Diego Maradona außer Kontrolle. Als Dopingtrick und Plastikpenis versagen
Diego Maradona feierte bei dem WM 1994 ein umjubeltes Comeback. Bis er des Dopings überführt wurde. Das unrühmliche Ende des Superstars.
Es ist keine gute Idee von Diego Armando Maradona, die Weltmeisterschaft 1994 noch einmal zu seiner Show-Bühne zu machen.
Bei seiner vierten und letzten WM-Endrunde wird der in seiner südamerikanischen Heimat Gott ähnlich verehrte Argentinier zum prominentesten Doping-Opfer der Turniergeschichte – und offenbart einen unglaublichen Trick.
„Marado, Marado“, schallt es am 5. September 1993 durch das Estadio Monumental in Buenos Aires. Im berühmten Final-Stadion von 1978 hat Argentinien in der Südamerika-Qualifikation zur WM in den USA mit 0:5 gegen Kolumbien verloren.
Die Volksseele kocht, die Fans der „Albiceleste“ fordern den Größten. Diego Armando Maradona.Nur er, so scheint es in diesen Herbsttagen, kann Argentinien noch zur WM führen. Doch Maradona ist abgetaucht. Seit mehr als zwei Jahren schon. Am 17. März 1991 wurde der Superstar des SSC Neapel, der Maradona seine Renaissance in den späten Achtzigerjahren verdankt, positiv auf Kokain getestet – und zu 14 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Der argentinische Fußball-Verband sperrt ihn ebenfalls für 15 Monate und ordnet einen Entzug an. 1993 und nach der geglückten Qualifikation für das Turnier in den USA kehrt er tatsächlich ins Nationalteam zurück. Im Land des zweimaligen Weltmeisters ruhen die Hoffnungen auf ein erfolgreiches Turnier in den Vereinigten Staaten noch einmal auf Maradona, obwohl dessen Nachfolger längst übernommen haben: Gabriel „Batigol“ Batistuta und Diego „El Cholo“ Simeone. Auf dem Teamfoto vor dem ersten Gruppenspiel gegen Griechenland (4:0) am 21. Juni 1994 in Boston wirkt Maradona – bei seiner vierten WM-Teilnahme – wie aus der Zeit gefallen.
Zuvor hat Maradona ein individuelles Trainingsprogramm absolviert. Gemeinsam mit seinem persönlichen Coach Fernando Signorini hat er in der Abgeschiedenheit der argentinischen Pampa gearbeitet – und von 88 auf 77 Kilo abgespeckt. Die Fußball-Welt erlebt einen verschlankten Maradona mit modischem Kurzhaarschnitt statt Wuschelkopf. Aber: Diego hat sich von seinem Auftreten her kaum verändert, gibt sich streitsüchtig und extrovertiert. Kaum auf US-amerikanischem Boden, schart er die Medien um sich und poltert gegen die FIFA und ihren Generalsekretär Joseph Blatter.
Er ist mit den Temperaturen nicht einverstanden und er beschimpft die Fernsehsender als die „neuen Bosse des Fußballs.“ Dass er überhaupt wieder wettbewerbsfähig ist, verdankt er neben seinem Privatcoach auch dem kanadischen Leichtathleten Ben Johnson. Der Sprinter, 1988 im 100-Meter-Finale von Olympia in Seoul nachweislich gedopt, ist neuer Lauftrainingspartner von Maradona. Beim FC Sevilla in Spanien hat der alternde Weltstar Maradona – inzwischen 33 – noch einmal eine ordentliche Saison gespielt. Warum nicht also auch eine gute WM? Die Zweifel sind scheinbar rasch verflogen.
Ein unrühmliches Ende für den Superstar
Am 21. Juni 1994 sieht die Fußballwelt den „neuen“ Maradona. Er spielt neben einem seiner argentinischen Zauberlehrlinge, dem langmähnigen Gabriel „Batigol“ Batistuta. Gegen den Außenseiter Griechenland ist Diego noch einmal ganz der Alte. Es ist, als würde er sich noch einmal zu einem letzten Aufbäumen erheben.
Maradona jagt einen Linkschuss aus 16 Metern ansatzlos in den Kasten des griechischen Torhüters Antonius Minou – falls das mal bei Jauch gefragt wird – und dreht völlig ab. Diego rennt jubelnd, brüllend in Richtung TV-Kamera. Seht her, ich bin wieder da!
Doch wie das so ist mit dem Rausch. Er ist intensiv – und schnell vorbei. Im Falle Maradonas vier Tage später. Nach dem 2:1 gegen den WM-Neuling Nigeria bittet man Maradona in Boston nach der Partie direkt zur Doping-Kontrolle. Die Gesichter der FIFA-Dopingexperten verfinstern sich schnell. Maradona ist auf fünf (!) verbotene Substanzen positiv getestet worden. Die Skandalmeldung geht noch am Abend über die Nachrichtenticker. Möglich wird seine Überführung deshalb, weil Maradona, da von einer Krankenschwester gleich zur Dopingkontrolle geführt, keine Zeit mehr hat, seinen wohl altbewährten Trick anzuwenden.
Jahrelang hat er die Dopingkommissionen so an der Nase herum geführt. Er trägt bei angekündigten Dopingkontrollen einen Plastikpenis und Fremdurin mit sich. Dieses Mal geht das Täuschungsmanöver schief. „Diego Maradona wird von allen fußballerischen Aktivitäten ausgeschlossen“, erklärt sein Erzfeind Blatter kurz darauf. Maradonas WM-Karriere ist zu Ende.