Nationalmannschaft: Ilkay Gündogan und kein Lern-Effekt

Aktuell

Nationalmannschaft: Ilkay Gündogan und kein Lern-Effekt

Unfassbare Ballaktions-Quote, 2 Tore zur Rettung und ein fragwürdiges Statement im Anschluss. Für uns ist dieser Nationalspieler dennoch kein Gewinner…

Es ist schon nach 23.30 Uhr am Sonntagabend, als sich Ilkay Gündogan in der Mixed Zone der A. LeCoq Arena in Tallinn in Estland den Journalisten stellt.

Der 2-fache Torschütze der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei 3:0 (0:0)-Arbeitssieg in der EM-Qualifikation nutzt die Gelegenheit zur Klarstellung.

Gündogan will vermeiden, dass ihm nach der Erdogan-Affäre unmittelbar vor der WM 2018 ein 2. Politikum angeheftet wird. Dabei ist gerade das schon wieder passiert! Es geht um ein von ihm mit ,,Like” versehenes Instagram-Foto mit salutierenden türkischen Nationalspielern nach dem 1:0-Heimerfolg gegen Albanien. Ausgelöst wird diese fragwürdige Aktion durch ein Tor von Cenk Tosun.

Der Nationalspieler nutzt die Gelegenheit zur Medienkritik. Es ist weniger dieses doch etwas eilig wirkende Statement als seine historisch starke Leistung gegen Estland, die ihn am Ende des Tages – rein sportlich gesehen – zum einzigen Gewinner der DFB-Länderspielwoche mit den Partien gegen Argentinien (2:2) und in Tallinn gegen den Tabellenletzten in Gruppe C macht.,,Ich habe das Like zurückgenommen, als ich gesehen habe, dass es politisch gewertet wurde”, sagt Gündogan vor Journalisten in Tallinn.

In einem weiteren, über die sozialen Netzwerke verbreiteten Statement sagt der Mittelfeldspieler vom englischen Meister Manchester City: ,,Glauben Sie mir: Nach dem letzten Jahr ist das Letzte, was ich wollte, ein politisches Statement zu setzen. Ich habe den Like bewusst zurückgenommen. Wahr ist, dass ich mich für meinen ehemaligen Teamkollegen aus der DFB-U-21 gefreut habe, dass er das Siegtor gemacht hat.”

Gemeint ist der im hessischen Wetzlar geborene türkische Nationalspieler Cenk Tosun, der die Türkei gegen Albanien mit seinem Siegtor erlöst hat. Dass er und seine türkischen Mitspieler sich zum ,,Salutieren” positioniert haben, macht diese Szene zu einem Fall für die UEFA. Sie ermittelt gegen die türkischen Spieler wegen ,,einer militärischen Geste.”

Es ehrt Gündogan, der zunächst nach dem Spielende für Interviews nicht zur Verfügung stand, dann doch raus geht. Insgesamt wirkt das aber opportunistisch – und wenig geläutert. Nur zur Erinnerung: Gündogan ist ein gebranntes Kind! ,,Es ist krass, was heutzutage für Geschichten geschrieben werden”, sagt der 28-Jährige. Das mag man nun glauben oder nicht.Gündogan erklärt in Tallinn dazu: ,,Ich dachte, ich like ein Foto von einem sehr guten Freund, mit dem ich zeitweise in Manchester zusammengelebt habe und der gerade eine schwierige Zeit bei Everton hat, kaum spielt und jetzt ein Tor schießt, Selbstvertrauen kriegt, seine Mannschaft zum Sieg führt.”

Dazu muss man wissen: Cenk Tosun, wie Gündogan 28, hat in seiner ersten Saison 2018/2019 beim FC Everton bei einer Ablöse von 22,5 Mio. Euro, die die ,,Toffees” an Besiktas Istanbul gezahlt haben, die Erwartungen nicht mal ansatzweise mit 3 Toren in 25 Premier-League-Spielen erfüllt. In dieser Saison hat der Ex-Frankfurter nur ein Spiel in der englischen Fußball-Eliteliga absolviert.

,,Das Foto haben 200.000 Menschen gelikt, sagt Gündogan, “,,darunter Fußballer aus der ganzen Welt. Dass dann gerade wir 2 (Gündogan und Emre Can, d. Red.) herausgepickt werden und so eine Geschichte daraus gemacht wird, ist ein bisschen schade. Dahinter war natürlich keine politische Absicht. Emre und ich sind beide konsequent gegen jeglichen Terror und jeglichen Krieg, Egal wo er stattfindet. Deswegen war das als reine Unterstützung für unseren Freund gedacht.” Andere Kommentatoren werten das ,,Like” am Sonntagabend als ,,stille Unterstützen für den Kriegstreiber Erdogan.” Walter M. Straten bei BILD.DE: ,,Gündogan bestreitet das. Sonst könnte er nicht mehr für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielen.”

Das ist die politische Ebene. Auf dem Rasen bleibt Gündogan über jeden Zweifel erhaben. Er erzielt 2 Tore, bringt die doch recht fahrig agierende DFB-Auswahl dank seiner immensen Erfahrung auf Kurs und stellt mit 181 Ballaktionen einen Rekord seit Beginn der Datenerfassung auf. ,,Er hat das Glück erzwungen”, bilanziert Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann (55) anschließend bei RTL. Und er ist nach einer schwachen ersten Hälfte mit der frühen Roten Karte für Emre Can (13.) vorangegangen. Wenigstens legt der Dortmunder Kapitän Gündogan einen Treffer per Hacke vor.


Ligalive ist eine Website, die über deutschen, aber auch europäischen Fußball spricht. Nachrichten, Sportwetten, Weltmeisterschaft.