Fußballstar Mark Hughes: FC Bayern und Wales an einem Tag…
Am 11. November 1987 legte der walisische Nationalspieler Mark Hughes eine logistische Leistung der besonderen Art hin. Der Profi des FC Bayern München spielte am gleichen Tag für den Bundesligisten und für die Nationalmannschaft von der Insel.
Mark Hughes (55) gehört im walisischen Fußball zu den Granden, deren Karriere ohne ein großes Turnier zu Ende ging. Oder fast. Ryan Giggs, wie Hughes eine Legende von Manchester United, bekommt 2012 im Herbst seiner unvergleichlichen Laufbahn noch das Olympische Fußballturnier in London. Dank des gesamt-britischen Teams, das in der Hauptstadt aufläuft.
Hughes, aber auch Liverpools Torjäger-Legende Ian Rush oder Greg Bellamy gehen leer aus.
Das ganz große Turnier erlebt nur Gareth Bale. Der seit 2013 für Real Madrid spielende Außenstürmer führt Wales zur EURO 2016 und dort sensationell bis ins Halbfinale. Von den Geschichten um Hughes, Rush oder Giggs brauchen sich Bale und seine Mitspieler nicht mehr necken zu lassen…Und Mark Hughes? Insgesamt 72 Länderspiele macht „Sparky“, wie der Stürmer auf der Insel genannt wird, zwischen 1984 und 1999 für die Waliser. Aber keines ist so denkwürdig wie die Partie in der Tschechoslowakei am 11. November 1987.Ab geht die wilde Fahrt! Die Idee, am gleichen Tag für Verein und Nationalmannschaft zu spielen, stammt von keinem Geringeren als Bayern-Manager Uli Hoeneß (66)
Der Münchner Macher holt den in „La Liga“ beim FC Barcelona neben Englands Top-Stürmer Gary Lineker nicht zur Geltung kommenden Hughes im November auf Leih-Basis in die Bundesliga.
Hughes‘ Bilanz bei den Bayern: 18 Liga-Spiele und 6 Treffer. Keine schlechte Quote.
In Erinnerung bleibt aber Hughes‘ Abenteuerreise im Herbst 1987. Hoeneß rät dem Bayern-Star, direkt im Anschluss an das wichtige Länderspiel in der CSSR nach Deutschland zu reisen. Eine richtige „Länderspielpause“ gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
„Hoeneß wusste, dass ich an diesem Mittwoch für Wales spielen würde, also fast zeitgleich mit dem FC Bayern“, erzählt Hughes schon 1989 der BBC. Abends trifft sein Klub im DFB-Pokal im Olympiastadion auf Borussia Mönchengladbach.
Ein Spiel, das schon allein vom Prestige her zu wichtig ist, um es zu verpassen… „Uli Hoeneß fragte mich im Vorbeigehen, um welche Zeit das Spiel denn sei“, berichtet der Waliser, „ich sagte: Um halb 3 nachmittags. Von diesem Moment an tätigte Hoeneß ein paar Anrufe…“ Wenig später kommt der Bayern-Manager zu Hughes und teilt ihm feixend mit: „Ich denke, dass du am selben Abend für uns spielen kannst.“
Länderspiel-Reisen nach Osteuropa sind in den Zeiten des Kalten Krieges noch ein Abenteuer. Bis zum Fall der Berliner Mauer und zum Aufreißen des Eisernen Vorhangs sind es noch genau 2 Jahre.
Für die Waliser ist die Partie in Prag auf dem Weg zur Europameisterschaft 1988 in der BR Deutschland – dem letzten großen Turnier vor dem Ende des Ostblocks – immens wichtig.Hughes wundert sich. „Ich dachte erst, dass Uli Hoeneß scherzen würde, aber das tat er offensichtlich nicht. Ich war erstaunt, wie gut er organisiert war.“
Gut organisiert und vernetzt zu sein – Das ist seit fast 40 Jahren ein Markenzeichen der Arbeit von Uli Hoeneß in München. Seine Spieler sind ihm beim FC Bayern heilig. Als Mehmet Scholl einmal private Probleme hat, lässt ihn Hoeneß kurzerhand in seinem Haus am Tegernsee wohnen. An diesem 11. November 1987 legt er sich für Mark Hughes ins Zeug.
Der Terminstress scheint Hughes in Prag nicht zu bekommen. Wales, u. a. mit Hughes, Ian Rush und Torhüteridol Neville „Müllmann“ Southall verliert gegen das von Vize-Weltmeister Josef Masopust trainierte CSSR-Team mit 0:2. Torschütze zum 1:0 für die Tschechoslowakei ist Ivo Knoflicek, der von 1989 an auch seine Visitenkarte beim FC St. Pauli in der Bundesliga abgibt.
In der Abwehr der CSSR spielt ein hagerer Blonder, der mit dem 1. FC Kaiserslautern Bundesliga-Geschichte schreiben wird: Miroslav Kadlec, Deutscher Meister 1991 und `98.Bei Schlusspfiff muss alles ganz schnell gehen. Hughes wird – in kompletter Spielkleidung – mit einem geliehenen Lada direkt zum Flughafen gebracht. Dort wartet ein von den Bayern organsierter Privatjet auf ihn.
Im Flugzeug bleibt dem stark angefragten Star gerade noch Zeit, um sich umzuziehen. Hughes schafft es tatsächlich zum 2. Spiel am gleichen Tag. Zu Beginn der zweiten Halbzeit wärmt er sich im Olympiastadion vor der Südkurve, wo die treuesten Bayern-Fans stehen, auf – und erntet tosenden Applaus. Erst eine Woche zuvor hat er gegen Bayer 05 Uerdingen (3:0) sein Bundesliga-Debüt gegeben.
Mit Hughes ringen die Münchner die Fohlen mit 3:2 nach Verlängerung nieder. „So“, bilanziert BBC Sport im November 2018, „stand an diesem Tag wenigstens ein Waliser auf der Seite der Gewinner.“
Am Saisonende holt United-Coach Alex Ferguson, damals noch ohne „Sir“, Mark Hughes zurück zu Manchester United. Bei den Red Devils gelingt Hughes Historisches. 1991 nimmt er als Kapitän die erste Europapokaltrophäe für ein englisches Team nach der internationalen Aussperrung entgegen, 1993 gewinnt er mit Man. United die erste Meisterschaft in der neu geschaffenen Premier League. Bis 1995 spielt Hughes bei seinem Herzensverein Manchester United.