Bundesliga: In Unterzahl – BVB haut Hertha durch die Wand
Die beste Satire taugt nichts, wenn sie von der Realität überholt wird. Das muss auch Hertha BSC im Spiel gegen Borussia Dortmund spüren…
Wir, die Wand! Zugegeben, man hat vor dem Spiel Hertha BSC gegen Borussia Dortmund (1:2) sicher unterhaltsamere Beiträge gelesen, als die völlig missglückte Satire in BILD vom Freitag.
Das Boulevardblatt, dem BVB ohnehin in kalter Verachtung verbunden, nimmt das Trainer-Comeback von Jürgen Klinsmann (55) bei Hertha BSC zum Anlass, um seine legendäre Motivationsreden bei der WM 2006, u. a. gegen Polen (1:0) und gegen Argentinien (5:3 n. E.), zu persiflieren. Das gelingt ungefähr so gut wie Herthas Versuch am Samstag, den BVB zu schlagen. ,,Wir knallen die Biene Majas durch die Wand hindurch”, betitelt BILD die mit viel Liebe zum Detail umgetextete ,,Klinsmann-Rede”. Auszüge gefällig? Bitte, aber nur, weil es sein muss! ,,Wenn die den Herthinho in unseren Augen sehen, verlieren sie ihre Spielweise. Und dann schlagen wir zu – aber brutal!”
Bei allem Respekt vor den Machern solcher Geschichten: Wenn sich ein BVB-Profi wirklich vor dem gutmütigen Hertha-Bär ,,Herthinho” erschrocken hat, ist er in der Kinderbetreuung von Borussia Dortmund besser aufgehoben als in der Bundesliga…
Der große ostdeutsche Philosoph Hans ,,Jack” Gruber würde an dieser Stelle sagen: ,,Ich hab schon besser gelacht.” Aber es hilft ja nichts! Offenbar haben die Hertha-Spieler den ,,Herthinho” in sich zu selten geweckt, um die angeknacksten Dortmunder wirklich bis ins Mark zu erschrecken. Dortmund spielt zwar nicht gut, aber abgeklärt genug, um Hertha die 5. Niederlage in Folge beizubringen. Das macht in der Summe 11 Punkte und Platz 16. Der BVB schaukelt das Ding mit 2:1 und trotz 45-minütiger Unterzahl – Mats Hummels sieht kurz vor der Pause Gelb-Rot – über die Zeit. Das bringt zumindest vorübergehend Rang 5 und wohl auch eine Atempause für Monsieur Lucien Favre (62). Den Schweizer hat man in seiner Amtszeit bei Borussia selten so gelöst gesehen, wie nach dem Spiel in Berlin.Die in Berlin ansässige Zeitung DIE WELT sieht am Samstag ein ,,frostiges Comeback” des Schwaben Jürgen Klinsmann als Trainer in der Fußball-Bundesliga.
2008/2009 hat der frühere Bundestrainer beim FC Bayern München ein mehr als unglückliches Gastspiel geliefert. ,,Klinsmann beginnt sein Comeback mit einer Niederlage. Schnell liegen er und Hertha BSC gegen den BVB hinten und können dies trotz Überzahl nicht aufholen. Von den Fans wird „The Spätzle One“ nicht gefeiert”, so das Blatt. Die Hertha-Anhänger zeigen vor dem Anpfiff Spruchbänder pro Ante Covic (44), dem Anfang der Woche entlassenen Klinsmann-Vorgänger.
Nach etwas mehr als einer Viertelstunde liegt Hertha BSC im Olympiastadion nach Toren von Jadon Sancho und Thorgan Hazard mit 0:2 hinten. Ein abgefälschter Ball von Dodi Lukebakio bringt die Berliner ins Spiel zurück (34.).
Pech haben sie in der 48. Minute, als ein Treffer von Davie Selke zum vermeintlichen 2:2 nach haarscharfer Abseitsposition des Ex-Leipzigers zurückgenommen wird.Von der ungestümen Wucht, mit der die deutsche Nationalelf einst bei der Heim-WM 2006 unter Klinsmann übers Land kam, ist am Samstag erst mal wenig zu spüren.
Als Aufsichtsrat ins Team von Hertha-Investor Lars Windhorst, der für 224 Millionen Euro 49,9 Prozent der Anteile der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA erworben hat, nach Berlin gekommen (Ligalive.net berichtete), muss Klinsmann zusehen, wie sein Team am Anfang regelrecht filetiert wird.
Einen feinen Pass von Julian Brandt veredelt Jadon Sancho gekonnt zur Führung des BVB (15.). Nur 2 Minuten später stellt Thorgan Hazard nach Vorarbeit von Achraf Hakimi auf 2:0. Während der neue Trainer in die Hände klatscht, um die Seinen aufzumuntern, schallte den Hausherren aus der Ostkurve des Olympiastadions die klare Botschaft entgegen: „Wir wollen euch kämpfen sehen“. Bitterer kannst du es kaum kriegen, wenn du einen Gegner durch die Wand hauen willst…
Die Dortmunder tun in der Folgezeit alles, um das Klinsmann-Debüt doch noch zum Wintermärchen zu machen. Gelb-Rot für Hummels, zu viel Passivität im 2. Durchgang, unsauber ausgespielte Konter, die die Entscheidung bringen konnten, Dortmund holt Hertha am Ohr in dieses Spiel zurück, lässt aber in der Schlussphase nicht mehr viel zu. ,,Es war ein erster Schritt in die richtige Richtung”, sagt BVB-Kapitän Marco Reus (30) nach dem Spiel, ,,wir wissen aber, dass nicht alles gut ist. Wir müssen weiter hart arbeiten.”