Was stimmt mit dem deutschen Fußball nicht?
Die deutsche Nationalmannschaft vor dem Spiel gegen Polen in Warschau, 16. Juni 2023, © Photo by Andrew Surma/ SIPA USA / Icon Sport

Aktuell

Was stimmt mit dem deutschen Fußball nicht?

Ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Land steht die deutsche Nationalmannschaft schlechter da, als von vielen erwartet. Die Spiele im Jahr 2023 lassen Schlimmes für das Turnier vermuten und lassen Raum für Rückschlüsse über den Zustand der Mannschaft zu.

Ergebniskrise seit 2016

Die Ergebnisse der deutschen Nationalmannschaft bei den letzten großen Turnieren lesen sich: zweimal Vorrunden-Aus bei den Weltmeisterschaften 2018 und 2022. Dazwischen das Ende der Ära Löw: Aus im Achtelfinale bei der EM 2020 (gespielt 2021). Seit Katar 2022 muss man sich fragen, ob Hansi Flick noch der richtige Trainer für die deutsche Nationalelf ist. Die U-21 Nationalmannschaft ist bei der EM im eigenen Land nach der Vorrunde ausgeschieden. Es gab schon einmal bessere Zeiten für den DFB und den deutschen Fußball. Der einzige Hoffnungsschimmer ist die deutsche Nationalelf der Frauen, die bei der WM in Australien und Neuseeland im Juli zum Kreis der Favoritinnen gehören.

Der einzige Lichtblick im deutschen Fußball: die Nationalelf der Frauen © Norina Toenges/Sports Press Photo (Photo by /Sipa USA / Icon Sport)

Was genau ist das Problem des deutschen Fußballs?

Es gibt mehrere Ansatzpunkte. Der eine ist die Entwicklung von Talenten, die ihre Individualität auf dem Platz und im Training ausleben können. Zu sehr wird die Mannschaft, wird das Kollektiv in den Vordergrund gestellt. Im Spiel, besonders bei Turnieren sind es oft die Einzelkönner, die mit einer einzigen Aktion ein Spiel entscheiden können. Mehr Individualität und weniger Kollektivität wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Allerdings sind Talente nur eine Seite der Medaille. In der Ausbildung der Trainer liegt vieles im Argen. Das wird deutlich, dass beispielsweise die Trainer aller olympischen Sportarten die Ausbildung an der Trainerakademie in Köln durchlaufen müssen – bis auf die Fußballtrainer. Hier regiert der DFB mit harter Hand und scheut den Blick nach außen. Dabei zeigt doch gerade ein Blick zurück ins Jahr 2004, dass externe Impulse helfen. Jürgen Klinsmann brachte sehr viele neue Ideen mit, als er Nationaltrainer wurde. Es war der Beginn einer Entwicklung, die 2014 gekrönt wurde.

Zu guter Letzt ist auch der gesellschaftliche Trend zu einer Pädagogik ohne Leistungsdruck ein Grund, warum es im deutschen Fußball nicht rundläuft. In den Jugendmannschaften zählen keine Tore, keine Ergebnisse mehr. So entwickelt sich keine Widerstandsfähigkeit und somit auch keine internationalen Topspieler für die deutsche Nationalmannschaft.


Christoph Wagner