Vor 25 Jahren: Erste Champions-League-Saison für Bayern, erste Pleite!
Es ist die 3. Saison der 1992 neu geschaffenen UEFA Champions League. Aber für den deutschen Rekordmeister FC Bayern München gibt es die Premiere erst 1994/95. Sie wird turbulent – und stellenweise peinlich.
Als der europäische Fußball-Verband 1991 mit dem ,,Testlauf” der Champions League beginnt und diese 1992/93 an den Start geht, grüßen andere Klubs als die Münchner als Meister. Der 1. FC Kaiserslautern und der VfB Stuttgart scheitern 1991 bzw. 1992 episch in den Qualifikationsspielen am FC Barcelona und an Leeds United. Werder Bremen ist der erste Deutsche Meister, der 1993 die Bühne in diesem neuen Wettbewerb betritt – und mit dem 5:3 gegen den RSC Anderlecht nach 0:3-Rückstand gleich mal ein ,,Weser-Wunder” hinterlegt.
Der Begriff ,,Wunder” wird bei der Bayern-Premiere 1994/95 praktisch überstrapaziert. Die Münchner quälen sich unter Trainerfuchs Giovanni Trapattoni (80, ,,Ich habe fertig”) durch ihre erste Gruppenphase.
Alles beginnt am 14. September 1994 in Paris. Im Prinzenparkstadion empfängt das damals wie heute gepimpte Star-Ensemble von PSG den Deutschen Meister aus München – und behält dank der Tore des überragenden Liberianers George Weah und von Daniel Bravo mit 2:0 die Oberhand. Die Bayern geben sich nach der ersten Pleite im neuen Wettbewerb, den sie erst 2001 gewinnen werden, unbedarft. ,,Mich hat der Weah nicht beeindruckt”, sagt Thomas Helmer beim ausführenden Champions-League-Sender RTL, ,,in der Bundesliga gibts bessere Stürmer.”Sicher gibt es die. Aber die spielen nicht beim FC Bayern München, der in seiner ersten Saison in der Champions League gerade mal 3 Stürmer-Tore zustande bringt.
2 davon erzielt einer der größten Transfer-Flops der ruhmreichen Bayern-Historie: Jean-Pierre Papin, den Franz (,,Franz”) Beckenbauer als ,,praktisch a Profi” charakterisiert. Der ,,Kaiser” und seine verbalen Donnerwetter gegen die Bayern-Kicker sind schon vom ersten Champions-League-Abend mit Münchner Beteiligung an steter Begleiter des Teams. Lange vor der legendären Wut-Rede in Lyon 2001 kanzelt Beckenbauer das Spiel seiner Getreuen in Paris ab: ,,Bei den Bayern war nichts Zwingendes zu sehen.”
Das erste Heimspiel gegen Dynamo Kiew (1:0) entscheidet der gemeinsam mit Christian Nerlinger beste Bayern-Torschütze (3 Treffer) in dieser CL-Saison: Mehmet Scholl. Mit einem Heber überlistet er Kiew-Keeper Oleksandr Schowkowski, auch 1999 CL-Gegner der Münchner. Das Scholl-Statement ist passend: ,,Es ist mir relativ wurscht, ob es das erste Tor in der Champions League war, Hauptsache gewonnen.” Bei Thomas Gottschalk in der gleichnamigen Late Night erklärt Fußball-Idol Bernd Schuster auf Nachfrage später das Prinzip der neuen Champions League: ,,Die Champions League ist die Liga der Champions.”
Und wohl auch die der Masochisten. Das vermutet jedenfalls die Süddeutsche Zeitung nach dem kargen 2:2 gegen Spartak Moskau am 4. Spieltag: ,,Der FC Bayern pflegt weiter seinen Hang zum Masochismus.” Auch Keeper Oliver Kahn ist das zu viel: ,,Es ist brutal, was wir zusammenspielen!” Nach einem 0:1 gegen Paris muss am 6. Spieltag das erste ,,Wunder” her. Die Partie in Kiew (4:1) wird als solches in die Bayern-Geschichte Eingang finden. Der FC Bayern in der Knockout-Phase, groß ward der Jubel in ihren Reihen…Neues Jahr, neue Quälerei. Am 2. März 1995 langweilen die Bayern und der IFK Göteborg beim die 46.000 Zuschauer 0:0 im Olympiastadion.
Das Rückspiel bringt endlich Bewegung in diese schleppende CL-Spielzeit der Münchner! Die Bayern können in Göteborg aufgrund des Andrangs von 1.000 mitgereisten Fans ihren Mittagsschlaf nicht abhalten. Sie geraten bei winterlichen Temperaturen dann – ohne Oliver Kahn und Lothar Matthäus – nach 20 Minuten in Unterzahl. Sven Scheuer sieht nach ,,Notbremse” gegen Mikael Martinsson die Rote Karte. Mit 10 Mann schießen Alexander Zickler (,,Zick-Zack-Zickler”) und Nerlinger die Bayern nach dem Wechsel auf die Siegerstraße – bei bitterer Kälte. ,,In Göteborg schneit es nicht gerade, es schneit schräg, das ist auch eine Besonderheit dieser Stadt”, weiß Eurosport-Reporter Wolfgang Ley zu berichten… Woher er diese bahnbrechenden meteorologischen Kenntnisse hat? Wir wissen es nicht! Das 2:2, der Boulevard macht es flugs zum ,,Wunder von Göteborg”, reicht jedenfalls am Ende, um ins Halbfinale einzuziehen. Giovanni Trapattoni, der vor dem Spiel seinen Kamelhaar-Mantel auf das Weiterkommen verwetten will, darf das edle Teil behalten…
Was folgt? Wieder mal zur Abwechslung ein 0:0! Im Halbfinale gegen Ajax Amsterdam, das mit seinem Talentschuppen um Edgar Davids, Clarence Clyde Seedorf, oder Patrick Kluivert am Ende den Champions-League-Sieg feiern darf, rumpelt das Trapattoni-Team mal wieder los. ,,Der Einsatz stimmt bei den Bayern”, so RTL-Reporter Marcel Reif, ,,und er muss es ja auch – bei mangelnder Klasse.”
Das Rückspiel im alten Ajax-Stadion ,,De Meer” entscheiden die Niederländer mit 5:2 für sich. Bayern ist raus und spielt in der folgenden Saison 1995/96 nur im UEFA-Cup. Die Vizemeister gucken in der ,,Königsklasse” zu diesem frühen Zeitpunkt noch in die Röhre….