Egidius Braun: Der Mann, der Bayern-Idol Paul Breitner für Stunden zum Bundestrainer machte

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Egidius Braun: Der Mann, der Bayern-Idol Paul Breitner für Stunden zum Bundestrainer machte

Nach der WM 1998 machte DFB-Boss Egidius Braun Paul Breitner für Stunden zum Bundestrainer. Am Samstag feiert Braun den 96. Geburtstag.

Egidius Braun ist bereits 96 Jahre alt. Nach der WM 1998 machte der rührige DFB-Präsident Bayern-Legende Paul Breitner für 17 Stunden zum Bundestrainer. Eine legendäre Farce. 

Der Rheinländer, geboren am 27. Februar 1925 in Stolberg bei Aachen, hat das Amt des DFB-Präsidenten geprägt.

Von 1992 bis 2001 führte er den Deutschen Fußball-Bund. Unter dem Motto ,,Gute Zeiten, schlechte Zeiten.” In die Ära Braun fiel der bis 2014 letzte Titelgewinn, die Europameisterschaft 1996.

Aber auch peinliche Pleiten wie das Viertelfinal-Aus 1994 und 1998 gegen die Underdogs Bulgarien (1:2) in New York und Kroatien (0:3) in Lyon.

Was nach der verkorksten WM für den Europameister Deutschland 1998 folgte, gehört bei aller Wertschätzung für Egidius Braun, dem unsere Redaktion zu seinem 96. Geburtstag alles Gute und viel Gesundheit wünscht, zu den größten Peinlichkeiten der DFB-Historie.

,,Egidius Braun hat seine Machtposition beim DFB überschätzt und bei der Bundestrainer-Suche total versagt.” So ätzte die Hamburger Morgenpost am 11. September 1998. Was war passiert?

Der DFB suchte einen Bundestrainer. Berti Vogts war nach der wenig Erfolg versprechenden Rückhol-Aktion von Stefan Effenberg zurückgetreten. Er hatte den Neu-Münchner im September 1998 noch einmal für eine Länderspiel-Reise nach Malta (genau, DIE Malta-Reise…) reaktiviert. Es endete im Rücktritt des Europameister-Coachs von 1996.

Jupp Heynckes, zuvor als Champions-League-Sieger 1998 bei Real Madrid gefeuert (!), hatte schon abgesagt. Andere Kandidaten wie ,,Kalli” Feldkamp oder Otto Rehhagel winkten entweder ab. Oder wurden gar nicht erst gefragt.

Egidius Braun rief Paul Breitner an. Er machte den Weltmeister von 1974 kurzerhand zum Teamchef. So, wie einst Rudi Völler 2000, als Christoph Daum über eine Kokain-Affäre gestürzt war.

Paul Breitner (,,Also ich… werd' hier nie mehr spielen”) war genau 17 Stunden lang Teamchef. Eine Position, in die er der als Chef-Kritiker bekannte Bayern-Star quasi per Anruf kam. Es ist bis heute eine unglaubliche Geschichte. Paul Breitner erzählt sie ab und an. Mit unnachahmliche Mimik und Ansprache (,,Sie! Ich sag's Ihnen…”).

Paul Breitner als Bundestrainer. Dass Braun dann doch den Rückzieher machte, ist für Breitner-Weggefährte Franz Beckenbauer im Nachgang nicht zu begreifen. ,,Wir haben eine große Chance verpasst. Das hätte gut ausgesehen.” So ärgerte sich der Fußball-Kaiser nach Brauns Zurückrudern.

Bayern-Vize Karl-Heinz Rummenigge, schon damals in der Abteilung ,,Das offene Wort” in München ,,Der Paul ist ein Mann mit guten Ideen und hätte da sicherlich frischen Wind reingebracht.”

Sicher. Ein Teamchef Breitner wäre ideal gewesen, um die Machtposition des FC Bayern im DFB zu stärken. Siehe Franz Beckenbauer. Erst Jürgen Klinsmann (2004) machte Schluss mit dieser Bevorzugung.

,,Das geht ja schon ins Witzige. Ich habe mich totgelacht”, mochte es Stefan Effenberg nicht glauben. Wie die Sache mit Bundestrainer Paul Breitner gelaufen war, verriet Braun dann auch noch rund um die Präsentation des unglücklichen Duos Erich Ribbeck und Uli Stielike.

Und Breitner? Er erzählte die Geschichte en Detail Journalisten im Münchner Olympiastadion. Während des Spiels FC Bayern gegen FC Hansa Rostock. ,,Am Dienstag Abend um 20.30 Uhr rief mich Herr Braun an und fragte, ob ich als Teamchef einsteigen wolle. Ich habe gesagt: Ja, ich bin bereit.”

Eine halbe Stunde später habe Braun erneut angerufen und Breitner ,,gefragt, ob es bei meiner Zusage bleibt” und ,,dass ich doch wohl nicht zurückziehe”. Breitners Antwort ,,Ich sagte: Ja, ich mache es. Braun wollte dann ein Konzept ausarbeiten. Und sich ,,Mittwoch Vormittag wieder melden.” Das tat er auch. Er habe mit Günter Netzer und Franz Beckenbauer gesprochen. Man sprach auch schon über die Vertragsdauer. Ich habe gesagt, ich wolle nichts fixiert haben, und mir ginge es nur darum, dem Fußball zu helfen. Braun sagte, er müsse sich noch mit den DFB-Kollegen beraten und würde dann zurückrufen.”

Um 13.30 Uhr rief Braun erneut bei den Breitners an. ,,Tut mir leid, ich nehme alles zurück, der DFB hat mich zurückgepfiffen. Ich kann keinen einstellen, der meinen Rücktritt fordert. Das war's.” Breitner legte wütend auf. Er zerriss den Zettel, auf dem er sich Notizen über sein Konzept gemacht hatte. Was er außer der Forderung nach dem Rücktritt der gesamten DFB-Spitze und der Installation von Franz Anton Beckenbauer als Präsident noch forderte, wird sein Geheimnis bleiben. Braun legte ihm diese Forderung, die er in der Münchner Abendzeitung machte, als Indiskretion aus.

Das aber soll das Lebenswerk von Egidius Braun nicht schmälern. 1986 gründete er mit Nationalspielern während der WM in Mexiko die ,,Egidius-Braun-Stiftung.” 2-mal, 1985 und 1991, wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.


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