Erst verdienten sie Millionen, doch dann wurde es “schwierig”

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Erst verdienten sie Millionen, doch dann wurde es “schwierig”

Erst verdienten sie Millionen, doch dann wurde es “schwierig”. Diese 30 Fußballstars gerieten in finanzielle Turbulenzen

Es gibt Fußballprofis, die die Weichen in ihrer Karriere richtig stellen.

Das sind die Fußballer der Kategorie 1, die das in zehn, 15, maximal 20 Profijahren erspielte Geld gewinnbringend anlegen oder anschließend einen lukrativen Job als Fernseh-Experte, Trainer, Klub-Repräsentant oder Markenbotschafter finden. Franz Anton Beckenbauer, Uli Hoeneß, Günter Netzer, Uwe Seeler oder Thomas Helmer gehören dazu.

Dann gibt es die Fußballer der Kategorie 2, die während der Profikarriere gar nicht genug verdienten, um anschließend problemlos arbeitsfrei durchs Leben zu kommen.

Und schließlich gibt es die Profis der Kategorie 3. Diese verdienten zuerst Millionen, doch dann…dann wurde es prekär. Nicht nur das Viele dieser Fußballstars gingen Pleite.

Einige machten sich den legendären Spruch von Ex-Inter Mailand und Tasmania Berlin Profi Horst Szymaniak zum Lebensmotto. Ein Drittel mehr? Nee, ich will mindestens ein Viertel. Horst Szymaniak. Das war in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrtausends noch ganz anders. Wer hier eine gute Ausbildung für den Profisport geopfert, es dann nicht bis ganz nach oben geschafft und für durchschnittlich 5.000 bis 10.000 Euro gearbeitet hat, der hat zwar viel verdient. Nach maximal 15 Jahren Karriere, einem Grenzsteuersatz von 40 Prozent und einem typischen Fußball-Profi-Ausgabeverhalten bleiben netto bei Karriereende zwischen 100.000 und 300.000 Euro.

Das ist nicht schlecht, reicht aber natürlich nicht, um danach die nächsten 40 – 50 Jahre sorgenfrei Schirmchendrinks auf Ibiza trinken zu können. Und wenn man dann der weniger schlauen, pardon, eher einfach gestrickten Fußballerspezies ohne gute Ausbildung angehört, dann sind Geld, Ruhm und ein sorgenfreies Leben schnell weg. In der englischen Premier League liegen die nach Wochengehältern gerechneten Einnahmen noch einmal höher als in der Bundesliga. Das legt die Vermutung nahe, dass dies reicht, um das Leben nach dem Fußball bügelfrei gestalten zu können.Ein Trugschluss. Denn in den 1970er- und 80er-Jahren war beispielsweise die Besteuerung in Großbritannien extrem hoch, bis Margaret Thatcher († 2013) kam. Großbritannien hatte in den 1970er-Jahren einen Höchststeuersatz von 83 Prozent, der sich mit Kapitaleinkommen sogar auf 98 Prozent erhöhen konnte.

Ein Grund, weshalb einst die Rolling Stones und mit ihnen viele andere Künstler) geschlossen England verließen (was den offiziellen Wohnsitz anbetraf) und nach Frankreich oder anderswo hin zogen.

Und apropos Premier League… diese 1992 ins Leben gerufene englische Fußball-Eliteliga fördert dank ihrer Fabel-Gehälter den Prototyp des verschwenderisch-überheblichen Fußballstars. Genau die! Die Protz-Profis, die mit 16 Profi werden, mit 18 im Geländewagen zum Training fahren, später boulevardträchtige Bettgeschichten mit Starlets liefern und fünfstellige Rechnungen in Nobeldiscos und Szene-Bars lässig mit der Kreditkarte bezahlen.Wo setzen wir an? In der deutschen Wirtschaftswundergesellschaft der 1950er-Jahre, wo Solidität quasi das elfte Gebot ist, müssen die meisten der „Helden von Bern“ keine allzu großen Zukunftsängste hegen.

Sie werden – wie Werner Liebrich oder Heinz Kubsch – für das „Wunder“ im Finale vom 4. Juli 1954 gegen Ungarn (3:2) mit einer Lotto-Annahmestelle belohnt oder legen die harte deutsche Mark krisensicher an.

Ottmar Walter kauft sich in Kaiserslautern eine Tankstelle. Sein Bruder Fritz, ohnehin die Lichtgestalt der Berner Helden, wird Markenbotschafter für einen Sportartikel-Hersteller und die erste Werbe-Ikone im deutschen Fußball. Sein im pfälzischen Idiom geliefertes Bekenntnis „Isch liebe den Kigger“ ist Kult

Aber: So gut, wie „der alte Fritz“ oder wenige Jahre später Uwe Seeler, der live „Im Frühtau zu Berge pfeifend“ ebenso überzeugend wie kultverdächtig für ein Rasierwasser war, die Dinge verkaufen, gelang das natürlich nicht allen Profis der damaligen Zeit. Profifußball und Alkohol – zwei ewig konträre Kräfte! Die dem Alkohol zu sehr zugeneigten Helmut „Boss“ Rahn oder Werner Kohlmeyer seien als frühe Beispiele für die Kehrseite der Medaille genannt…Die folgende Generation mit Fußballhelden wie Uwe Seeler, Willi Schulz, Wolfgang Overath oder dem omnipräsenten Franz Beckenbauer sichert sich als Repräsentant großer Firmen, von Sportartikel-Herstellern oder als Werbe-Stars nachhaltig ab.

Günter Netzer macht es gewohnt innovativer. Er kauft eine Discothek in Mönchengladbach und gibt die Stadionzeitung der Borussia selbst heraus. Heute, mit +70, ist der geniale Spielmacher von einst längst ein Selfmade-Medienunternehmer, der sich zur Ruhe gesetzt hat.

Thomas Helmer, Jürgen Klinsmann, Lothar Matthäus, Andreas Möller, Olaf Thon oder Karl-Heinz Riedle, die Helden der 1990er-Jahre, etablieren sich im Trainergeschäft, als TV-Experten oder Repräsentanten ihrer früheren Klubs.

So weit, so solide. Doch die Zahl dieser Stellenangebote ist – gemessen an der Masse an Fußballprofis – dünn gesät. Und auch die lukrativen Werbeverträge werden bei Karriere-Ende immer schmaler.Klammern wir die unverschuldet oder durch gesundheitliche Probleme ins finanzielle Abseits geratenen Profis aus – im Ranking sollen sie dennoch nicht unerwähnt bleiben – , so lässt sich eine Linie erkennen.

Die Geschichte der Pleite-Kicker folgt einem oft unterschätzten, aber stets gleichen Teufelskreis, den Fans und Medien gern mit Floskeln wie „Zu jung an zu viel Geld gekommen“, „Nach der Karriere in ein Loch gefallen“ oder „Hat den Rummel nicht verkraftet“ abtun. Dabei ist es viel ernster. Aus den gefeierten, von schönen Frauen wie von aufgedrehten Beratern, windigen Geschäftemachern und Schulterklopfern gleichermaßen umworbenen Star-Kickern werden mitunter Alkoholiker, Kokser, Zocker – und Hasardeure.

Dass die Fans irgendwann den Namen nicht mehr skandieren und man auf der Straße keine Autogramme mehr geben muss, führt selbst gestandene Nationalspieler in die Depression. „Der schlimmste Tag meines Lebens war der, an dem ich aufgehört habe, Fußball zu spielen“, wird ein deutscher Europameister gegenüber Ligalive einmal deutlich, „ich bin in den Wochen und Monaten danach regelrecht in ein Loch gefallen.“

Dazu kommt das alte Spiel: Wer mit den Boulevardmedien im Karriere-Aufzug nach oben gefahren ist wird von ihnen auch wieder mit nach unten begleitet. Endstation Dschungelcamp. Diese Abwärtsspirale ist zeitlos.Die Geschäftsmodelle, mit denen Fußballprofis, Tennisstars, aber auch Prominente aus anderen Ressorts in riskante, oftmals ruinöse Investments gelockt werden, folgen hingegen immer den Trends der Zeit.

In den 1980er-Jahren sind faule Immobiliengeschäfte und – nach der deutschen Wiedervereinigung – 1990 bevorzugt „Bauherrenmodelle“ oder Immobilien-Anlagen in den neuen Bundesländern böse Finanzfallen für viele Fußballprofis. Aber auch viele andere Promis erleben hier einen Reinfall. Angelockt von der Aussicht, schon während der Bauphase vom Finanzamt hohe Steuerrückerstattungen zu bekommen, sind die Spieler meist bedenkenlos mit von der Partie.

Doch die Abschreibungsmodelle lohnen sich nur dann, wenn die gekaufte Immobilie nicht überteuert ist und der Käufer lange in einer hohen Steuerprogression bleibt. Hier liegt das hohe Risiko für die Fußballprofis: Wenn das Karriereende naht oder nur noch schlechter dotierte Verträge abgeschlossen werden, sprich weniger verdient wird, entfallen diese Steuervergünstigungen – die immensen Zins- und Tilgungsbelastungen bleiben jedoch. Verkauft der Spieler dann die Immobilie, muss er meist mit erheblichen Wertverlusten rechnen – und zusätzlich, je nach Modell die Teile der eingesparten Steuer an den Fiskus zurückzahlen.

„Mancher wurde zugrunde gerichtet, weil die Steuerrückzahlung den Erlös aus dem Notverkauf überstieg“, weiß Uli Stein. Eintracht Frankfurts Legende Bernd Nickel („Dr. Hammer“) stößt bei seinem Wechsel zu den Young Boys Bern (1983) zwei der vier, vom zwielichtigen Frankfurter Vizepräsidenten Wolfgang Zenker („Südfinanz“) erworbenen Häusern noch rechtzeitig ab. Viele seiner Teamkollegen haben weniger Glück…Denn wie viel eine Immobilie in Zwickau, Gera oder Halle denn nun wirklich wert ist, davon haben die Fußball-Profis wie so viele andere beliebte Opfergruppen der Beratermischpoke (Zahnärzte, kleine Selbstständige, etc.) nun wirklich keine Ahnung.In den 2000er-Jahren finden die Schwätzer unter den Beratern bei vielen gutgläubigen Kickern zu oft Gehör, wenn es darum geht, das hart zusammengegrätschte Geld durch Indoor-Soccer-Hallen, Reha-Zentren oder Fußballschulen zu versenken.

Das digitale Zeitalter bringt neue Geschäftsmodelle – und neue Pleiten. Internet-Poker, unprofitable Start-ups und Online-Wetten reißen einige namhafte Spieler in den finanziellen Abgrund. Auf unserem Streifzug durch die Welt der Pleite-Profis haben wir die komplette Gefühlsskala ergründet. Sogar ein Torschützenkönig, der den Kollegen falsche Berater empfohlen hat, ist dabei. Ein anderer Bankrotteur hat ein Buch darüber geschrieben, wie man es nicht macht…

Hier sind die Geschichten von 30 Spielern und Trainern, die nach oder bereits während ihrer Laufbahn ihr Vermögen durchbrachten – oder tief in die roten Zahlen gerieten. Vize-Weltmeister, Europapokalsieger, Nationalspieler, ein halbes Bundesliga-Team und auch zwei Bayern-Stars gerieten in die finanzielle Abseitsfalle.

Wichtig: Die Tatsache, dass ein Fußball-Star in finanzielle Schwierigkeiten geriet, bedeutet nicht, dass er es heute auch noch sein muss. Aus einer Privatinsolvenz kommt man auch wieder raus und wenn man gar nicht erst hineinrutscht sondern weiterhin oder wieder „gutes Geld” verdient, dann  sind finanzielle Schwierigkeiten für Gutverdiener auch wieder zu beheben. Das gleiche gilt für einen Offenbarungseid oder die Erzwingung eines Haftbefehls. Wir beschreiben deshalb in unserem Dossier „historische”, in der Öffentlichkeit bekannte Ereignisse und keine Beschreibungen und Details über die aktuellen finanziellen Verhältnisse der im Beitrag vorkommenden Personen. Das Wissen hierüber liegt uns auch nicht vor, oder wir möchten solches Wissen nicht veröffentlichen. Das ist nicht unsere Sache.


William Georg „Jimmy“ Hartwig – kein Spieler des ruhmreichen Hamburger SV bringt es auf eine höhere Skandaldichte als der 1954 in Offenbach geborene uneheliche Sohn eines afro-amerikanischen GI.

„Jimmy Hartwig ist in Hamburg mit keinem anderen Spieler vergleichbar“, sagt HSV-Reporterlegende Dieter Matz im Jahr 2009 über den zweifachen Nationalspieler, „er war ein Paradiesvogel, wie ihn der HSV davor und danach nie wieder gehabt hat.“

1978 von 1860 München an die Elbe gewechselt, macht Hartwig bis zu seinem unfreiwilligen Abgang im Jahr 1984 insgesamt 182 BL-Spiele für den HSV. In der erfolgreichen HSV-Mannschaft, die 1983 die Meisterschaft und den Europapokal der Landesmeister gewinnt, gilt der lebensfrohe Hesse aufgrund seiner offenen, gern als vorlaut angesehenen Art als unbeliebt. Sein Spaßvogel-Image bringt im Februar 1984 folglich das Ende seiner HSV-Karriere. Hartwig, der sich für das Auswärtsspiel in Uerdingen offiziell krank gemeldet hat, taucht bei einem der in der Hansestadt durchaus als exklusiv geltenden Faschingsbälle im noblen Hamburger Elbvorort Nienstedten auf. Das gefällt HSV-Coach und Disziplinfanatiker Ernst Happel nicht wirklich…

Am Saisonende geben ihn die Hamburger an den 1. FC Köln ab, obwohl ihn dessen Trainer Hannes Löhr eigentlich nicht will. Zudem begeht Hartwig den für jeden Kölner Neuzugang zu jener Zeit tödlichen Fehler, sich mit dem unumstrittenen Leader Toni Schumacher zu überwerfen. „Ey, Hartwig, hier bin ich der Chef, hier sag ich, was los ist, hier hast du nichts zu melden“, ist die klare Ansage des Nationaltorhüters. Danach herrscht Funkstille.

Schon im Oktober 1985 ist für Hartwig in Köln nach nur 24 Liga-Einsätzen (5 Tore) Schluss. Trotz der hohen Wertschätzung bei Casino Salzburg – 15.000 Fans sind bei Hartwigs erstem Spiel – kommt Jimmy nie in der Mozartstadt an. Der Paradiesvogel stürzt ab. Er zieht durch Bars und Discotheken, dazu sorgt eine Meniskus-OP nach einem erfolglosen Neustart bei Bundesliga-Aufsteiger FC Homburg 1987 für sein endgültiges Karriere-Ende. Für die Saarländer in zwei Bundesliga-Spielzeiten insgesamt nur vier Mal auf.Unter der Headline „Fußball – Der Abstieg“ schildert Jimmy Hartwig in seiner im Oktober 1994 erschienenen, erfrischend-ehrlichen Lebensbeichte Ich möcht‘ noch so viel tun (Verlag: Bastei Lübbe) einen Niedergang, wie ihn viele Ex-Profis erleben. „Da blitzte also noch einmal Licht am Horizont auf, vielleicht würde ich in Homburg an meine alte Form anschließen und mich wieder als Profispieler der Spitzenklasse etablieren können“, schreibt Hartwig, „doch dieser Wunsch erwies sich natürlich schnell als reine Illusion, mit kaputten Knochen schafft niemand einen neuen Start. Nicht im Hochleistungssport.“

Natürlich nicht. Hartwig umgibt sich in Hamburg, Köln und München mit den falschen Leuten. Es sind die für Fußballprofis und andere Prominente so gefährlichen Schulterklopfer – und zwielichtige Typen aus dem Rotlichtmilieu. Dazu kommen ausschweifende Partys, Drogen („Ich besaß immer nur Kokain zum Eigenbedarf“) und schöne Frauen. Dieser exzessive Lebensstil und zwei Scheidungen kosten Hartwig die als Fußballprofi erspielte Kohle.

Dreimal leistet er einen Offenbarungseid. 2004 nimmt er an der RTL-Dschungelshow Ich bin ein Star, holt mich hier raus teil. Der Tiefpunkt. Aber: Weder die finanziellen Rückschläge noch zwei Krebserkrankungen können den Kämpfer Jimmy brechen. Ab 2002 schlägt er einen neuen Karriereweg ein, ist heute Integrationsbotschafter beim DFB. An der Seite des nicht minder exzentrischen Ben Becker („Es gibt eine Menge Leute da draußen, die werden mich verfluchen“) und des legendären Performance-Künstlers Blixa Bargeld spielt Hartwig am Weimarer Nationaltheater in Bertolt Brechts Baal. 2008 gibt Jimmy unter der Regie von Thomas Thieme in Wolfsburg im wahrsten Sinne des Wortes Die Legende auf der Couch. Ein Jahr später schreibt ihm Thieme in Büchners Woyzeck im Central-Theater Leipzig die Titelrolle des geschundenen Helden auf den Leib.

Mit 65 sehen wir Jimmy Hartwig 2019 als Initiator des Münchner Nationen-Cups, Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes und Mitglied der DFB-Kommission „Gesellschaftliche Verantwortung“. Jimmy geht es wieder gut. Das freut uns, denn Jimmy ist ein echter Typ.Selten hat eine Fernsehsendung im Nachgang von Fußballübertragungen so sehr polarisiert wie Beckmanns Sportschule. Diese skurrile Geisterstunde aus dem deutschen WM-Quartier von 1974 in Malente mit dem gutmütigen Uwe Seeler, Muskelprotz Tim Wiese und dem „Bestatter“ Nico Patschinski lässt im EM-Sommer 2016 so manchen Zuschauer ratlos zurück. WAS will uns diese Werbesendung sagen???

Die Kritiker laufen Sturm gegen das von Reinhold Beckmann moderierte Format. „Wie viele Idiotien soll diese Welt noch aushalten?“, fragt etwa DER SPIEGEL. Und mittendrin in dieser surrealen Inszenierung: Nico „Patsche“ Patschinski. Der Ex-Profi, bei fast einem Dutzend Klubs unter Vertrag, gibt sein Debüt als Schauspieler. Wobei es nicht einer gewissen Ironie entbehrt, dass Patschinski sich als „Bestatter“ quasi selbst spielt. Beerdigungs-Unternehmer – In dieser krisensicheren Branche arbeitet der gebürtige Ost-Berliner seit 2015. Seit 2018 fährt Patschinski fast nur noch Bus. Er hat, inzwischen in Hamburg wohnhaft, eine Ausbildung zum Linienbus-Fahrer bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Schleswig-Holstein absolviert. In der Hansestadt, beim FC Schnelsen, hat er Anfang 2015 auch ein (letztes) erfolgloses Engagement als Trainer.

Patschinskis Karriere hat mehrere Sargnägel. Hatte Patschinski als Ex-Spieler von Dynamo Dresden bei seinem Wechsel zum SV Babelsberg 03 im Sommer 1998 noch ein problematisches Verhältnis mit den Fans, so offenbart er ab 2006 beim 1. FC Union Berlin eine, gelinde gesagt, eigenwillige Beziehung zum Geld. „Was ich mit meiner Kohle mache, ist mein Ding. Ob ich mir damit den Arsch abwische, es verspiele oder verbrenne. Es ist ja nur Geld“, entgegnet er den Kritikern, die ihn spätestens seit 2007 als spielsüchtig ansahen.

Mit 10.000 Euro monatlich Spitzenverdiener bei den „Eisernen“ – Patsche wäre nicht Patschinski, wenn er diese Problematik nicht herunterspielen würde. „Unions Sportdirektor Christian Beeck meinte 2007, ich sei spielsüchtig und krank, brächte meine Leistung nicht. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt schon in allen Spielbanken sperren lassen, da ich zu viel verloren hatte, ich war damals nicht spielsüchtig und bin es auch heute nicht. Ich hab nur ein bisschen Karten gespielt und gewettet“, sagt er im März 2016 dem Berliner Kurier. Dass er an einem Benefiz-Pokerturnier des verhassten Ost-Berliner Rivalen BFC Dynamo teilnimmt, bringt ihm eine Abmahnung und 5.000 Euro Strafe.Anti-Union-Parolen und eine wilde Party-Nacht mit Dynamo reichen den Verantwortlichen, um Patschinski fristlos und wegen „vereinsschädigendem Verhalten“ zu kündigen. Als der Vertrag im Juli 2009 schließlich nach langem Hin- und Her aufgelöst wird und rund 130.000 Euro Abfindung fällig sind, atmet Unions Präsident Dirk Zingler auf: „Wir sind froh, dass dieses Kapitel beendet ist.“

Für Patschinski geht der freie Fall weiter. Ab 2009 spielt er bei Dynamo Berlin. Weil er Geld braucht. Eine aufwändige Hausfinanzierung in Wandlitz und die Scheidung von seiner Frau reißt ihn rein. 2011 geht er selbst beim in der Oberliga Südwest ein Schattendasein fristenden Ex-Bundesligisten Borussia Neunkirchen im Unfrieden. Der Klubchef des niedersächsischen SC Empelde wird für „Patsche“, der zwischendurch als Caterer und Paketbote arbeitet, zum Insolvenzberater.

Trotz aller Turbulenzen: Den zweiten Treffer für den FC St. Pauli beim 2:1 gegen den FC Bayern München am 6. Februar 2002 im kurz darauf als „Weltpokalsieger-Besieger“-Spiel unvergessen gewordenen Match in der Fußball-Bundesliga nimmt ihm keiner mehr.Um die Jahrtausendwende denkt Martin Schneider an nichts Böses. Seit 1987 hat sich der ehemalige Juniorenspieler des FC Bayern München, der sämtliche DFB-Jugendnationalmannschaften durchlief, beim 1. FC Nürnberg (90 Liga-Spiele) und später bei Borussia Mönchengladbach mit mehr als 260 Bundesliga-Spielen einen Namen gemacht – und eine solide Existenz aufgebaut.

Sogar in die Kategorie „Die besten Bundesliga-Sprüche“ hat er es geschafft. Wenn auch nur unfreiwillig. „Wenn ich den Martin Schneider weiter aufstelle, glauben die Leute wirklich noch ich sei schwul“, sagt sein Trainer Friedel Rausch in Gladbacher Zeiten mal über ihn.

Im Frühjahr 2000 geht alles ganz schnell bei Martin Schneider. Zu schnell. Im Februar wird Schneider von seiner Frau verlassen. Nur zwei Monate später zieht er sich – inzwischen in Diensten des MSV Duisburg – einen Kreuzbandriss zu.

Im Mai der nächste Tiefschlag. Schneider erhält die Nachricht, dass „sein ganzes Geld weg“ sei. Sein Berater wird verhaftet. Schneider steht beruflich, privat und finanziell vor dem Nichts.„Die Familie, mein Körper und ein solides finanzielles Fundament waren mir immer am wichtigsten. Auf einmal war alles weg“, erzählt er später der WELT.

Schneider verliert umgerechnet eine Million Euro, die er in eine faule Immobilie in Ostdeutschland investiert hat. Trotz dieses Verlusts hat sich der inzwischen wieder in sicheren finanziellen Fahrwassern befindliche Schneider nicht unterkriegen lassen. „Natürlich ist das ärgerlich und es ist auch schlimm“, sagt der DFB-Pokalsieger von 1995, „aber das Leben geht weiter. Es gibt schlimmere Sachen.“

Schneider geht offen mit dem Fall um. „Ich habe in jungen Jahren meinem Berater vertraut, den ich aus meiner Heimatstadt Schweinfurt kenne“, schildert Martin Schneider im Dezember 2013 seine Leidensgeschichte in der ARD-Talkshow Menschen bei Maischberger.

Er habe erst im Nachhinein erfahren, dass dieser das Geld über Immobilienfonds verloren hatte. Kontrolliert habe er den alten Freund nicht oder nur sehr ungenügend. Ein Fehler zwar, aber Martin Schneider hat sich zurückgekämpft. Gut so.Andrzej Juskowiak ist froh, dass alles vorbei ist. Der 39-fache Nationalspieler Polens wird es sich wahrscheinlich nie verzeihen, so manchem Teamkollegen den falschen Berater empfohlen zu haben.

Als der polnische Stürmer, der in der Bundesliga 184-mal für Borussia Mönchengladbach, den VfL Wolfsburg und Energie Cottbus aufläuft, seinen Mannschaftskollegen von seinem Berater vorschwärmt, denkt er mit Sicherheit nur daran, sich und seinen Freunden einen guten Tipp zu geben, wie sie sich nach der Karriere absichern können.

Dass der Berater Michael K., der sich wenig später als Krimineller entpuppt, den Silbermedaillengewinner von 1992 – Juskowiak unterliegt mit Polen in Barcelona Gastgeber Spanien mit dem späteren Erfolgscoach Pep Guardiola – und seine Mitspieler in den finanziellen Abgrund reißen würde, kann der gutgläubige Andrzej nicht ahnen.

„Gute Anlage, todsicheres Ding, musst du machen“, diese Kabinen-Floskeln sind für Fußballprofis, oftmals im Rausch des gerade eingefahrenen Sieges, für viele Experten noch gefährlicher als Schwärmereien über schöne Frauen, so diese verheiratet oder mit humorlosen Männern verbandelt sind…

 

Vorsicht vor „Anlagen-Tipps“ in der Kabine!

Der gefährlichste Bereich für die Spieler ist die Kabine“, warnt Ulf Baranowsky von der Spielergewerkschaft Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV). Juskowiak landet wie viele andere Profis aus seinem Bekanntenkreis in der Schuldenfalle.

Mit 37 gibt Juskowiak 2007 seinen Fußballschule auf. Seit 2013 arbeitet er als Talentscout für Zweitligist Erzgebirge Aue, wo er auch seine aktive Karriere beendet. Zudem ist er im polnischen Fernsehen als Fußballexperte zu sehen.Ganz ehrlich: Die Leistungsdaten von Eric Djemba-Djema bei Manchester United sind nicht zum Angeben geeignet.

In vier Jahren bei den ,,Red Devils” steht der Kameruner nur in 31 Spielen auf dem Rasen, legt schmale zwei Treffer vor und bleibt ohne eigenen Torerfolg.

Sein Anteil am FA-Cup-Erfolg von United 2004 ist mit 15 gespielten Minuten mehr als marginal. Eigentlich kein Grund, um abzuheben, oder?

Nicht ganz. Schon im September 2007, als Manchester United den einst für 4,5 Mio. Euro als potenzieller Nachfolger für den großen Roy Keane vom FC Nantes verpflichteten Mittelfeldspieler an Aston Villa abgibt, geht Eric Djemba-Djemba mit gerade mal 26 Jahren vor einem Gericht in Birmingham in die Insolvenz.Die umgerechnet 100.000 Euro monatlich, die Djemba-Djemba bei United verdient, investiert er in nicht weniger als zehn Allrad-Luxuskarossen.

Er unterhält 30 verschiedene Bankkonten, trägt teure Markenklamotten – und pfeift auf die Steuer. Französischen Medienberichten zufolge soll Djemba-Djemba dem britischen Fiskus im Jahr 2008 mehr als 600.000 Euro schuldig geblieben sein. „Djemba-Djemba“, kommentiert die britische Zeitung Daily Mail, „liefert den schockierenden Beweis für die hedonistische, vom Geld dominierte Welt der Premier-League-Profis.“

Schockiert ist auch sein Berater Christophe Mongay. „Eric steckte zwischenzeitlich so tief in finanziellen Schwierigkeiten, dass er Manchester United um einen Vorschuss bat. Das ist mit so einem großen Klub natürlich nicht zu machen.“ Mongay genervt: „Er lebt auf einem anderen Planeten, hat keinen Bezug zum Geld.“

Die Verschwendungssucht macht Djemba-Djemba zum Fußball-Wandervogel. Nach einer Leihe beim FC Burnley bringt ihn ein Engagement beim Katar SC am Persischen Golf 2007/2008 mit 15.000 Euro monatlich nicht wirklich finanziell weiter. Nach Stationen bei Odense BK in Dänemark, Hapoel Tel Aviv, Partizan Belgrad und beim schottischen No-Name-Klub FC St. Mirren kickt er ab 2016 beim FC Vallorbe-Ballaigues. In der fünften schweizerischen Liga.
Berlin und Alex Alves – das passt noch weniger zusammen als die Hauptstadt und die Hansestadt Hamburg.

Der im Januar 2000 für mehr als sieben Millionen Euro verpflichtete Mittelstürmer aus Brasilien soll bei Hertha BSC endlich für Exotik sorgen. Einspielen wird der bis zur Verpflichtung von U21-Europameister Davie Selke im Sommer 2017 teuerste Neuzugang in der Klubgeschichte der Berliner diese Summe nie.

Alex Alves erzielt in 81 BL-Spielen 25 Tore. Eines davon ist magisch. Am 30. September 2000 düpiert der Brasilianer Kölns Keeper Markus Pröll mit einem Treffer vom Anstoßkreis aus 52 Metern Distanz – es wird das „Tor des Jahres“.

Solche genialen Stücke zeigt Alves auf dem Platz leider zu selten. Wirklich heimisch wird er in Berlin nie. Er wird beim Fahren ohne Führerschein erwischt, erscheint zur Hertha-Weihnachtsfeier extravagant im Frauenpelz oder tanzt in den Nachtklubs der Hauptstadt durch. Mehr als 130.000 Euro kosten ihn allein diese Eskapaden.Im Sommer 2003 hat man in Berlin genug. Alves (Vertrag bis 2004) verlässt die Hertha vorzeitig, spielt danach beim América FC, Vasco da Gama, CS Ginde in China und beim griechischen No-Name-Klub Kavala.

Ab 1. Februar 2008 ist er sogar vereinslos, ehe er nach dreimonatiger Pause zu Fortaleza in Brasilien wechselt. Seine Engagements dauern nach dem Aus in Berlin selten länger als eine Saison. Alexandro Alves do Nascimento beendet seine Karriere – schon 2008 wird Leukämie bei ihm festgestellt.

Für die aufgrund inzwischen notwendig gewordene Stammzellenoperation fehlt Alves ihm fatalerweise das Geld.

Die Erträge aus seinen Profi-Jahren sind für teure Markenklamotten und für die Scheidung von seiner Ehefrau Nadya draufgegangen. Als er im Oktober 2012 aufgrund der diagnostizierten paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie endlich eine Knochenmarkstransplantation durchführen kann, ist es zu spät. Alex Alves stirbt am 14. November 2012 in Jau im brasilianischen Bundesstaat Sao Paulo. Mit nur 37 Jahren – und in völliger Armut.Im Sommer 2017 blicken die Hamburger Medien nahezu geschlossen auf das 30-jährige Jubiläum des letzten HSV-Titelgewinns, den DFB-Pokal-Triumph am 20. Juni 1987 in Berlin. Die Frage, was die Pokal-Helden von damals heute machen, steht dabei über allem.

Geht man das Hamburger Teamfoto bei der Nationalhymne durch – so findet man mit Kapitän Thomas von Heesen, Europameister und Klub-Idol Manfred Kaltz oder dem späteren Vorstand Dietmar Beiersdorfer einige Spieler, die auch nach 30 Jahren noch ein hervorragendes Standing im Fußball haben. Für den neben Beiersdorfer stehenden Blondschopf namens Manfred Kastl gilt das nicht.

Manfred „Manni“ Kastl – mit seinem fränkischen Kumpel „Didi“ Beiersdorfer 1986 aus Fürth nach Hamburg gekommen, hat mit zwei Toren in fünf Spielen seinen Anteil in dieser erfolgreichen HSV-Pokalsaison. Sein Treffer zum 1:0 gegen Borussia Mönchengladbach bringt die Hanseaten am 31. März 1987 in ihr bis heute letztes großes Finale.

Bayer 04 Leverkusen legt für den kopfballstarken Stürmer nach 21 Pflichtspieltoren in 46 Auftritten im Sommer 1988 umgerechnet 1,25 Mio. Euro hin. Das ist die bis dahin zweithöchste Summe im deutschen Profifußball. Sogar Chelsea lockt, wie Kastl schon zum 25-jährigen Pokal-Jubiläum dem Hamburger Abendblatt erzählt, mit einem siebenstelligen Angebot.Nach nur einer Saison am Rhein wechselt Kastl zum VfB Stuttgart wo er am 16. Mai 1992 durch ein 2:1 bei seinem Ex-Klub Leverkusen mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft den größten Erfolg seiner Karriere verbucht.

Letztmalig im Rampenlicht sieht man Kastl im Oktober 1992 beim Pokalmatch des SSV Ulm gegen den späteren UEFA-Cup-Finalisten Borussia Dortmund (1:3). Jahre später, nahe der tschechischen Grenze, 21. September 2004. Manfred Kastl ist zu einer Golfplatz-Einweihung eingeladen. Da er bereits Alkohol zu sich genommen hat, will er sich von einem Security-Mann ins Hotel chauffieren lassen. Die Fahrt endet an einem Baum. Der Fahrer verstirbt später, Kastl erleidet schwerste Verletzungen. Beckentrümmerbruch, Rippenfrakturen und Schädelhirntrauma – der Pokalheld a. D. liegt wochenlang im Koma. Fast neun Monate ist er sogar entmündigt, weil das von ihm betriebene Pflegeheim weiter geführt werden muss.

Für Kastl („Vom Unfall weiß ich gar nichts mehr, mir fehlen vier bis sechs Jahre meines Lebens“) wird es ein unglaublich harter Kampf zurück ins Leben. Er sitzt im Rollstuhl, muss wieder sprechen lernen. Der Kampf gegen die tschechischen Versicherungen um seine Entschädigung, Behandlungs- und Anwaltskosten verschlingen fast 900.000 Euro. Aus Tschechien erhält er lediglich 160.000 Euro zurück. Die Folge: Sein Pflegeheim geht Pleite, 2008 muss Kastl Insolvenz anmelden. Dazu kommen zwei Ehescheidungen.

Besonders bitter für Kastl, der heute in Nürnberg lebt und Arbeitslosenunterstützung bezieht: Bei seinen Ex-Klubs interessierte sich keiner für sein Schicksal. Nicht mal sein alter Spezl Beiersdorfer. „Ich habe wegen einer Anstellung möglicherweise als Büro-Angestellter oder Jugendbetreuer nachgefragt – ohne Erfolg“, so Kastl, „aber ich habe nie eine Antwort erhalten, nicht einmal eine Absage. Das ist sehr enttäuschend.“Der 21. Januar 2011 ist ein schwarzer Tag für Brad Friedel. Vor einem Gericht im englischen Macclesfield muss der zu diesem Zeitpunkt 39 Jahre alte US-amerikanische Keeper von Aston Villa einen Offenbarungseid ablegen.

Trotz eines Wochenverdienstes von fast 50.000 Euro hat der 82-fache Nationalspieler der USA mehr als fünf Millionen Euro Miese angehäuft. Andere Quellen sprechen sogar von acht Millionen. Brad Friedel hat es sicher nur gut gemeint, als er 2003 in seinem Heimatstaat Ohio in die Premier Soccer Academies investiert hat. In der Hauptstadt Columbus und in Cincinnati entstehen zunächst zwei Fußballschulen, in denen Jugendliche zwischen 14 und 19 kostenlos trainieren. Das Fußball-Akademien-System steckt noch in den Kinderschuhen und Brad Friedel – durch seine Top-Leistungen im Tor der US-Boys bei der WM 2002 auf dem Weg ins Viertelfinale – ist genau die richtige Persönlichkeit, um eine neue Aufbruchsstimmung zu erzeugen.

Die Expansion folgt 2005. Friedel ersteht in Lorain in der Nähe von Cleveland für den Schnäppchenpreis von umgerechnet 677.000 Euro ein riesiges, nicht erschlossenes Grundstück. Auf einem zugigen Gelände, landschaftlich zersiedelt, wollen Friedel und seine Immobilien-Partner eine grandiose Idee verwirklichen: Eine Elite-Schule für den US-amerikanischen Fußball mit einem Gesamt-Investitionsvolumen von neun Millionen Euro. 24 Fußballschüler sollen dauerhaft in Lorain wohnen.

Tausende zusätzliche, teilweise dort trainierende junge Spieler sollen das Projekt refinanzieren. Auf 11.000 Quadratmetern entstehen 20 Einzelapartments, Konferenzräume, Multi-Entertainment-Räume, Cafeteria, eigene Wäscherei – eben alles, was der nächste US-Fußball-Weltstar so braucht. An der in 2101 Brad Friedel Avenue of Stars unbenannten Straße soll das US-Jugendsystem neu erfunden werden….Dumm nur, dass Friedel gleich mehrere Faktoren nicht auf dem Schirm hat. Zum einen belaufen sich die Kosten mittlerweile auf rund elf Mio. Euro. Zudem spielt Friedel – inzwischen 36 – immer noch in England.

Das Tagesgeschäft der Akademie verlangt aber seine Präsenz vor Ort. Zu selten ist Friedel in den Staaten, um die Administration selbst zu überwachen. Dann kommt im September 2008 die große Rezession.

Die US-amerikanische Immobilien-Spekulationsblase platzt, die pleite gegangene Großbank Lehman Brothers löst die Finanzkrise aus, reißt weltweit tausende von Unternehmen in den Abwärtsstrudel. Innerhalb von nur einem Jahr fordert die kreditgebende Bank RBS Citizen’s fast zehn Mio. Euro zurück. Dazu kommen Steuerschulden. Es gelingt Friedel und seinen Leuten nicht, ihre Gläubiger im Zuge der stagnierenden Wirtschaft von diesem Projekt zu überzeugen.

2009 wird die Akademie geschlossen, zwei Jahre später scheitert der Versuch, das Anwesen für 7,1 Mio. Euro zu verkaufen. Damit hätte Friedel wenigstens einen Teil seines Investments zurückgeholt. Falsch gedacht. Als es 2013 endlich zum Verkauf kommt, ist Friedel bankrott und bei einem Kaufpreis von 2,4 Mio. Euro erhält er nicht mal ein Viertel der Kosten zurück. „Friedel wurde nicht nur finanziell zerfleischt“, kommentiert das Portal Topdrawersoccer.com, „es wurde auch eine prinzipiell gute Idee durch mangelhafte Ausführung zerstört. Zehn Millionen Dollar. Einfach weg.“Das Kicker-Sportmagazin würdigt das 50-jährige Jubiläum der sensationellen Deutschen Meisterschaft von 1967 im Mai 2017 in einem Special. Darin kommt auch der lange Abstieg des Vereins, der auch 1973 mit der Einführung der Trikotwerbung Geschichte schrieb, nicht zu kurz.

Es passt zu den Widersprüchen in der Vereinsgeschichte, dass der als Retter gefeierte Sponsor später auch als Totengräber wahrgenommen wurde, heißt es dazu im Beitrag „Der falsche Weg“ von Sebastian Wolff.

Der milliardenschwere Unternehmer Mast hat sich 1983 zum Präsidenten wählen lassen, um die nach der Einführung der Trikotwerbung – Braunschweig spielt ab 1973 mit dem Hirsch-Logo eines bekannten Kräuterlikörs auf der Brust – den nächsten Marketing-Coup durchzuziehen.

Es geht um die Umbenennung des Vereins in „BTSV Jägermeister“ – und um die Befreiung der Eintracht von sämtlichen Schuldenlasten. Der DFB spielt dabei nicht mit – und die bis 1986 andauernde juristische Schlammschlacht führt schließlich zu Masts Ausstieg in Braunschweig.Zuvor hat er 1984/85, in der für lange Zeit letzten Erstliga-Saison der Braunschweiger, noch einmal in die Trickkiste gegriffen. „Mast war ein cleverer Geschäftsmann“, erinnert sich Sturmlegende Ronald Worm in Die Meister-Helden, „1984 hat er den Spielern mit auslaufenden Verträgen um 49 Prozent gekürzte neue Angebote gemacht.

Bei 50 Prozent wären sie ablösefrei gewesen. Dennoch sind in diesem Sommer viele Leistungsträger gegangen.“ Ronnie Worm bleibt – mit einem unguten Gefühl. „Eigentlich musste mir damals klar sein, dass das nicht gut gehen könnte“, sagt er. Geht es auch nicht. Am Saisonende verabschiedet sich Eintracht Braunschweig als Tabellenletzter und bis einschließlich 2013 aus der Bundesliga. Zwischenzeitlich spielt der Verein sogar in der 3. Liga.

Die Spieler aus der Abstiegssaison 1984/85 – am letzten Spieltag im Stadion an der Hamburger Straße nur noch Statisten bei Bayern Münchens Meisterehrung – müssen sich jedoch nicht nur mit dem Makel des „ewigen Absteigers“ abfinden. Die meisten von ihnen landen nach der Karriere in der Rubrik „schwer vermittelbar.“

Wie die VdV ermittelt hat, lebt gut die Hälfte des damaligen Braunschweiger Bundesliga-Kaders heute von der Sozialhilfe. Die Details ersparen wir uns, der große Fußballzirkus findet längst ohne Vize-Weltmeister Bernd Franke, Jörg Hoßbach, Peter Lux oder Christian Sackewitz statt.Man muss bei den gelegentlich im TV gezeigten Spielen der Traditionsmannschaft von Borussia Dortmund zweimal hinschauen. Der Mann mit der hohen Stirn, den angegrauten Schläfen und dem traurigen Blick ist tatsächlich… Günter Breitzke.

Berlin, Juni 1989. Bei Dortmunds 4:1-Triumph im DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen gilt der unbekümmerte, braungebrannte Junge, der mit seinen zurück gekämmten Haaren und Goldkette eher an einen Hollywood-Dandy erinnert, neben Andreas Möller als größtes BVB-Versprechen auf die Zukunft.

18 Tore erzielt Breitzke in 89 Bundesligaspielen für den BVB, wird zu einem der Publikumslieblinge auf der legendären Südtribüne.

Dass er die Stars des FC Bayern München im Supercup-Finale 1989 mit zwei Toren schwindelig spielt, lässt die Fachwelt aufhorchen.Um sich den Traum vom Fußballprofi zu verwirklichen, hat der damals 20-Jährige seinen Job als Maler und Lackierer an den Nagel gehängt.

Günter Breitzke scheinen in der beginnenden goldenen Ära von Borussia Dortmund alle Türen offen zu stehen. Als 1991/92 der Griff nach der Meisterschale in letzter Sekunde misslingt, sind Breitzkes Tage in Dortmund gezählt. Unter dem neuen Coach Ottmar Hitzfeld hat der Mittelfeldspieler in seinem letzten Jahr beim BVB nur 12 der 38 durch die Ost-Erweiterung der Liga möglichen Saisonspiele gemacht.

Bei Fortuna Düsseldorf geht der lange Abstieg des Günter Breitzke weiter. 7 Tore in 27 Einsätzen – in den letzten drei Spielen steht er nicht mehr nicht im Kader der Rheinländer – können den Sturz in die Drittklassigkeit nicht verhindern. Der Wuppertaler SV und der FC 08 Homburg sind Breitzkes weitere Stationen – die Zweitliga-Abstiege zwei und drei in seiner Karriere folgen. Bei unterklassigen Klubs aus seiner Heimatstadt Köln beendet Breitzke 1999 seine Fußballerlaufbahn. Seitdem ist er auf Jobsuche, lebt zurückgezogen in Köln-Stammheim, bezieht Hartz IV.

„Ich habe eigentlich gar nicht so viel verdient“, erzählt er 2014 der Fußball-Woche, „ich war ein junger Spieler. Was ich hatte, habe ich ausgegeben. Für Autos, für Klamotten, auf der Pferderennbahn.“

Im Sommer 1983 hat Bum-Kun Cha, der tiefgläubige Christ aus Südkorea, endgültig genug. Der Südkoreaner, der bis dahin in 122 Bundesliga-Spielen 46 Tore für Eintracht Frankfurt erzielt hat und die „launische Diva“ vom Main 1980 zum UEFA-Cup-Sieg und 1981 zum DFB-Pokalsieg führt, setzt dem Verein die Pistole auf die Brust. Er will den Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen – und die Übernahme seiner Schulden durch die SGE.

Bum-Kun Cha ist von seinem eigenen Klubchef übers Ohr gehauen worden. Ob es die Fußballprofis oft eigene Vertrauensseligkeit auf großartige Anlagegeschäfte ist, oder an den zu diesem Zeitpunkt, sagen wir allenfalls ausbaufähigen Deutschkenntnissen des asiatischen Stürmers liegt, wissen wir nicht. Sicher ist, dass Cha Anfang 1983 ein Schreiben mit dem Aktenzeichen M1204/83 vom Amtsgericht Seligenstadt zugestellt wird. Darin wird mitgeteilt, dass sein Gehalt gepfändet wird. Neben der mächtigen Frankfurter Boulevardpresse, die ihn wegen seiner Vollstreckerqualitäten auf dem Platz „Tscha-Bumm“ getauft hat, interessiert sich nun auch die Justiz für ihn. Cha ist erstmal sprachlos. Neben der Pfändung seiner Bezüge bei Eintracht Frankfurt in Höhe von 18.000 Euro verlangt das Gericht auch die Zahlung von 23.000 Euro an Zinsen. Da Cha bislang gar nichts gezahlt hat, wird das von einer Lübecker Bank für den Immobilien-Deal gegebene Darlehen über gut 100.000 Euro sofort fällig.

Aufgeschwatzt wird Cha die Immobilien-Masche von Eintracht-Vizepräsident Wolfgang Zenker. Der wiegelt direkt ab: „Der Cha hat nur verschlampt, seine Zinsen zu zahlen. Wir haben das gleich wieder in Ordnung gebracht.“ Das musste er wohl auch, denn sein Geschäftsgebaren hat den Eintracht-Vize – in der Fußball-Bundesliga der Achtziger haben längst die Yuppies und die smarten Managertypen von den Patriarchen die Führungsrollen in den Klubs übernommen – ins Zwielicht gebracht.

Seine Rolle ist unter den Managern und Bossen im Bundesligageschäft ohne Beispiel, geißelt ihn das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL im Mai 1983. Zenker selbst gibt gegenüber den Fans der zu diesem Zeitpunkt hoch verschuldeten Eintracht den weißen Abt: „Ich nehme den Spielern, so sie wollen und sich an mich wenden, alles ab, was sie daran hindern könnte, sich voll und ganz auf den Fußball zu konzentrieren.“ Als Verantwortlicher des Eintracht-Lizenzspielerbereiches sorgt er schon 1982 dafür, dass die üppigen Gehälter der Profis gekürzt werden. Ein Unschuldsbewusstsein beim Werben der Bundesligaspieler für seine Bauherrenmodelle kennt Zenker nicht: „Ich bin da doch nicht der Einzige“.Wolfgang Zenker – Als Vertriebsdirektor der „Südwestdeutschen Unternehmens- und Finanzierungsberatungsgesellschaft mbH“ (Südfinanz) hat er rund 80 Fußballprofis finanziell hochriskante Bauherren-Modelle verkauft.

Zu den „üblichen Provisionen“, wie der gern im Rolls Royce fahrende Zenker betont. Das ist, wie Chas nicht minder berüchtigter Berater Holger Klemme bei Sichtung der Verträge herausfindet, mehr als geschwindelt. Zenkers Anteil liegt bei 40 Prozent der Verkaufssumme…. Als der Stürmer 1979 vom hessischen Nachbarn SV Darmstadt 98 zur Eintracht wechselt, verkauft ihm Zenker zwei Häuser im rheinischen Velbert. Für umgerechnet 450.000 Euro – Hypothekenbelastung von 300.000 Euro inklusive. Es genügt ein holpriger Satz, um den gutmütigen Eintracht-Star zu überzeugen: „Hat Grabowski gekauft, hat Pezzey gekauft, ist auch gut für Cha.“

Ist eben nicht gut für Cha. „Ein solcher Vertrag ist sittenwidrig“, echauffiert sich Holger Klemme, „Bum-Kun Cha ist ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans.“ Nicht nur er. Auch Eintracht-Keeper Jürgen Pahl muss durch das aufgeschwatzte Bauherrenmodell einen Verlust von mehr als 35.000 Euro hinnehmen. „Er hat mir den Lizenzspielervertrag unter der Bedingung aufgenötigt, dass ich ein solches Bauherrenmodell erwerbe“, klagt Pahl später im SPIEGEL. Holger Klemme muss im Fall seines Mandanten Cha eingestehen:

„Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Häuser mit erheblichem Verlust zu verkaufen. Er ist praktisch pleite“. Bum-Kun Cha erzwingt schließlich seinen Abgang nach Leverkusen, wird mit der Bayer-Elf 1988 noch einmal UEFA-Cup-Sieger, steigt später in seiner asiatischen Heimat ins Trainergeschäft ein, führt Südkoreas Nationalteam als Coach 1998 zur WM. Gerade noch mal gut gegangen.Nein, auf diesen Spitznamen ist David James nicht stolz. „Calamity-James“, auf gut Deutsch „Fiesematenten-James“ nennen sie den 53-fachen englischen Nationaltorhüter auf der Insel.

Weil er bei der EURO 2004 Englands neuerliche Pleite in einem Elfmeterschießen – gegen Gastgeber Portugal – nicht abwenden kann. Weil er im September 2004 in Wien im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich (2:2) patzt und im August 2005 bei seiner Einwechslung gegen Dänemark (1:4) vier Dinger in einer Halbzeit kassiert. Finanziell sind die Fehlgriffe des FA-Cup-Siegers von 2008 jedoch weitaus folgenreicher.

David James hat bei vielen großen Klubs in England gespielt. Von 1992 bis 1999 steht er in 214 Liga-Spielen für den FC Liverpool zwischen den Pfosten, es folgen Engagements bei Aston Villa, West Ham United oder Manchester City.

Eine, sieht man mal von dem zur englischen Fußballfolklore gehörenden Spott für britische Torhüter ab, ganz normale Premier-League-Karriere.In 25 Profi-Jahren spielt er laut dem Massenblatt The Sun mehr als 40 Mio. Euro ein. Das sollte doch reichen, um die Witzchen um den „Calamity-James“ zu verkraften, oder? Nicht ganz. Im Mai 2014 muss David James Insolvenz anmelden. Schon 2005 hat ihn die Scheidung von seiner Frau Tanya stolze 3,5 Mio. Euro gekostet.

Dann trifft den siebenfachen Immobilienbesitzer 2008 die weltweite Finanzkrise – und James wird zudem Opfer seiner eigenen Verschwendungssucht. „Wenn er ein neues Auto hatte und es eine Schramme bekam, kaufte er sich ein neues, wirkten seine gerade gekauften Schuhe auch nur ansatzweise abgenutzt, hat er sich ein neues Paar gekauft.“

So erinnert sich sein ehemaliger Mitspieler Stan Collymore. „Es ist schon mehr als verwunderlich, dass ein Spieler, der mehr als 20 Millionen verdient hat, so einen finanziellen Zusammenbruch erlebt“, kann es der Daily Telegraph kaum fassen.

In der Tat ist es kaum zu glauben, zumal der smarte James auch als Anzugsmodell für Armani und als TV-Experte für BT Sports auch außerhalb des Rasens gut verdient hat. Im November 2014 trennt sich James in einer viel beachteten Auktion von seinen Trophäen, den mehr als 150, im Laufe seiner Karriere gesammelten Trikots, u. a. von Petr Cech, Frank Lampard, Michael Owen oder Edwin van der Sar. Ebenfalls veräußert werden ein wertvolles Chopper-Motorrad – und eine Motorsäge.Technisch hoch begabt, ist der bereits mit 15 Jahren von den Talentscouts von Bayer 05 Uerdingen entdeckte Niedersachse Ansgar Brinkmann fast überall, wo er ab 1987 kickt, ein Publikumsliebling.

Bekannt für seine lockeren Sprüche, berüchtigt wegen seines alles andere als professionellen Lebenswandels – der Boulevard verpasst ihm den Spitznamen „Trinkmann“ – gilt der blonde Mittelfeldspieler als eine der schillerndsten Figuren im deutschen Fußball.

Mit 16 Vereinen in 20 Profi-Jahren gehört der von vielen Medien als „letzter Straßenfußballer Deutschlands“ oder „weißer Brasilianer“ geadelte, gelernte Kfz-Mechaniker zu den größten Wandervögeln an sich.

VfL Osnabrück, Preußen Münster, 1. FSV Mainz 05, Eintracht Frankfurt, TeBe Berlin, Arminia Bielefeld – nur eine Auswahl von Brinkmanns Stationen. Länger als zwei Spielzeiten hält es ihn nirgends.Meist geht er dabei im Unfrieden. In Osnabrück sieht man Brinkmann in wilder Flucht vor einer Alkoholkontrolle.

Wenig später stellt er sich auf dem Polizeirevier – und gibt seinen Autoschlüssel ab. In Berlin, Bielefeld und Gütersloh ist der thekenfeste Fußballstar mit dem Anrufbeantworter-Text „Ich bin bis 5 Uhr in meiner Stammkneipe zu erreichen“ in Straftaten verwickelt, die ihm den Ruf eines „Enfant terribles“ einbringen. Und ihn allein mehr als 40.000 Euro Bußgeld kosten.

Sein restliches Geld investiert Brinkmann in ein Reha-Zentrum und in eine Einkaufspassage in Bielefeld – und verliert dabei mehr als eine Million Euro. Er muss komplett von vorn anfangen. 2011 lebt er im Haus seiner Schwiegereltern in Osnabrück. „Wenn dann die Welt über einem zusammenbricht, finanzieller Art, dann hat man schon trübe Gedanken. Wie geht es weiter, was kommt auf einen zu, da hat man schon Existenzangst“ – ein typischer Brinkmann-Spruch zur Pleite.

Ungeachtet seiner finanziellen Turbulenzen ist Ansgar Brinkmann immer ein Liebling der Fans geblieben. Es gibt kaum einen Fußball-Anhänger, der nicht irgendeine Brinkmann-Anekdote zum Besten geben kann. „Ich hätte heute lieber 50 Länderspiele als 50 Anekdoten“, so Brinkmann, „aber ich bin kein Mensch, der rum heult. Sei’s drum.“


„Ich muss nicht als Millionär sterben, sondern als korrekter Mensch.“ 


Werner Lorant

Estepona, Spanien. Der Ferienort an der andalusischen Costa del Sol ist so etwas wie die letzte Zuflucht für Werner Lorant (68). Hier hat der ehemalige Bundesliga-Trainer von 1860 München sein einziges Status-Symbol aus guten Zeiten: Seine Finca.

Der gelernte Anstreicher renoviert das etwas marode Anwesen in den Wintermonaten in seinem Ferienhaus selbst. Geld, um Handwerkerrechnungen zu bezahlen, hat er nämlich nicht.

Werner Lorant ist pleite. In den Sommermonaten lebt er zurückgezogen auf einem Campingplatz in Waging am See, wo er mit Kindern Fußballtraining macht. Ausgerechnet Lorant! Der Mann, der als „Werner Beinhart“ sowohl als Spieler als auch als Trainer ein eiskalter Hund war und als Coach mit Sprüchen wie „Warum sollte ich mit den Spielern reden? Ich bin doch kein Pfarrer“ die Claims abgesteckt hat.Vom aktiven Trainergeschäft ist Lorant ganz weit weg. 2011 hat er sein letztes Engagement beim slowakischen Klub Dunajaska Streda beendet.

Fast zeitgleich überschlagen sich bei Lorant die Ereignisse. Seine Frau verlässt ihn nach 30 Ehejahren. Sein Haus in Oberdorfen bei München wird zwangsversteigert – es ist mit 550.000 Euro an Hypotheken belastet. Zuvor hat sich Lorant mit faulen Ost-Immobilien in Dresden verspekuliert und fast alles verloren. Er habe sich „nie wirklich um sein Geld gekümmert“, sagt er frei raus. Nachtrauern ist nicht seine Sache: „Ich muss nicht als Millionär sterben, sondern als korrekter Mensch.“ So kompromisslos kennen ihn die Fans aus den guten Zeiten bei 1860 München in der Bundesliga. Mit den „Löwen“ kehrt Lorant – als Spieler u. a. UEFA-Cup-Sieger 1980 mit Eintracht Frankfurt – in die deutsche Fußball-Eliteliga zurück und führt den Münchner Traditionsklub im Jahr 2000 bis in die Champions-League-Qualifikation.

Mit seinem „Aus“ bei den Münchnern beginnt für Lorant ab 2001 eine wahre Trainer-Odyssee, die ihn u. a. in die Türkei zu Fenerbahce Istanbul, zu APOEL Nikosia auf Zypern oder zu Saipa in die iranische Hauptstadt Teheran führt. Lorant hat bittere Lehren aus seinem finanziellen Absturz gezogen:

„Glaub nicht, wenn es dir schlecht geht, dass dir einer hilft. Ich bin von so vielen Leuten enttäuscht. Deswegen sage ich mir jetzt: Lasst mich alle in Ruhe.“ Die Enttäuschung ist bei Werner Lorant spürbar.Es gibt Dinge, die ärgern Jürgen Wegmann heute noch viel mehr als seine triste Lebenssituation. „Das ist einer der größten Skandale, die es überhaupt gibt“, wird der „Torschütze des Jahres“ von 1988 auch nach Jahren noch darüber wütend, dass man ihn nach seinem legendären Treffer per Scherenschlag gegen den 1. FC Nürnberg nie ins „Aktuelle Sport-Studio“ des ZDF eingeladen hat.

Ansonsten spricht „Kobra“ Wegmann nur ungern über seine aktive Zeit als Profi bei Borussia Dortmund, dem FC Schalke 04, dem FC Bayern München, dem MSV Duisburg oder Rot-Weiß Essen.Weil alles so weit weg zu sein scheint. Sein Geld hat Wegmann durch einen aufwändigen Lebensstil und eine teure Ehescheidung verloren. Jürgen Wegmann lebt heute in einer 44-qm-Wohnung in seiner Heimatstadt Essen. Er bezieht Hartz IV. An eine geregelte Arbeit ist bei dem Tor-Helden a. D. nicht zu denken.


„Sieben Stunden Stehen am Stück ging nicht mehr“,


sagt Wegmann über das Ende seines letzten offiziellen Jobs. Als Sicherheitsmann und Promi im FC Bayern-Fanshop im Oberhausener Konsumtempel Centro hat ihm Uli Hoeneß 2008 eine Anstellung verschafft. Die muss Wegmann 2012 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Auch soll er sich mit Bayerns Merchandising-Chef und Urviech Hansi Pflügler (57) nicht unbedingt bestens vertragen haben…

Mit dem Ruhm vergangener Tag spät zu Geld zu kommen, ist nicht die Sache des einstigen Torjägers. Auf den 2004 vom Privatsender RTL ausgelobten „Goldenen Schuh“ für das schönste Tor hat Bayern-Legende Gerd Müller damals verzichtet. Wegmann glaubt bis heute, dass deshalb ihm die Trophäe zusteht. Sie würde ihm einen Millionen-Erlös einbringen, den der ehemalige Ruhrpott-Kicker für wohltätige Zwecke spenden würde. Aber er will nicht nachtrauern.Für Wegmann sind heute andere Dinge wichtiger als Geld. „Ich will die Anerkennung, die mir zusteht“, sagt er trotzig. Und die hat er sich nicht nur mit seinem Seitfallzieher oder mit den 13 Saisontoren, die Bayern München 1989 zum Deutschen Meister verhelfen, verdient.

Dass bei Borussia Dortmund in den 1990er-Jahren eine neue Ära eingeleitet wurde, verdankt der BVB auch Jürgen Wegmann. Am 19. Mai 1986 erzwingt sein Treffer zum 3:1 in der Nachspielzeit im Relegations-Rückspiel gegen Fortuna Köln für die Dortmunder ein drittes Spiel. Im Rückspiel überrollen sie die ersatzgeschwächten Kölner mit 8:0.

Inzwischen hat Borussia Dortmund Wegmann einen von 100 Sternen auf dem „BVB Walk of Fame“ gewidmet. Auf der Ecke Hohe Straße / Neuer Graben wird für immer an den in letzter Sekunde abgewendeten Abstieg erinnert. Wenn das mal keine Anerkennung ist?Auch von gut bezahlten Gaga-Auftritten wie dem Dschungelcamp hält Wegmann nichts. Der unbekümmerte Junge aus dem Pott, der nach eigenem Bekunden „giftiger als die giftigste Schlange“ war und die Fußballer-Rhetorik mit zeitlosen Spitzen wie „Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu“ oder „Wenn ich spiele, wenn ich treffe, dann sind das überirdische Verhältnisse“ bereichert hat, will es auf andere Weise schaffen.


„Vielleicht als Privat-Detektiv wie Columbo“, verrät er mal seine eigenwilligen Berufspläne.


Eine der jüngeren Meldungen über die Insolvenz eines Fußballstars liefert die Zeitung Hamburger Abendblatt am 14. Juni 2017. Es geht um den ehemaligen Bundesligaprofi Stefan Schnoor. Dieser hat als Abwehrspieler 277 Liga-Spiele für den HSV und den VfL Wolfsburg absolviert – und in der englischen Premier League für Derby County gespielt. Nun ist er insolvent.

Am 24. April 2017 hat das Amtsgericht Pinneberg einer Schlussverteilung von Schnoors Gläubigern zugestimmt – und dem Insolvenzantrag über mehr als 300.000 Euro stattgegeben. Schnoors Privatvermögen beläuft sich nach Angaben des Gerichts auf lediglich 19.000 Euro. Nach seiner Fußballerlaufbahn hat Schnoor u. a. die Spielerberater-Agentur „Match Marketing“ gegründet. Der Insolvenzantrag ist bereits im April 2016 gestellt worden.

Schon 2010 war Schnoors Vermarktungsagentur kick and rush mit Sitz in Hamburg pleite gegangen. Sie war u. a. für die Vermarktung des Handball-Turniers Final Four zuständig und lässt die Handball-Bundesliga mehr als verärgert zurück. „Die Agentur hat uns eine Garantiesumme in einer nicht gerade kleinen sechsstelligen Höhe zugesichert. Sie ist ihren Verpflichtungen aber nicht nachgekommen.“ sagt HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.

Genauer gesagt, geht es um 170.000 Euro, die noch aussteht. Insgesamt belaufen sich die Verbindlichkeiten von Schnoor, dessen Spitzenverdienst mal bei 700.000 Euro jährlich lag, auf rund 310.000 Euro. Dicke Negativ-Schlagzeilen für einen, der auf dem Platz als ehrlicher und fleißiger Fußball-Arbeiter bekannt war und den die Fans in seinen Analysen beim TV-Sender Sport 1 wegen seiner klaren Kante schätzen. „Ich erhole mich Schritt für Schritt, kämpfe mich da raus. Alles ist die Folge von unglücklichen Begleitumständen“, sagt Schnoor der BILD. In den Fan-Foren der Hamburger Morgenpost sorgt dieses Eingeständnis für Häme. Der User mit dem sinnigen Pseudonym AndyLatte schreibt: „Schnoor war sicher zu keinem Zeitpunkt ein Fußballprofi vom Typ George Best, sondern eher der bodenständigen, soliden Sorte zuzurechnen. Dennoch ging nach der Spielerkarriere sein Ausflug in das Haifischbecken der Sportevent-Vermarktung und Spielerberatung aber mal so richtig inne Büx. Nicht wegen Größenwahns oder aus Eitelkeit, sondern mangels Ahnung.“Die Gelegenheit ist günstig. Am 16. November 1976 nutzen Defensivspieler Norbert Nachtweih (19) und sein Teamkollege Jürgen Pahl (20) vom HFC Chemie ein U21-Länderspiel der DDR im türkischen Bursa zur Flucht. Nach der Begegnung gegen die Türkei können sich beide im Hotel absetzen und mit Hilfe des deutschen Konsulats und der türkischen Behörden über Istanbul bis München durchschlagen.

Nachdem beide ihre 16-monatige FIFA-Sperre abgesessen haben, laufen sie ab 1979 für Eintracht Frankfurt auf. Sie genießen die Vorteile, die das Fußballerleben im goldenen Westen bietet.


„Ich war ein echter Anhänger des Systems, ein Fan von Helmut Kohl und überzeugter CDU-Wähler“,


erzählt der seit Jahren in Paraguay lebende Pahl 2013 der überraschten taz, „als gut verdienender Profi habe ich ordentlich gefeiert und im Monopoly mitgemacht, bis ich das erste Mal richtig auf die Nase fiel…“Pahl ist nicht der einzige, dem die Dinge in der Bankenmetropole Frankfurt um die Ohren fliegen. Auch sein Mitspieler und Weggefährte Norbert Nachtweih gehört zu den Betrogenen.

Die beiden Freunde sind unter den fast 80 Profis, die auf die von Eintracht-Vizepräsident Wolfgang Zenker vermittelten Bauherren-Modelle hereinfallen. Auch der Gladbacher Ewald Lienen („Ich habe damals viel Geld in den Sand gesetzt“), der Kölner Gerd Strack und das Karlsruher Trio Uwe Dittus, Emmanuel Günther und Klaus Theiss sind bei der wundersamen Geldvermehrung mit von der Partie. 1983 fliegt der Skandal auf. „Wir sind mit sehr unlauteren Mitteln vorsätzlich geschädigt worden, was einige fast oder ganz ruiniert hat“, stellt Pahl klar.

Norbert Nachtweih braucht lange, um diese Altlasten aufzuarbeiten – und das trotz eines Jahres-Salärs von umgerechnet 175.000 Euro. Der Befreiungsschlag für ihn kommt 1982, noch vor dem Aufdecken der Südfinanz-Affäre in Frankfurt. Es ist sein Wechsel zum FC Bayern München.

Fast 450.000 Euro kassieren die in die Miesen gerutschten Hessen an Ablöse für Nachtweih – und der hat in Bayern-Macher Uli Hoeneß einen Freund und Gönner. „Er hat vielen Sportlern geholfen“, lässt Jürgen Pahl bis heute nichts über Hoeneß kommen, „auch meinem Freund, Norbert Nachtweih, der vor seinem Wechsel von Frankfurt zu den Bayern finanziell ruiniert wurde.“„Es regnet nicht. Es gießt“ – Besser hätte die britische Boulevardzeitung Daily Mirror das Foto mit dem regennassen Stürmer John Carew von West Ham United nicht beschriften können. Im Mai 2012 steht der Norweger, hinter dem mal halb Fußball-Europa her war, buchstäblich im Regen. Mit einer Bankrotterklärung vor einem englischen Gericht.

Sein Berater Per Flod ist indes bemüht, die ganze Sache herunterzuspielen. Er wird nicht müde, Carews finanzielle Turbulenzen zu beschönigen. „Das ist alles nur ein Missverständnis mit den französischen Behörden“, erklärt er beschwichtigend,


„John muss seine Steuerrechnungen aus Frankreich (aus Carews Zeit bei Olympique Lyon, 2005 bis 2007, d. Red.) bezahlen und das wird nun diskutiert.“


„Diskutiert“ wird eine Unterlassungssünde eines Spielers, der in der Premier League bei Aston Villa, Stoke City und West Ham umgerechnet bis zu 45.000 Euro pro Woche verdient hat.Der aber dann nach Ausflügen in Birminghams Nachtclubs aus dem Kader flog. Und – völlig anti-skandinavisch – einen nicht eben zurückhaltenden Lebensstil pflegt.

Am Saisonende 2011/2012 verabschiedet sich der 1,96 m große Sturm-Hüne aus Norwegen, nach Top-Leistungen in der Champions League bei Rosenborg Trondheim 1999 von sämtlichen europäischen Spitzenklubs gejagt, vom aktiven Fußballgeschäft.

Außer beim FC Valencia, mit dem er 2000 und 2001 jeweils das CL-Finale erreicht, hält es Carew nur noch bei Aston Villa (37 Tore in 113 Liga-Spielen) länger als zwei Jahre aus.

Carew wechselt in ein komplett anderes Metier. Er wird Schauspieler. Ab 2012 sieht man ihn in einem kanadischen Horrorfilm. B- oder sogar C-Movie. Den Horror der Insolvenz hat er da gerade hinter sich…Die Klasse von 1992 schafft es sogar in die Kinos. Die Geschichte von Manchester Uniteds legendärer Jugendmannschaft, die erst den FA Youth Cup gewinnt und dann auszieht, um Fußball-Europa zu erobern, kommt Ende 2013 unter der Regie von Gabe Turner auf die Leinwand.

Die Mega-Stars von damals um David Beckham, Ryan Giggs und Gary Neville genießen das Blitzlichtgewitter und dem Rummel auf dem roten Teppich. Einer aber fehlt.

Es ist Keith Gillespie. Der ehemalige Mittelfeldspieler aus Nordirland hat zu diesem Zeitpunkt andere Probleme. Zwei Jahre vor Erscheinen des Films hat er seine komplette Pleite eingestanden. Gillespie gehört wie Beckham oder Giggs zur „Klasse von 1992“ – doch wenn man die Halbstarken auf dem Teamfoto mit ihren Boygroup-Frisuren durchgeht, gehört er in die Rubrik „Konnte sich nicht durchsetzen.“ Zwar debütiert Gillespie schon mit 17 für die „Red Devils“, doch auf seiner Stammposition im rechten Mittelfeld macht er bis 1995 lediglich neun Liga-Spiele.

Nach einem Leih-Geschäft mit Wigan Athletic wechselt er im Sommer 1995 für fast neun Millionen Euro Ablöse zu Newcastle United. An der Tyneside läuft es besser: 113 Liga-Spiele für die „Magpies“, 15 Auftritte im Europapokal und zwei Mal Vizemeister.In Newcastle feiern sie ihn schon als „neuen George Best“. Doch ähnlich wie der große Nordire, der bei Manchester United das Leben eines Rockstars führte, gerät auch Gillespie rasch in die Abwärtsspirale des Geschäfts.

„Ich habe relativ früh damit angefangen, meinen Wochenlohn zu den Buchmachern zu tragen“, erklärt der in der Nähe des berüchtigten nordirischen Gefängnisses The Maze aufgewachsene Gillespie dem Daily Telegraph, „als ich dann plötzlich 20.000 Pfund pro Woche verdiente, fühlte ich mich wie ein Lottogewinner.“

Dumm nur, dass Lotto King Keith diese Gewinne entweder verspielt oder schlecht in Immobilien und erfolglose Filmprojekte investiert. „Ich weiß, dass es vielen Spielern ähnlich geht“, sagt Gillespie, „sie bekommen eine Menge Geld, fangen an zu zocken.

Als ich nach Newcastle kam, war ich sehr einsam. Ich kannte niemanden – und ging stattdessen ins Wettbüro.“ Das bringt zwar das Ende der Einsamkeit, aber auch Verluste von bis zu 50.000 Euro pro Tag. Und unter dem Strich stehen fast zwölf Millionen Euro, die er verramscht. Die lesenswerte Erkenntnis aus dem finanziellen Totalschaden ist Gillespies Buch How not to be a Football Millionaire. Wie man eben nicht Fußball-Millionär wird…Eine derartige Wertschätzung können nicht mal die „Lichtgestalt“ Franz Beckenbauer oder der „Fußballgott“ Jürgen Kohler vorweisen.

Irgendwo im Ruhrgebiet hängt irgendwann in den 1960er-Jahren ein Ankündigungsplakat des Predigers Werner Heukelbach („Wer betet, siegt!“) mit der Überschrift „An Jesus kommt keiner vorbei“. Darunter hat jemand mit Kreide „außer Stan Libuda“ gekritzelt. Reinhard „Stan“ Libuda – er ist der Inbegriff des quirligen Rechtsaußen, des trick- und dribbelstarken Außenstürmers. Nein. Er ist einer der wenigen deutschen Spieler, die in den 1960er-Jahren mit dem Adjektiv „begnadet“ beschrieben werden. Im Pott wird der Mann, der 1966 für den ersten Europapokaltriumph einer deutschen Mannschaft sorgt, bei Borussia Dortmund und auf Schalke gleichermaßen verehrt. Ein Flanken-Gott, der jedoch ins finanzielle Nichts dribbelt.

Durch den englischen Dribbelkünstler Sir Stanley Matthews (1915 – 2000) zu seinem Spitznamen gekommen, verzückt Libuda mit seinem trickreichen Spiel in den ersten Bundesliga-Jahren Fans und Fachwelt. Rechts antäuschen, links vorbeigehen – mit diesem Trick narrt er selbst die größten Haudegen unter den Verteidigern in der noch jungen deutschen Fußball-Eliteklasse.

Er holt mit Dortmund 1965 den DFB-Pokal und schießt den BVB im Europacupfinale der Cupgewinner am 5. Mai 1966 in Glasgow gegen den großen FC Liverpool mit einem Traumtor aus fast 30 Metern zum 2:1-Erfolg (n. V.) ins Glück. 1968 wechselt er nach 74 Liga-Spielen (8 Tore) die Fronten im Revier, geht von Borussia Dortmund zum Erzrivalen FC Schalke 04, der er 1961 seine erste Profi-Station ist. Auf Schalke macht Libuda den Fehler seines Lebens.1971 lässt er sich gemeinsam mit einigen seiner Mitspieler wie Klaus Fischer oder Rolf Rüssmann in den Bundesliga-Bestechungsskandal hineinziehen.

Die Schalke-Profis landen vor Gericht, Libuda möchte am liebsten vor Scham im Boden versinken.


„Je mehr ich über meine Situation nachdenke, umso mehr komme ich zu der Überzeugung, dass fast alles seinen Ursprung in meiner Verwicklung in den Skandal hat. Und das ausgerechnet bei mir, der sich nachweislich von allen Schalkern am längsten gewehrt hat, das Spiel zu verschieben“,


sagt er später. Eine Einsicht, die ihm nicht mehr hilft. Für die aus heutiger Sicht läppische Summe von 1.150 Euro pro Spieler haben sich die Schalker bestechen und absichtlich von Arminia Bielefeld düpieren lassen. Nach dem Prozess und einer zunächst auf Lebenszeit ausgesprochenen Sperre sowie einer Geldstrafe von 1.100 Euro flieht Libuda ins Ausland. Bei Racing Straßburg macht er bis zu seiner Begnadigung 1974 nur 15 Spiele. Heimisch wird der einfach gestrickte Junge aus dem Pott im Elsass nie. Nach zwei weiteren Jahren auf Schalke beendet er seine Karriere – und stürzt ab: Scheidung, Alkoholprobleme.

Libuda verliert seine Anlage, ein Mehrfamilienhaus für 17 Parteien, ist über Jahre ohne Arbeit. Erst sein alter Teamkollege Rüssmann hilft ihm mit einem Druckerei-Job. Das Schicksal lässt den begnadeten Dribbler nicht mehr aus den Fängen. 1992 muss sich Libuda einer Kehlkopf-Operation unterziehen. Im August 1996 stirbt er nach einem Schlaganfall in seiner Wohnung in Gelsenkirchen.

Der vom Liverpool Country Court geforderte Betrag mutet auf den ersten Blick gering an. Umgerechnet 150.000 Euro soll John Arne Riise, Publikumsliebling und Weitschuss-Spezialist bei den Reds, im März 2007 aufbringen. Der norwegische Abwehrspieler des FC Liverpool ist bankrott. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

In Wirklichkeit ist Riises Verschuldung riesig. Und das bei einem kolportierten Wochenverdienst in Liverpool von fast 75.000 Euro pro Woche. Seit 2005, nach einem Streit mit seinem Berater Einar Baardsen, kämpft er juristisch gegen seinen ehemaligen Repräsentanten. In dieser Schlammschlacht geht es laut Guardian um Betrug in Höhe von 3,5 Mio. Euro.

Riise hat sich von Baardsen hereingelegt gefühlt, bekam von seinem norwegischen Landsmann mehrere Fehlinvestitionen aufgeschwatzt.

Neben verschiedenen Online-Geschäftsmodellen gehört auch ein unrentables Hotel dazu.Riise – mit dem FC Liverpool u. a. Champions League-Sieger 2005 – bekommt anfangs nicht einmal mit, dass er angeblich bankrott sein soll.

Während der Bekanntmachung durch das Insolvenzgericht ist er mit Norwegen auf einer Länderspielreise. Es ist der wohl bitterster seiner 110 Auftritte im Nationaltrikot. Um die horrenden Verluste auszugleichen, zieht Riise ab 2008 durch halb Europa.

Er spielt in Italien beim AS Rom, auf Zypern bei APOEL Nikosia und bei den Dehli Dynamos in der neuen indischen Super League.

Am Ende kickt Riise bis 2016 – als Abwehr-Methusalem – bei seinem Ausbildungsverein Aalesunds FK.Im April 2016 stockt den Fans der „Three Lions“ der Atem. Was sie im Boulevardblatt The Sun sehen, wirkt unglaublich. Surreal. Der Mann im grauen Polohemd, der seine paar Klamotten in einer zerrissenen Sporttasche und einer Plastiktüte mit sich trägt und durch die Straßen von Bromley torkelt, ehe er sichtlich angetrunken an einer Mauer eine Rast einlegt, ist …Kenny Sansom.

Bevor der Tippelbruder sich auf den Weg durch die Stadt gemacht hat, verspielt er ein paar Münzen in einem Spielsalon. Ein Passant erkennt ihn, spricht ihn an – und ist entsetzt:


„Es ist traurig, Kenny in einem derart verwahrlosten Zustand zu sehen. Er sagte mir, dass sein gesamter Besitz in den beiden Taschen steckt.“


Kenny Sansom, 57, ist ganz unten angekommen.Mit 86 Länderspielen ist Sansom bis heute der Außenverteidiger mit den meisten Einsätzen für England, ist WM-Teilnehmer 1982 und 1986 und Augenzeuge von Diego Maradonas legendärem „Hand Gottes“-Tor im Viertelfinale.

Kenny Sansom hat 637 Liga-Spiele für Arsenal, Newcastle United, die Queens Park Rangers, Coventry City oder den FC Everton gemacht. Sansom hat eine Menge Geld verdient, er hat in einem Haus mit einem Wohnwert von 1,5 Mio. Euro gelebt – aber er hat schlecht investiert. Zudem ist er dem Glücksspiel und dem Alkohol verfallen. Seine Schlagzahl liegt bei sieben Flaschen Rosé pro Tag. Die Scheidung von seiner Frau Elaine hat er lange hinter sich.

Schon 2008 hat er in seiner Autobiographie To cap it all. My Story – Lebensbeichten englischer Kicker sind auch im digitalen Zeitalter ein Renner – eingestanden, den Kampf gegen den Alkoholismus verloren zu haben. „Es stimmt, ich habe zehn Tage auf der Straße gelebt“, sagt Sansom, 1980 für eine Million Pfund von Crystal Palace nach Highbury gewechselt, „weil ich kein Geld habe, weil ich betrunken bin und weil ich ein Spieler bin. Es ist kein schönes Gefühl, auf einer Parkbank zu schlafen.“

Sein ehemaliger Coach George Graham und Arsenal-Idol Tony Adams, Mit-Gründer einer Suchtklinik, helfen Kenny. Inzwischen hat er den freien Fall gestoppt. Er ist hin und wieder als Fußballexperte bei ITV zu sehen.Christian Vieri hat mal für beide Mailänder Klubs gespielt. Der ehemals in ganz Fußball-Europa begehrte Stürmer wiegt im Sommer 2016 mittlerweile 91 Kilo – und schwadroniert von einem Comeback in der neuen chinesischen Operettenliga Chinese Super League. Mit 43 will es „Bobo“, wie der in Australien aufgewachsene, 49-fache Nationalspieler Italiens genannt wird, nochmal wissen. „Zwei Kilo müssen noch runter, dann bin ich bereit“, verkündet er via Twitter, „Bobo ist zurück, ich werde in China spielen.“

Alles nur Show. Bei Christian Vieri geht schon lange nichts mehr. Der bei seinem Wechsel von Lazio Rom zu Inter Mailand 1999 mit einer Ablöse von 45 Mio. Euro teuerste Spieler der Welt hat alles verspielt.

Eine schwere Knie-Verletzung hat ihn 2006, nachdem er auf Vereinsebene mit dem Pokalsieger-Cup (mit Lazio), dem italienischen Scudetto (mit Juve) oder der Coppa Italia (mit Inter) so ziemlich alles gewonnen hat, um die Krönung seiner Laufbahn gebracht.

Vieri verpasst die für Italien so erfolgreiche WM in Deutschland. Und da ist noch was. Bobo hat eine große Leidenschaft für Poker – und für schöne Frauen. Angeblich unterhält er in seiner aktiven Zeit bei Juventus Turin, Atlético Madrid, Lazio Rom, Inter, Milan, Monaco oder Sampdoria intime Beziehungen zu mehr als 200 Frauen.Das Fotomodell Elisabetta Canalis, die Dessous-Schönheit Elena Santarelli und unzählige Groupies zeigen sich gern an der Seite von Vieri.

Die glamourösen Damen lieben den spendablen Fußballstar für seine ausgiebigen Shopping-Touren in den italienischen Mode-Metropolen. 2009 versucht Bobo, seinen Ex-Verein Inter Mailand zur Kasse zu bitten. Die „Nerazzurri“ haben eingestanden, Vieri über Jahre bespitzelt zu haben. Offensichtlich war Vieris Lebensstil dem Präsidium um den mächtigen Massimo Moratti ein Dorn im Auge.

Vieri gibt an, durch den großen Lauschangriff seelisch und finanziell geschädigt worden zu sein. Er klagt über Schlaflosigkeit und Depression. Aus seiner Absicht, aus der Affäre bis zu 21 Mio. Euro herauszuschlagen, wird nichts.

Vieri bleibt 2012 nach langem Rechtsstreit nur die Entschädigung von einer Million. Für seinen Anwalt Danilo Buongiorno ist das Urteil „ein Erfolg“. Immerhin.„Happel: Oko ist okay“ – So titelt BILD Hamburg 1986 bei der Ankunft des polnischen Stürmers beim Hamburger SV, als der gestrenge HSV-Trainer Ernst Happel (1925 – 1992) wohlwollend den Daumen gehoben hat.

Die HSV-Scouts sind zumindest damals noch ganz vorn in der Branche. Sie werben den Torschützenkönig der polnischen Liga für umgerechnet 350.000 Euro von Lech Posen ab.

Okonski macht im HSV Dress 62 Bundesliga-Spiele (15 Tore) und steht 1987 bei dem (Stand: April 2020) bislang letzten großen Titelgewinn der Hanseaten, DFB-Pokalsieger in Berlin gegen die Stuttgarter Kickers, auf dem Rasen des Olympiastadions.

Aber: Hamburg ist irgendwo doch nur ein Dorf und so bleiben den Boulevardmedien weder Okonskis Alkoholprobleme, noch seine Ausflüge in diverse Spielbanken lange verborgen. Als seine Trunksucht sich nun wirklich gar nicht mehr verheimlichen lässt und „Oko“ eine Entziehungskur ablehnt, wird sein Vertrag beim HSV nicht mehr verlängert.Okonski wechselt 1988 zu AEK Athen, wo er mit der griechischen Meisterschaft 1989 einen Erfolg erlebt. Später wird er 1993 noch einmal mit Olimpia Posen Meister. Überraschend kehrt er danach nach Hamburg zurück, wo er bei Concordia Hamburg und bei Raspo Elmshorn (5. Liga) aber nur noch unterklassig kickt.

Seine Alkoholkrankheit und die Spielsucht lassen Okonski nicht zur Ruhe kommen. Er verspielt nahezu sein gesamtes Vermögen in den Spielcasinos, muss nach Trunkenheitsfahrten hohe Geldstrafen und kassiert eine 15-monatige Haftstrafe.

Dass der 29-malige polnische Nationalspieler nicht einfährt, wird nur durch die Umwandlung in eine Geldstrafe von 7.000 Zloty, die die Fans seines ehemaligen Klubs Lech Posen für ihn sammeln, verhindert. Eine Kneipe, die Okonski später in Posen eröffnet, geht pleite.

Im April 2019 ist Miroslaw Okonski schwer erkrankt und völlig mittellos. Seine Tochter sammelt Spenden, um eine lebensnotwendige Operation für ihn zu ermöglichen. Das traurige Ende eines Bundesliga-Hoffnungsträgers und Enfant terribles unter den sonst in der Liga als so solide geltenden polnischen Fußballprofis.„Hilfsgärtner beim Grünflächenamt der Stadt Essen“, das ist die letzte offizielle Berufsbezeichnung von Andreas Sassen, der am 17. Oktober 2004 mit nur 36 Jahren einem Gehirnschlag erliegt.

Abseits vom Fußballgeschäft, fast unbemerkt, endet das tragische Leben eines der talentiertesten deutschen Mittelfeldspieler der Neunzigerjahre. Aus einer hoffnungsvollen Fußballerkarriere wird ein trostloses Dasein am Rande der Kriminalität.

Der Essener Andreas Sassen kommt 1990 über Bayer 05 Uerdingen in die Bundesliga. 12 Tore in 66 Liga-Einsätzen für die Krefelder machen den Hamburger SV auf ihn aufmerksam. In Hamburg sorgen Sassen und Harald „Lumpi“ Spörl für einen der größten Skandale der HSV-Geschichte.

Die beiden nehmen sich nach einer ausgiebigen Zech-Tour über die Reeperbahn mit der kultigen Box-Kneipe „Ritze“ als Endstation einen türkischen Taxifahrer vor – und verprügeln ihn. Sassen wird mit 6.200 Euro vom HSV zur Kasse gebeten, „Taxifahrn mit Sassen“ wird zu einem Hit in der Westkurve im alten Volksparkstadion.Nach dem Skandal und nur einer Spielzeit ist für Sassen in Hamburg Schluss. Dynamo Dresden holt ihn für 350.000 Euro.

Auch hier kann es „Wodka-Andy“, wie der trinkfeste Mittelfeldmann nicht mehr nur unter vorgehaltener Hand genannt wird, nicht lassen. Eine Kneipentour mit dem späteren australischen Nationaltorhüter und WM-Teilnehmer Mark Schwarzer bringt ihm in Dresden eine weitere Suspendierung.

Trainer Horst Hrubesch wirft den bis dahin teuersten Neuzugang der Dynamo-Historie im März 1995 raus. „Andreas Sassen führte ein Leben auf der Überholspur, zog den Alkohol dem Training vor und verbaute sich somit eine große Karriere“, schreibt das Portal kult-kicker.de. Nach einem halben Jahr im ukrainischen Exil bei Dnipro Dnipropetrowsk kehrt Sassen zur inzwischen zweitklassigen SG Wattenscheid 09 zurück – und setzt noch einen Skandal drauf. Beim Trainingslager der SGW an der Algarve brennt er mit einer Bardame durch, ist tagelang verschwunden.

Die Mannschaft reist ohne ihn zurück nach Deutschland, wo seine Frau gerade ein Kind auf die Welt gebracht hat. Einen neuen Klub findet der ehemalige Zechkumpan von Mario Basler danach nie mehr. Jahre später überfällt er mit einer Gaspistole eine Kneipe. Er stirbt ohne Familie, anonym. Seine bittere Bilanz: „Ich habe alles versoffen und verzockt.“

In Toni Schumachers Skandalbuch Anpfiff von 1987 gibt es viele programmatische Sätze. Einer aber steht über allem: „Immel pokerte wie ein Süchtiger.“

Nicht eben diskret. Nicht gerade liebevoll, diese Enthüllung vom „Tünn“ über den 19-fachen deutschen Nationaltorhüter, Europameister von 1980 und zweimaligen Vize-Weltmeister. Aber schon in den Achtzigerjahren beobachten Schumacher und wohl auch viele andere Nationalmannschaftskollegen den scheinbar ungebremsten Hang des damaligen Dortmunder Keepers Eike Immel zu Kartenspiel und Wettgeschäften mit Sorge. Nicht ohne Grund.

Eike Immel (56), der beim VfB Stuttgart mit Deutscher Meisterschaft (1992) und UEFA-Cup-Finale (1989) seine sportlich erfolgreichste Zeit hat, erlebt einen unfassbaren Niedergang.

Nach der EURO 1988 im eigenen Land vom sieben Jahre jüngeren Bodo Illgner aus der Nationalmannschaft gedrängt, muss Immel 1995 beim VfB Nachwuchskeeper Marc Ziegler Platz machen. Er flüchtet nach England, in die Premier League zu Manchester City. Nur ein Jahr später ist Schluss: Immel muss nach einem Hüftschaden seine aktive Karriere beenden. Bis 2005 sieht man ihn als Torwart-Trainer bei Besiktas und Fenerbahce Istanbul und bei Austria Wien.Im April 2008 muss Immel zum ersten Mal Privatinsolvenz anmelden – hochriskante Immobiliengeschäfte, teure Autos, Spielschulden und eine Ehescheidung haben für einen sechsstelligen Fehlbetrag gesorgt.

Seine im gleichen Jahr eröffneten Fußballschulen liegen auf Eis. Zu diesem Zeitpunkt – Immel entgeht nur knapp einer Verurteilung wegen Betrugs – lebt der bei seinem Länderspiel-Debüt im Oktober 1980 mit 19 jüngste deutsche Nationaltorhüter aller Zeiten von gerade mal 1.200 Euro im Monat. Ebenfalls nicht nachweisbar ist 2012 der Vorwurf eines Dortmunder Gerichts, wonach Immel in 78 (!) Fällen Kokain zum Eigenbedarf erworben hat. Seinen peinlichsten Auftritt hat Eike Immel da schon hingelegt.

Im Januar 2008 sieht man ihn singend an der Seite des greisen Schlagerbarden Bata Illic im RTL-„Dschungelcamp“. Die 70.000 Euro, die der einstige Klassekeeper für Ekel-Prüfungen kassiert, gehen komplett an den Insolvenzverwalter.

Im Mai 2015 füllt Eike Immel wieder die Klatschspalten. Nach seiner zweiten Insolvenz ist er spurlos verschwunden, nachdem er zuvor zeitweise nur noch bei Freunden gewohnt hat. Einem Haftbefehl entgeht er nur knapp.„Merse!“ – im März 2010 blickt Arsenals Legende Tony Adams bei einem Interviewtermin mit SPORT BILD in London mit Erstaunen auf das Foto eines verwegenen Kumpels: Paul Merson.

„Er ist ein einzigartiger Charakter und ich bin ihm dankbar, dass er mich in die richtige Richtung geführt hat, auch wenn seine eigene Reha ein einziges Auf und Ab war“, berichtet der selbst im Alkoholismus gelandete, ab 1996 erfolgreich therapierte einstige Weltklasse-Abwehrspieler. Dann schmunzelt er: „Aber als wir beide noch getrunken haben, waren wir wie zwei Tornados – in verschiedenen Teilen von London.“

Während „Rodders“ Adams im East End und in seinem Heimatort Romford die Korken knallen lässt, ist „Merse“ in der britischen Hauptstadt fast überall zu Hause, wo man einen sicherstellen kann. Mit einem gravierenden Unterschied: Während der Alkoholiker Adams Hilfe findet und gesundet, verspielt der zu allem Elend auch Kokain- und spielsüchtige Trinker Paul Merson Haus und Hof.

1989, bei der von Nick Hornby im Bestseller Fever Pitch liebevoll literarisierten Meisterschaft des FC Arsenal, liefert sich Merson im noblen Grosvenor Hotel in London eine Schlägerei mit seinen Teamkollegen, erhält die erste von mehreren Suspendierungen durch den Verein.„Der Erfolg und die Bonuszahlungen machten für mich keinen Unterschied“, schreibt Merson 1995 in seiner vom Independent on Sunday als „ausgesprochen fesselnd“ bezeichneten Lebensbeichte Rock Bottom, „je mehr ich hatte, desto mehr gab ich aus.

Wenn der Suff ein Problem war, war dies nichts gegen meine Spielsucht.“ Schon 1990 verwettet Merson das Haus, das er mit seiner ersten Ehefrau Lorraine bewohnt, umgerechnet fast 150.000 Euro sind versenkt! Mit 22 Jahren gibt er Lorraine das Ja-Wort. Allerdings nicht, ohne sich vor der Hochzeit in einem Londoner Pub acht doppelte Wodka-Orange ein zu kippen. Der 11. Juni 1990 ist auch sonst ein gebrauchter Tag für Merson. Bevor es zur Kirche geht, platziert er noch schnell eine Wette auf einen Sieg Schottlands im WM-Gruppenspiel gegen den krassen Außenseiter Costa Rica – und verliert 900 Euro. Es gibt noch mehr Zahlen des Grauens: Bis zu 700 Euro versäuft Merson täglich ab 17 Uhr nach den Trainingseinheiten mit Arsenal. Sein wöchentliches Budget für Kokain liegt bei 2.500 Euro. Die Alkoholprobleme des Paul Merson, der mit 18 bei den „Gunners“ debütiert und von den englischen Sportmedien als „Wunderkind“ gefeiert wird, sind auf der Insel bald ein offenes Geheimnis. „Doing a Merson“ – die Hand wie mit einem Bierglas zum Mund bewegen – ist 1993 beim Ligacupfinale in Wembley eine eindeutige Botschaft der Fans an den stetig absaufenden Star-Kicker.

Dabei bleibt es nicht. Im Januar 1994 schnupft Merson auf einer Kneipentoilette in Herfordshire zum ersten Mal Kokain. Die flüssige Unterlage dazu: Neun Bier. Seine Wettsucht hat er schon seit 1993 nicht mehr unter Kontrolle. Er platziert täglich (!) Wetten zwischen 7.500 und 12.500 Euro . In seinen Glanzzeiten beim FC Arsenal – später spielt Merson u. a. für Aston Villa, den FC Middlesbrough und den FC Portsmouth – verdient er etwa 55.000 Euro wöchentlich. Dem stehen unglaubliche Verluste von 45.000 Euro an einem einzigen Tag nach erfolglosem Setzen auf American-Football-Teams gegenüber!

Der Wahnsinn geht weiter: Im November 1994 legt Merson in der Sun eine Drogen-Beichte ab: „Ich bin kokainsüchtig!“ England unter Schock. Der englische Fußball-Verband (FA) organisiert eine dreimonatige Reha, doch wirklich erfolgreich ist weder diese noch eine spätere Entziehungskur 2004 in Arizona. Obwohl Merson behauptet, „niemals bankrott gewesen“ zu sein, beläuft sich die Summe, die er für Alkohol, Drogen, Wetten und die Unterhaltszahlungen an seine beiden Ex-Frauen aufbringen muss, heute auf fast neun Millionen Euro. 2008 ist alles weg. Merson, mittlerweile TV-Experte bei Sky Sports, muss sein zweites Haus aufgeben, weil er die Raten nicht mehr bedienen kann. Auch seinen Range Rover hat er auf Pump gekauft. Er zieht zurück in die Wohnung seiner Eltern.Im Dezember 2010 ist Schluss mit lustig. Fußball-Deutschland sieht einen neuen Ailton. Es ist nicht mehr der radebrechende „Kugelblitz“, wie der wendige, aber nie austrainiert wirkende brasilianische Stürmer genannt wird. Es ist nicht mehr der zu Scherzen aufgelegte „Freibad-Toni“. Ailton wirkt nachdenklich, beinahe zurückhaltend.

Sportlich läuft es nicht wirklich. Ailton kickt inzwischen – nach 10 Klubs in sechs Jahren – beim Tabellensechzehnten der Regionalliga Nord, dem Bremer Stadtteilverein FC Oberneuland. 2012 verzückt er die Fans von Hassia Bingen sogar zwei Klassen tiefer, in der sechstklassigen Verbandsliga Südwest.

Nur, damit wir uns richtig verstehen. Ailton, das ist der „Fußballer des Jahres“ von 2004, der mit Werder Bremen das Double mit Meisterschaft und DFB-Pokal abgeräumt und sich selbst dabei mit 28 Treffern – bester Wert in der Bundesliga seit Klaus Allofs 1985 – die Torjägerkanone sichert.

Um dieses Ding geht es, als 2007 die ersten Meldungen um finanzielle Nöte von Ailton Gonzalves da Silva aufpoppen. Werner Helleckes, ehemaliger Berater von Ailton, bietet die Torjägerkanone bei einem Online-Auktionsportal an. Das Gebot für das gute Stück liegt bereits bei 600.000 Euro, als Ailton die Auktion mit einstweiliger Verfügung stoppen lässt.Dennoch muss er Ende 2010 gestehen: „Ich habe in meinem Leben mehr als eine Million Euro verprasst.“

Mit teuren Markenklamotten, horrenden Handy-Rechnungen, nicht beglichenen Ausständen bei Autohändlern und Darlehen an Freunde und Bekannte aus Brasilien und Mexiko, die natürlich nie zurückgezahlt wurden, ist Ailton ins finanzielle Abseits geraten. Dabei gilt der bullige Angreifer, der sich nach anfänglichen Problemen in Bremen mit Konditionspapst Felix Magath von Jahr zu Jahr steigert und schließlich im Double-Jahr 2004 zum überragenden Mann bei Werder wird, als Top-Verdiener der Branche. Allein bei Besiktas Istanbul, wo er 2005 nach einem missglückten Gastspiel auf Schalke aufschlägt und nur 14 Spiele macht, kassiert er bei der Verpflichtung eine Million Euro Handgeld.

Auf Schalke hat er zuvor drei Mio. Euro im Jahr verdient – netto. Selbst dem in die 6. Liga abgestürzten Ex-Bundesligisten KFC Uerdingen sind seine Dienste 2009 noch 330.000 Euro im Jahr wert.

„Ich habe vielen Leuten vertraut, die mir dann in den Rücken gefallen sind. Ich weiß nicht einmal, wie viele dieser Bekannten nun Immobilien besitzen, die ich gezahlt hab“, verliert er irgendwann den Überblick. Um die marode Kasse aufzubessern, macht sich Ailton im Januar 2012 in der RTL-Dschungelshow Ich bin ein Star, holt mich hier raus zur Lachnummer. Aber ein Star ist Toni da schon lange nicht mehr…Paul Gascoigne hat noch einmal Glück gehabt. Im Juli 2016 kann der inzwischen 49 Jahre alte ehemalige Superstar des englischen Fußballs eine Steuerschuld in Höhe von 55.000 Euro bezahlen und den Bankrott gerade noch abwenden. Offen ist die Steuerrechnung der königlichen Steuerbehörde übrigens seit 2011…

Gut steht es um Paul Gascoigne im Sommer 2016 dennoch nicht. Wenn er mit seinen Kumpels auf dem Weg zum Schnapskauf im Supermarkt abgelichtet wird, wirkt der WM-Star von 1990 – mit den „Three Lions“ auf Rang vier – zerlumpt, völlig am Ende. Gascoigne sammelt Bierdosen, bessert die Tageskasse mit Pfandgeld auf. Bei einem Spaziergang durch Bournemouth erwischen die Fotografen, wie der hagere Ex-Fußballprofi von Freunden gestützt werden muss. Ein Bild des Jammers. Die Kosten für seine diversen Entziehungskuren zahlt seit 1998 zu einem Gutteil der englische Fußballverband (FA). Immerhin hat Gascoigne in seinen 57 Auftritten im Nationaltrikot alles gegeben – seine bitteren Tränen nach der WM-Halbfinal-Niederlage 1990 im Elfmeter-Krimi gegen Deutschland rühren die Fußballwelt.

„Gazza“ liebt England und England liebt „Gazza“. Seine Späße, ein Klassiker wäre „Geländewagen in schottischen Hochlandseen versenken“, mit denen er 2004 sein Buch Mein verrücktes Lebenfast allein füllt, gelten auf der Insel als legendär. Oder wie wäre es mit der Ostasien-Reise des englischen Nationalteams im Sommer 1996? Am Abend vor dem Rückflug aus Hongkong haben Paul Gascoigne und Teddy Sheringham mal wieder gezecht wie die Amtmänner. Als die Stimmung auf dem Höhepunkt ist, lehnen sie sich im Sessel zurück, spielen „Zahnarztstuhl“ und kippen sich wechselseitig hochprozentige Getränke direkt in den Rachen. Im Flugzeug zerlegt Gascoigne dann ohne viel Federlesen die Inneneinrichtung. Nur dank des beherzten Eingreifens der Flugbegleiter können schlimmere Turbulenzen verhindert werden. „Gazza“ bleibt locker: „Das Programm im Bord-Fernsehen hat mir nicht gefallen.“

Dem ebenso hart arbeitenden wie kreativ aufspielenden Mittelfeld-Allrounder kann man im Prinzip nie wirklich böse sein – egal, was er gerade angestellt hat. „Paul ist der lockerste Typ, mit dem ich je gespielt habe“, sagt Christian Ziege, der mit Gascoigne 1998/99 beim FC Middlesbrough zusammen kickt, „er ist ein verrückter Kerl im positiven Sinne.“Aber Paul Gascoigne ist auch ein ewiger Patient. Mehr als 30 Operationen muss er in 18 Profi-Jahren bei Newcastle United, Tottenham Hotspur, den Glasgow Rangers oder dem FC Everton über sich ergehen lassen.

2003 wird bei einem Klinik-Aufenthalt in Arizona eine bipolare Störung diagnostiziert.„Es gab einen Gazza auf dem Platz, den die Fans geliebt haben, und es gab Paul Gascoigne abseits des grünen Rasens“, erzählt Gascoigne wenig später freimütig dem Rangers-Klubmagazin, „außerhalb des Stadions wollte ich immer Gazza sein, aber das ging nicht. Deswegen habe ich getrunken, damit ich glücklich bin. Damit ich Gazza bin.“

Und „Gazza“ kann immer noch die Diva raushängen lassen. Im Oktober 2002 lässt er ein als perfekt gemeldetes Engagement beim Drittligisten Exeter City platzen, wo der Magier Uri Geller das Sagen hat. Gazza danach wütend: „Dieser Löffelbieger hat keine Ahnung.“ Ein Jahr später, nach einem Kurz-Auftritt in der zweiten Mannschaft der Wolverhampton Wanderers ist klar: Profifußball ist nichts mehr für Gascoigne. Im Winter 2002/2003 will ihn wohl auch der FC St. Pauli verpflichten. Die immer noch strammen Gehaltsvorstellungen des „berühmtesten Thekenfußballers der Welt“ (The Times) schrecken die Kiez-Kicker jedoch mehr ab als der Gedanke, Gascoigne jeden Tag in einer anderen Bar auf der Reeperbahn auflesen zu müssen. Der alkoholkranke Fußballstars trinkt täglich bis zu zwei Liter Gin und 15 Dosen belgisches Bier. Sein kurzzeitiger Mitbewohner Shane Abbott (36) berichtet 2013 im Daily Mail, dass noch etwa 30 Tabletten Valium und Kokain per Spritze dazukommen…

Der verzweifelte Kampf gegen seine Dämonen frisst Gascoignes Geld. 2013 belaufen sich die Rechnungen für seine verschiedenen Krankenhaus-Behandlungen auf mehr als 130.000 Euro. Ein Klinikaufenthalt in Southampton kostet ihn 2014 fast 8.000 Euro pro Woche.


„Sein Leben ist immer in Gefahr, weil er Alkoholiker ist“, sagt sein Berater Terry Baker im Februar 2013 in einem Radio-Interview, „wahrscheinlich kann ihn niemand retten.“


„Den größten Teil meines Geldes habe ich für Schnaps, schnelle Autos und Weiber ausgeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.“


An einem lauen Sommerabend im Jahr 2003 ist George Best auf dem Weg zu seiner letzten Mission. Grau geworden, mit leerem Blick, sitzt der ehemalige Stürmerstar von Manchester United, Idol einer ganzen Generation britischer Fußballfans, auf der Rückbank eines silbergrauen Mercedes. Best ist auf der Flucht – vor sich selbst.

Wenig später gibt Bests Berater Phil Hughes mal wieder einen Alkohol-Rückfall des einstigen Weltklassefußballers vor der Presse bekannt. „Nach einigen Weinschorlen“ hat Best in einem Landhotel in der Nähe seines Wohnorts Lower Kingswood, 25 Kilometer südlich von London, randaliert – und anschließend auf einer Polizeiwache genächtigt.

George Best ist das ewige Enfant terrible und der erste Popstar des britischen Fußballs. Die Eskapaden des technisch hochbegabten Außenstürmers von Manchester United (178 Tore in 466 Spielen) sind so legendär wie seine Dribblings. Freundinnen und Nobel-Karossen wechselte Best wie die Handtücher. Seine Alkoholexzesse machen ihn zum Dauergast der Klatschspalten. Seine Sprüche („Ich habe 1969 aufgehört zu trinken und mich mit Weibern zu beschäftigen – es waren die schlimmsten 20 Minuten meines Lebens“) sind Kult. Mit 17 gibt der Sohn eines Hafenarbeiters aus Belfast sein Debüt bei Manchester United. Er wird mit den „Red Devils“ englischer Meister und Europapokalsieger der Landesmeister und „Fußballer des Jahres“ 1968. Das Londoner Wembleystadion ist im Finale gegen Benfica Lissabon (4:1 n. V.) die größte Bühne des George Best: Mit seinem unnachahmlichen Hüftschwung tanzt er Torhüter Enrique aus, schiebt den Ball ins leere Tor. „Eigentlich“, gesteht der Leichtfuß hinterher, „wollte ich den Ball noch einmal jonglieren und dann über die Linie köpfen, aber ich habe mich nicht getraut.“ Mehr muss man über das Spiel des George Best nicht wissen…

Seit den frühen Siebzigerjahren führt Best längst das Leben eines Jet-Setters und Playboys. Die Klatschpresse fotografiert ihn oft und gerne beim Befüllen der Champagner-Pyramiden oder halbnackt mit den ebenfalls nur leicht bekleideten Starlets auf dem Hotelsofa. Sein Spruch „Ich habe den größten Teil meines Geldes für schnelle Autos, schöne Frauen und Schnaps ausgegeben – den Rest habe ich einfach verprasst“ wird zum Programm.Bei diesen Orgien ist Best eigentlich nicht er selbst. „George war nicht anders, als wir alle“, sagt Pat Jennings, der wie Best am 15. April 1964 in Swansea gegen Wales (3:2) sein Länderspiel-Debüt für Nordirland gibt und vor allen 37 Länderspielen des George Best mit ihm das Hotelzimmer teilt, „nur wurde er mit den Jahren immer populärer und konnte schließlich nicht einmal mehr die einfachsten Dinge unbeobachtet tun.

In diesen Tagen sind wir oft nach dem Training losgezogen, mal in London, mal in Belfast oder anderswo, aber George war oft scheu und saß lieber in seinem Zimmer und hat fern gesehen, weil er genau wusste, dass sie ihn foltern würden, wenn er herauskam. Die Leute haben ihn regelrecht gejagt, um an Autogramme und Fotos zu kommen.“

Bests Abstieg beginnt 1971. Manchester United suspendiert ihn erst, weil er nach durchzechter Nacht den Zug zu einem Auswärtsspiel in London verpasst. Ein Jahr später wird George erneut suspendiert – diesmal hat er das Training verschlafen. Die „Red Devils“ zwingen ihn, sein Haus in Cheshire zu verlassen und stattdessen in eine Mietwohnung in der Nähe des Old Trafford-Stadions zu ziehen. Im Sommer 1974 hat man in Manchester genug von seiner lange geduldeten Trunksucht und den ewigen Extravaganzen. United-Trainer Tommy Docherty wirft ihn raus. Nach seinem Abschied von Manchester United wechselt Best auch die Klubs im Jahres-Rhythmus und spielt bis 1984 bei elf Teams, darunter u. a. Stockport County, FC Fulham, Fort Lauderdale Strikers – zusammen mit Gerd Müller – und Hibernian Edinburgh.

Der freie Fall des „fünften Beatle“, wie George Best wegen seiner Riesen-Popularität genannt wird, geht ohne Netz und ohne doppelten Boden weiter. Seine Ehe scheitert. Es folgt eine Reihe von geschäftlichen Fehlschlägen – sein Reisebüro und zwei Lokale in Manchester gehen Pleite. 1998 muss er sein mit Hypotheken überladenes Haus im noblen Londoner Stadtteil Chelsea verkaufen. Weihnachten 1984 verbringt George Best im Knast. Nach einer Trunkenheitsfahrt und einem Angriff auf einen Polizeibeamten landet der gefallene Superstar, der sich inzwischen mit der Leitung eines Fußball-Camps verdingt, für drei Monate im Gefängnis von Pentonville in Greater London. „Ich bin bei meiner Geburt mit einer großartigen Gabe beschenkt worden“, beschreibt er später sein Dilemma, ,,aber mit so einem Talent kommen auch selbstzerstörerische Triebe. So wie ich auf dem Platz alle ausstechen wollte, wollte ich das auch machen, wenn ich abends weg ging.“ 1990 kaspert Best betrunken in einer Fernsehshow herum, doch ganz unten angekommen ist er noch nicht. „Ich trinke nur noch Mineralwasser“, sagt er bei der Veröffentlichung seiner Autobiografie Blessed im Sommer 2001. Von wegen. Um überhaupt überleben zu können, braucht der Alkoholiker im Dezember 2002 eine Leber-Transplantation. Diese Operation und mehrere Entziehungskuren können George Best nicht mehr helfen.Im Sommer 2003 verschleudert George Best die Trophäen und Auszeichnungen seiner großen Fußballerkarriere im Internet. „Mir liegt nichts mehr daran“, kommentiert er knapp, „ich möchte mir nur ein Ferienhäuschen in Korfu damit finanzieren.“

Daraus wird nichts. Der Vorfall im Sommer 2003 ist der vorletzte Akt auf George Bests Mission „Selbstzerstörung“. Bei mehreren Flaschen Weißwein pro Tag. Am 25. November 2005 ist die letzte Mission des George Best beendet. Nach fast vier Wochen Todeskampf stirbt er in einem Krankenhaus in London nach kollektivem Organversagen.

„Er war ohne Zweifel der größte Spieler aller Zeiten“, sagt Manchester Uniteds Coach Sir Alex Ferguson, „es gibt niemanden, der mit ihm vergleichbar wäre.“ Sein ehemaliger Mitspieler und Kumpel Denis Law ist traurig:


„Er wäre noch besser gewesen, wenn er die Nachtclubs ähnlich elegant umspielt hätte, wie er den Ball weitergegeben hat.“


Schade.


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