Vor 20 Jahren: Champions-League-Gestocher im Nebel!
Das größte Spiel der Vereinsgeschichte – und keiner sieht es! Das kann nur einem Klub in Deutschland außer dem HSV passieren – der ollen Skandalnudel Hertha. Warum man gegen das Nebelspiel keinen Protest einlegte, wird ein ewiges Berliner Fußballgeheimnis bleiben…
Am 23. November 1999 machen sich die Zuschauer im Berliner Olympiastadion frustriert und 20 Minuten vor Spielende auf den Nachhauseweg.
Auf dem Weg zur S-Bahn schimpfen die meisten wie die Bierkutscher. Sie sind gerade von der UEFA verschaukelt worden.
,,Die Zuschauer wurden betrogen”, sagt ein Fan in die Kamera des in dieser Saison zum ersten und einzigen Mal übertragenden Senders tm3, ,,Skandal!”, ruft ein anderer. ,,Ich verstehe den Schiedsrichter nicht, dass er in der 1. Halbzeit nicht mal den Roten Ball ausgepackt hat”, wundert sich ein jüngerer Hertha-Anhänger mit umgedrehtem Baseball-Cap. ,,Wir sind nicht sauer, die 2. Halbzeit war das Beste, was wir von Hertha je gesehen haben”, sagt ein Mann, der bei jedem Harald-Schmidt-Ähnlichkeitswettbewerb eine Siegchance hätte.
Oder anders: Wie man sieht, sieht man von dem Spiel nichts. Das Champions-League-Spiel Hertha BSC gegen den FC Barcelona endet 1:1 und niemand sieht's!Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik für die Fußball-Stadt Berlin, dass ausgerechnet einer der stärksten Europacup-Auftritte ihrer Hertha im Nebel versinkt.
Dichter Nebel hat sich an diesem Dienstagabend im November 1999 über die Bundeshauptstadt und über das Olympiastadion gelegt. Für den russischen Schiedsrichter Nikolai Levnikow und die Offiziellen der UEFA kein Grund, nicht anzupfeifen. The Show must go on.
Die Sicht auf den Rasen ist miserabel, es herrschen irreguläre Bedingungen, dass sich vom katalanischen Star-Ensemble Luis Figo, Frank und Ronald de Boer, Boudewijn Zenden, Pep Guardiola und Patrick Kluivert auf dem Rasen befinden, können die Zuschauer nur erahnen.
Der Hit: Der Referee lässt in Halbzeit eins mit einem ganz normalen, weißen Spielball kicken. Russischer Humor, det kennt ma in Berlin, wa? Auf die Idee, einen roten Ball zu wählen, kommt er erst nach der Pause…Da ist die Sache schon gelaufen. Warum auch immer: Es steht 1:1 durch Tore von Luis Enrique (12.) und Kai Michalke.
Der gebürtige Bochumer, von 1999 bis 2001 in Berlin unter Vertrag, dürfte sich ärgern, denn Tore von ihm haben im Hertha-Dress absoluten Seltenheitswert. Michalke erzielt nur 3 Liga-Tore für Hertha BSC und von seinem Champions-League-Treffer gegen Barcelona hätte er wahrscheinlich seinen Enkeln erzählen können, wenn man denn was gesehen hätte. Auch die starken Paraden von Hertha-Keeper Gabor Kiraly kennen die meisten Zuschauer im Stadion nur aus Erzählungen.
So einigt man sich in der Waschküche Olympiastadion am Ende auf ein Unentschieden und die Sichtweisen zum Spiel sind anschließend auf deutscher wie auf spanischer Seite gleich: Wie man sehen konnte, sah man vom Spiel nichts!
Und das ist schade, denn die Hertha hat bei ihrer ersten und bis heute einzigen Champions-League-Teilnahme so großartigen Fußball gespielt: Mit 2:1 hat man den FC Chelsea in der 1. Gruppenphase nieder gerungen, der AC Milan mit Oliver Bierhoff verliert mit 0:1 in Berlin. In der erst 2004 wieder abgeschafften 2. Gruppenphase, auch so eine nette Innovation der UEFA, bleibt Hertha dann allerdings gegen ,,Barca”, Sparta Prag (1:1) und den FC Porto (0:1) ohne Heimsieg.