trainer meiner Wahl“) verloren. Er geht zurück in die Bundesliga und trainiert nun ausgerechnet den 1. FC Köln. Der Titel-Zweikampf mit den Gladbachern 1978, das „Double“ mit Meisterschaft und Pokalsieg sorgen für eine späte Versöhnung des Mannes, dessen Vorname auch das FC-Maskottchen, ein lebender Geißbock, trägt, und den Kölnern. Auch beim anderen rheinischen Rivalen ist Hennes Weisweiler, der am 7. Juli 1983 in der Schweiz einem Herzinfarkt erliegt, unsterblich. Im Borussia-Park ist eine Straße nach ihm benannt.„An Gott kommt keiner vorbei“ – das ist die immer wieder überlieferte Überschrift auf einem Plakat im Ruhrgebiet. Ob es sich um einen Auftritt von Werner Heukelbach oder von US-Prediger Billy Graham („Das Maschinengewehr Gottes“) oder gar der Zeugen Jehovas handelt, dazu gibt es unterschiedliche Darstellungen. Sicher ist nur: Ein unbekannter Fan schreibt darunter: „Außer Stan Libuda…“
Und 2004 wird daraus das gleichnamige Musical. Völlig zu Recht. Denn: Reinhard „Stan“ Libuda ist noch heute eine Legende im Ruhrpott, eine Art deutscher Garrincha.
Das gilt sowohl für sein Wirken beim FC Schalke 04, für den er 2-mal spielt, als auch für seine Zeit bei Borussia Dortmund. Seinen Spitznamen „Stan“ verdankt er dem nicht minder legendären englischen Dribbelkünstler Sir Stanley Matthews.
Mit seinem Aufstieg in den Profikader des FC Schalke 04 avanciert der pfeilschnelle Libuda ab 1961 am Schalker Markt zum Publikumsliebling. Er wird der erste Star beim Revierklub in der neuen Bundesliga-Ära.
Libuda machte den BVB zum ersten deutschen Europacupsieger
1965 wechselt Libuda dann zum Erzrivalen nach Dortmund. Dort macht er mit der berühmtesten Bogenlampe Deutschlands den BVB 1966 zum Europapokal der Pokalsieger. Aus der Siegernacht von Glasgow, nachdem der BVB, von LFC-Coach Bill Shankly als „Borussia who?“ geschmäht, den großen FC Liverpool mit 2:1 nach Verlängerung in die Knie gezwungen hat, ist eine herrliche Libuda-Anekdote überliefert. Sein Mitspieler Alfred „Aki“ Schmidt erzählt sie 2001 unserem Ligalive-Autor. „Ich war mit Libuda auf einem Zimmer“, erzählt der Dortmunder, „und sagte ihm: Morgen wird ganz Dortmund auf den Beinen sein, um uns zu feiern. Stan schaute mich entgeistert an: Ach Quatsch, du bist ja verrückt, kein Mensch wird kommen…“ Falsch. Der Empfang der Europacup-Helden schreibt Stadtgeschichte…
2 Jahre später geht Libuda wieder zurück zu seinem Herzensverein Schalke 04 und führt die „Knappen“ als Kapitän 1972 zum DFB-Pokalsieg und zur ersten Vizemeisterschaft in der Bundesliga. Dass er und seine Kollegen 1971 Geld nehmen, um absichtlich zu verlieren und dass sie einen Meineid schwören – alles vergessen! Libuda ist der einzige Spieler der zwischen den rivalisierenden Klubs hin- und herwechselt und dennoch von beiden Fangruppen geliebt wird! Ein Idol auf beiden Seiten des Grabens. Dafür haben sie auch allen Grund. Denn keiner dribbelt so schön wie „Stan“ und sein Tor von 1966 wird nicht mal von Lars Rickens Lupfer im Champions-League-Finale 1997 gegen Juventus in den Schatten gestellt. An Libuda kommt eben keiner vorbei…