Matthias Sammer rügt VfB Stuttgart: Eine Katastrophe!
Drei Spiele unter Coach Markus Weinzierl, drei Pleiten, bei 0:11 Toren – der ruhmreiche VfB Stuttgart hängt am Tabellenende der Fußball-Bundesliga fest. Die Schwaben müssen nach dem 0:3 (0:2) gegen Eintracht Frankfurt vernichtende Kritiken einstecken. Auch von einem, der den Verein 1992 zu Meisterehren führte: Matthias Sammer.
Matthias Sammer (51) hat jüngst in Hamburg den SPORT BILD-Award als „Bester TV-Experte 2017“ erhalten. Dass er diesen Preis völlig zu Recht erhalten hat, beweist der Europameister 1996 allwöchentlich in seinen Analysen beim Bundesliga-Broadcaster Eurosport. Wenn Sammer in seinem Element ist, wenn sich der Rotschopf so richtig in Rage redet, geht es rund.
Der inzwischen zweitklassig firmierende Hamburger SV („Die Hamburger sollten den Antrag stellen, künftig ohne Ball zu spielen“), aber auch sein Ex-Klub VfB Stuttgart bekommen von Sammer nach Nicht-Leistungen eine volle Breitseite.
Wie am Freitagabend. Der VfB Stuttgart müht sich zwar gegen eine erfrischend aufspielende Eintracht aus Frankfurt (0:3), doch am Ende der 3. Partie unter dem neuen Coach Markus Weinzierl steht wieder die Null. Kein Punkt und 0:11 Gegentore. Die Folge: Der VfB Stuttgart scheint auf dem 18. Tabellenplatz festgeeist.Zu viel für Sammer. Der Mann, der mit dem VfB Stuttgart 1992 im Fernduell mit seinem späteren Klub Borussia Dortmund und eben den Frankfurtern Deutscher Meister wird, und dessen Zeit in der Schwaben-Metropole der Grundstein zu seiner Weltkarriere war, legt los.„Der VfB hatte mehr Möglichkeiten als in allen Spielen zuvor, sie haben wieder die erste Chance – es gibt im Leben eine ganz einfache Regel: Wenn Du dich irgendwann nicht belohnst, bist Du selbst schuld“, kritisiert Sammer.
Im Eurosport-Studio in der Mercedes-Benz-Arena ist er an der Seite von Moderator Jan Henkel („Mille Grazie in Bocco al Lupo“) in seinem Element. Sein vernichtendes Urteil über den VfB Stuttgart: „Das ist taktisch eine Katastrophe, das ist Wahnsinn!“
Sammer geht sogar so weit, den Stuttgartern die Bundesliga-Tauglichkeit abzusprechen. „Vor dem 0:1“, ätzt er, „ist eine Kette von Fehlern in den Zweikämpfen abgelaufen.“ Dabei haben die Hausherren mit 55 Prozent gewonnenen Zweikämpfen sogar die bessere Quote als die Hessen.
Die Unordnung in der Stuttgarter Defensive vor dem 0:2 durch Ante Rebic ist, so Sammer kopfschüttelnd „abenteuerlich.“ Der Vize-Weltmeister aus Kroatien kommt nach einem eigentlich schon geklärten SGE-Angriff unbedrängt zum Kopfball – und wuchtet zum 0:2 ein.Auch für seinen Vorbereiter Luka Jovic (20) scheint sich auf schwäbischer Seite niemand zu interessieren. Sammer tobt: „Da kann ich ja noch einen Espresso trinken und ein Stück Erdbeerkuchen essen – das darf einfach nicht passieren.“
Bessere Zweikampfquote, mehr Ballbesitz, mehr angekommene Pässe (397:341) – eigentlich ist der VfB Stuttgart in vielen spielrelevanten Bereichen besser als der Gast aus Frankfurt.
Unter dem Strich ist ein 3-5-2-System mit einem überfordert wirkenden Holger Badstuber in der zentralen Position in der Abwehr taktisch gesehen wirklich eine Katastrophe, wie Sammer es ausdrückt. Taktisches Harakiri.
Und Coach Markus Weinzierl? Der 43-jährige Straubinger steht am Spielfeldrand, als würde er nicht dazugehören. Kein Feuer, kaum Anfeuerungen, passive Körpersprache.Der Effekt des Trainerwechsels beim VfB Stuttgart ist nach nur drei Spieltagen verpufft. Die desaströse Bilanz unter Markus Weinzierl, der den beurlaubten Tayfun Korkut ersetzt, geht vor allem auf die unzureichende Kader-Zusammenstellung zurück.
Das 0:3 gegen Frankfurt ist die vierte Bundesliga-Niederlage in Folge. 5 der letzten 6 BL-Spielen hat Stuttgart verloren.
Die Leistungsdaten der Neuzugänge liegen meilenweit hinter den Ansprüchen in der baden-württembergischen Metropole, wo man nach der Fast-Qualifikation für die Europa League – nur Frankfurts Pokalsieg verhinderte diese – schon wieder von besseren Zeiten geträumt hat.
Routinier Gonzalo Castro (31), für 5 Mio. Euro von Borussia Dortmund geholt, kommt auf lediglich 2 Tor-Beteiligungen in 8 Einsätzen – zu wenig. Für Nicolas González (20), 8,5 Mio. Euro teurer Neuzugang von Argentinos Juniors, ist nach neun Einsätzen noch ohne Torerfolg. Hinter dem von Manchester Citys U23 geholten, nach Außenbandriss zum Zuschauen verurteilten Pablo Maffeo (20) ist der argentinische Mittelstürmer teuerster Transfer der Vereinsgeschichte.