WM 2010: Meuterei bei den Franzosen

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WM 2010: Meuterei bei den Franzosen

Bei der WM 2010 streikte das französische Team und meuterte gegen trainer Domenech. Rädelsführer waren Nicolas Anelka und Franck Ribery.

Die „Meuterei in Blau“, wie DER SPIEGEL den Spieler-Aufstand bei der „Equipe Tricolore“ bei der WM 2010 in Südafrika nennt, ist ein beispielloser Vorgang in der Turniergeschichte. Eine Staatsaffäre, eine Blamage für die „Grande Nation“.

Raymond Domenech muss annehmen, dass einige seiner Spieler sie nicht mehr alle haben. Sein Kapitän Patrice Evra geht am Nachmittag des 20. Juni 2010 auf seinen Konditionstrainer Robert Duverne los. Er vermutet in ihm den „Verräter“, der Kabinen-Interna aus den hektischen Tagen zuvor an die französische Presse weitergegeben hat. Der attackierte Assistenzcoach beschimpft Evra wüst und muss von den übrigen Betreuern zurückgehalten werden. Der Rest der Mannschaft sieht dem Scharmützel erst ratlos zu – und verlässt dann geschlossen und ohne ein Wort den Trainingsplatz in Knysna. Domenech ist blamiert.

Die Autorität des Nationaltrainers, der den Weltmeister von 1998 bei der Endrunde 2006 in Deutschland noch einmal ins Finale geführt hat, ist ruiniert. Stark beschädigt war sie ohnehin schon. Es ist längst bekannt, dass Domenech nach der WM von Weltmeister Laurent „Le President“ Blanc ersetzt wird. Wer hört so einem noch zu? Die verwöhnten französischen Fußball-Söldner um Nicolas Anelka – der Stürmer spielt allein zwischen 1997 und 2007 für sieben Vereine – ganz sicher nicht.

Das erste Wortgefecht zwischen Anelka und Domenech gibt es am 17. Juni 2010, beim schwachen 0:2 im zweiten Vorrundenmatch gegen Mexiko. Domenech kritisiert den, gelinde gesagt, als schwierig geltenden Stürmer für eine unterirdische Chancenverwertung. Anelka revanchiert sich mit einer Wortwahl unterhalb der Gürtellinie. Frankreichs Fußball-Bibel L‘ Equipe bringt den Vorfall am 19. Juni ans Licht. Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes entscheidet, Anelka nach Hause zu schicken.

Wenig später folgt das ominöse Training, in dem die Mannschaft aus angeblicher Solidarität mit Anelka demonstrativ den Platz verlässt. Domenech steht alleine da. Die Presserklärung zum Spieler-Streik verliest Jeremy Toulalan. Verbands-Pressesprecher Francois Manardo weigert sich, da sich das Dokument gegen seinen Arbeitgeber richtet – und bleibt loyal.

Zwei Tage später verliert Frankreich 1:2 gegen den bereits ausgeschiedenen Gastgeber Südafrika, fährt als Tabellenletzter in Gruppe A nach Hause – und der Skandal ist perfekt. „Französische Nationalmannschaft: Tot auf dem Feld der Ehrlosigkeit“, schreibt France Football den dazugehörigen Nachruf. „Die Spieler waren in der Abgeschiedenheit des Mannschaftsquartiers nicht in der Lage, Persönlichkeit zu entwickeln“, fällt auch der zukünftige Nationalcoach Blanc ein vernichtendes Urteil.

Zurück in Paris, wird das Ding zur Staatsaffäre. Präsident Nicolas Sarkozy bittet gemeinsam mit Regierungschef Francois Fillon und Sportministerin Roselyne Bachelot zum Krisen-Gipfel. Auch den während der WM-Affäre in Ungnade gefallenen Welt- und Europameister Thierry Henry bittet Sarkozy zum Rapport im Elysée-Palast.

Henry steht bereits lange vor Turnierbeginn am Pranger. Sein absichtliches Handspiel im entscheidenden Playoff-Rückspiel gegen Irland macht Frankreichs Weg zur WM erst frei.


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