Vor 20 Jahren: Confed-Cup – Das Turnier des Grauens!
Juli 1999. Bundestrainer ,,Sir” Erich Ribbeck ist seit nunmehr 10 Monaten im Amt. Aber irgendwie hat keiner mehr Bock auf ,,Die Mannschaft”, die noch gar nicht ,,Die Mannschaft” heißt.
Unter dem Vize-Weltmeister-Coach von 1982, den der DFB nach dem Rücktritt von Berti Vogts in einer peinlichen Posse erst gemeinsam mit Uli Stielike und dann doch ohne den Ex-Nationalspieler ins Amt hievt, liefert die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Spiele zum Fremdschämen ab.
In den ersten 9 Länderspielen unter Ribbeck gelingen nur 4 Siege, davon 2 gegen No-Name-Gegner wie Moldawien (6:1) und Nordirland (3:0). Trotzdem ist das Schlussbild vor der Länderspiel-Sommerpause am 4. Juni 1999 in Leverkusen positiv oder besser: versöhnlich. 6 Tore gegen den Fußball-Zwerg Moldawien in der EM-Qualifikation für 2000.
Dumm nur, dass die DFB-Verantwortlichen im Sommer auf einer gefühlt bis heute andauernden Werbe-Tour für die WM 2006 in Deutschland sind. Die Teilnahme am Confederations-Cup 1999 in Mexiko ist also Pflicht für den WM-Ausrichter in spe, der in Mexiko groß aufzieht.Im DFB-Tross ist alles mit dabei, was Rang und Namen hat. Der unvermeidliche Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge, der sich schon 1986 unter mexikanischer Sonne in seiner letzten WM gequält hat.
Rummenigge, heute beim FC Bayern Vorstandschef und der Mann für das ,,offene Wort”, berichtet in Queretaro, WM-Spielort von 1986, von ,,strahlend glücklichen Kinderaugen” und zeigt den Kids seine legendären Dribblings. Schön, wenn man Kinder glücklich machen kann.
Erich Ribbeck hat derwall… ähm derweil andere Sorgen. Die größte Frage für den Sir: Wer soll eigentlich spielen? Es ist Ende Juli und den Bundestrainer erreicht eine Flut an Absagen. ,,Wir waren von Beginn an chancenlos”, bilanziert Ribbeck, inzwischen 82, in SPORT BILD (Ausgabe 24/2017) vor dem Confed-Cup in Russland, ,,ich hatte eine gealterte B-Elf ohne Vorbereitung – während zum Beispiel Brasilien 4 Wochen lang im Trainingslager war.”
Das merkt man. Die ,,Selecao” schießt Deutschland im ersten Spiel in Guadalajara direkt und ohne viel Federlesen mit 4:0 ab. An diesem ominösen 24. Juli 1999 beginnt für Deutschland ein Turnier des Grauens. Der von der FIFA 1992 als ,,König-Fahd-Pokal” ausgeknobelte Wettbewerb toppt den Peinlichkeits-Faktor vergangener deutscher Auftritte wie 1978 bei der WM in Argentinien, 1982 in Spanien oder 1984 in Frankreich (EM) noch um Längen. Ribbeck hat die Blamage kommen sehen, doch er muss sich dem DFB-Diktat fügen. ,,Wir hatten keine Wahl”, sagt der UEFA-Cup-Sieger von 1988 Jahre später, ,,auch wenn wir das lange diskutiert haben.”Ist es bei den Peinlichkeiten der späten 1970er- und Mitte der 1980er-Jahre wenigstens die ,,echte” Nationalmannschaft mit echten Ego-Trippern wie Toni Schumacher, Uli Stein oder Manni Kaltz, so fällt dieses deutsche Team fast komplett in die Rubrik ,,Was, der war mal Nationalspieler?”
Es laufen auf: Fenerbahces Mustafa Dogan, Frank Baumann und Heiko Gerber vom 1. FC Nürnberg, Horst Heldt von 1860 München oder Ronald Maul vom Zweitligisten Arminia Bielefeld. Dazu kommen immerhin gestandene Bundesliga-Knipser wie Olaf ,,Toni” Marschall vom 1. FC Kaiserslautern und der Torschützenkönig der Saison 1988/99, Michael Preetz von Hertha BSC. Das geht. Aber nur deshalb, weil die erste Sturmreihe mit Oliver Bierhoff und Ulf Kirsten dankend abgewunken hat. Mit dabei ist auch einer, der in der Nationalmannschaft wirklich der komplett Unvollendete ist: Der Dortmunder Champions-League-Sieger und Systemkritiker Lars Ricken.
Mit im Gepäck hat man neben viel guter Laune – Erich Ribbeck verwechselt Heiko Gerber zwischendurch mal mit Ronny Maul – auch die gute alte deutsche Weisheit ,,Wir sind eine Turniermannschaft”. Das geht auch. Aber eben nur im 2. Spiel gegen das nicht als Fußball-Weltmacht firmierende Team aus Neuseeland (2:0) in Guadalajara. Die deutschen Fans, die sich das Ding mitten in der Nacht antun, sehen das 3. und letzte Länderspiel-Tor von Michael Preetz. Sie denken sich die Worte, die Hertha-Macher Preetz heute am Ende einer jeden Saison wiederholt: ,,Da hätte man sich mehr gewünscht.” Und: Sie erwarten jetzt gegen die USA die große Wende.
Dass aber 1999, im ersten Jahr nach Kohl und Berti Vogts nix mehr so ist, wie es mal war, zeigt sich am 30. Juli 1999 in Guadalajara – 0:2 gegen die US-Boys und ,,Aus” ohne Applaus. Die bis dahin schlimmsten 6 Tage in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft sind vorbei. Ribbecks Reste-Rampe packt die Koffer. Und da man im Nachhinein immer schlauer ist, wäre es – wie 1997 in Saudi-Arabien – für den noch amtierenden Europameister besser gewesen, auch dieses Turnier abzusagen. Das hat ,,Sir” Erich aber nicht in der Hand. ,,Wir mussten wegen der Bewerbung zur WM 2006 teilnehmen”, sagt Ribbeck 2017, ,,und waren schon vorher die Deppen der Nation. Es war ein Todes-Kommando.”